Robert A. Heinlein: Mondspuren (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 26. Juli 2014 09:52
Robert A. Heinlein
Mondspuren
(The Moon is a Harsh Mistress, 1966)
Aus dem Amerikanischen von Wulf H. Bergner und Jürgen Langowski
Heyne, 2014, Taschenbuch, 446 Seiten, 9,99 EUR, ISBN 978-3-453-31578-5 (auch als eBook erhältlich)
Von Gunther Barnewald
Der im Original betitelte Roman „The Moon is a Harsh Mistress“ ist sicherlich einer der bekanntesten von Robert A. Heinlein, der als einer der renommiertesten SF-Schriftsteller des 20. Jahrhunderts gilt. Leider ist dieses Werk nicht wirklich eines seiner besten. Neben den als Future History bekannten Texten, die Heinleins Hauptwerk darstellen, dürfte vor allem „The Door into Summer“ und eventuell auch das wunderbare Jugendbuch „The Red Planet“ hier zu nennen sein, während das vorliegende Buch, neben dem Bestseller „Stranger in a Strange Land“ und dem verfilmten „Starship Troopers“, wahrscheinlich das bekannteste Buch Heinleins sein dürfte.
Das vorliegende Werk erscheint erstmals ungekürzt in deutscher Sprache mit der vorliegenden Heyne-Ausgabe von 2014. Zwar liegt auch dieser Ausgabe die Übersetzung von Wulf H. Bergner zugrunde, welche dieser bereits für die Heyne-Taschenbuchausgabe 06/3132-33 aus dem Jahre 1968 (1966 erschien das Original) verfertigte, die unter dem Titel „Revolte auf Luna“ erschien. Nach Neuauflagen bei Heyne erschien das Buch erneut 1994 bei Bastei unter dem Titel „Der Mond ist eine herbe Geliebte“ (endlich einmal ein prägnanter und die ursprünglich Bedeutung treffender Titel), diesmal in einer von Marcel Bieger ergänzten Übersetzung (die aber auch noch knapp 100 Seiten dünner ist als die vorliegende, was aber teilweise auch in der großen Schrift der aktuellen Ausgabe begründet ist; immerhin wurden die Kapitel 21, 22 und 24 neu eingebaut, das letzte Kapitel geteilt und auch in anderen Kapiteln einige Ergänzungen angefügt, so das die jetzige Ausgabe statt 26 immerhin 30 Kapitel umfasst).
Erzählt wird die Geschichte der ehemaligen Strafkolonie Luna, die ähnlich wie dereinst Australien als Kolonie der Verfemten begann, sich aber irgendwann entschließt, ihre Unabhängigkeit von der einstigen Kolonialmacht, in dem Fall der Erde, zu erkämpfen. 2075 und 2076 spielt die vorliegende Geschichte und wird vom jungen Protagonisten mit dem Namen Manuel Garcia O’Kelly erzählt, der mitten drin ist, als einige kluge Köpfe beschließen, sich nicht länger als Kornkammer der total übervölkerten Erde missbrauchen zu lassen. Der gigantische Mondcomputer, der nach Sherlock Holmes Bruder Mycroft heißt und meistens Mike genannt wird, koordiniert das Bestreben der Kolonisten, denn der Riesenrechner hat ein eigenes Bewusstsein entwickelt und stellt sich ganz klar auf die Seite der Rebellen und seines Freundes Manuel, zumal er eine heftige Hungersnot auf die Mondbewohner, genannt Loonies, zukommen sieht.
Zwar versucht man von der Erde aus, die Abspaltung der Kolonie zu verhindern, doch mit viel Chuzpe und Verve wehren sich die Loonies gegen erneute Besatzungsversuche und kämpfen um ihre Freiheit, wollen mehrheitlich lieber sterben, als sich weiter ausbeuten zu lassen...
Das Ganze wird von Heinlein zwar recht spannend und furios erzählt, wie so oft beim US-Amerikaner kommen dessen verquere politische Ansichten aber auch hier zum Tragen. So scheuen die Kolonisten Steuern und deren Einführung wie der Teufel das Weihwasser, aber irgendwie wird die Chose wohl schon funktionieren, so der Autor (Hauptsache nix abgeben für die Gemeinschaft!).
Dies alles ist leider dermaßen unausgegoren, dass man als intelligenter Leser nur den Kopf schütteln kann. Nebenbei wird dann die ganze Erde bedroht, indem man den Bewohnern Felsbrocken auf den Kopf wirft, um seine Ziele durchzusetzen, mit der festen Überzeugung, dass die irdische Bevölkerung später mit dieser permanenten Bedrohung gerne wird leben können.
Interessant ist hierbei, dass es weder Russland noch eine Sowjetunion in dieser Zukunft gibt. Heinlein schweigt sich hier völlig aus, ja man könnte sagen, er ignoriert den alten „Erzfeind“ nicht einmal. Vor allem die USA, aber auch Großchina, Europa, Afrika und Südamerika werden erwähnt und bekommen Treffer ab. Das riesige Gebiet zwischen Europa und „Großchina“ scheint irgendwie nicht mehr zu existieren.
Weiterhin ist typisch für den Autor, dass die Revolutionäre mehr oder minder alleine bestimmen, wo es lang geht. Andere werden als eitle Schwätzer diffamiert und schnell mal durch die Luftschleuse geschickt (ohne Raumanzug, versteht sich!).
Und nachdem einige Helden den obligatorischen Heldentod gestorben sind, ist das Ende keine wirklich große Überraschung.
Bewundernswert an Heinlein ist zweifellos der flüssige Stil und seine Art, einen nahezu perfekten Spannungsbogen zu konstruieren, was sich beim vorliegenden Werk sehr deutlich studieren lässt. Ein Eindruck, der durch die gute Übersetzung untermauert wird.
Leider unterläuft jedoch sogar dem renommierten Übersetzer Jürgen Langowski der ein oder andere Fehler (so heißt zum Beispiel der afrikanische Staat, der aus Geldgier zuerst mit den Loonies paktiert, in der Mitte der Geschichte nach der alten Übersetzung Chad, in einem der hinzugefügten späteren Kapitel dann nach der neuen Schreibweise Tschad). Ansonsten sind seine Ergänzungen aber so unauffällig geraten, dass man keine Unterschiede feststellen kann zur guten Erstübersetzung.
Insgesamt ist es erfreulich, dass man sich bei Heyne wieder den Werken des Altmeisters widmen will (ein weiteres Buch von ihm, der Jugendroman „Have Spacesuit – Will Travel“, ist angekündigt), auch wenn das vorliegende Buch nicht das Maß aller Dinge sein sollte, auch nicht und gerade bei Robert Anson Heinlein, der wahrlich brillantere Werke erschaffen hat; allerdings auch einige, die deutlich weniger lesbar sind als dieses.