Das Schwarze Auge 105: Die letzte Kaiserin – Die zwei Kaiser 1, Daniel Jödermann (Buch)

Das Schwarze Auge 105
Daniel Jödemann
Die letzte Kaiserin
Die zwei Kaiser 1
Titelillustration von Arndt Drechsler
Karte von Ralf Hlawatsch
FanPro, 2009, Taschenbuch, 350 Seiten, 9,00 EUR, ISBN 978-3-89064-244-4

Von Christel Scheja

Auch die schillernde Vergangenheit der Rollenspielwelt Aventurien bietet immer wieder Raum für spannende und unterhaltsame Geschichten, in denen dramatische Einträge, die bisher bloß eine Randnotiz in den Chroniken waren, mit Leben erfüllt werden. Allerdings wagen sich nur wenige Autoren wirklich daran, da viele Leser eine eigene Sichtweise der Ereignisse haben und das eine oder andere Ereignis noch mit Artefakten und Vermächtnissen verknüpft sein könnte, die in der Zukunft eine Rolle spielen.
Einer der wenigen, die sich dennoch einen historischen Roman zu »Das Schwarze Auge« zutrauen, ist Daniel Jödemann. Er hat sich in »Die letzte Kaiserin« der Ereignisse um Bosparans Fall angenommen. Das Buch ist der erste Band des Zweiteilers »Die zwei Kaiser« und wird mit »Der erste Kaiser« abgeschlossen werden.

Nach tausend Jahren seiner Existenz hat das Bosparanische Reich den Zenit seiner Macht erreicht. Große Teile von Aventurien stehen unter der Herrschaft der Kaiser, Wohlstand und Frieden herrscht in weiten Teilen des Landes. Doch wie so oft brodelt es unter der Oberfläche, denn längst wird das Reich von innen durch Machtgier und Korruption ausgehöhlt, und die Tulamiden, die nach der Eroberung immer noch grausam unterdrückt werden, sinnen darauf, eines Tages Rache zu nehmen und die Freiheit zu erringen. Um Widerstand jedoch im Keim zu ersticken, werden immer wieder Kinder von Fürsten als Geiseln und Sklaven in die Hauptstadt geschickt, um dort zu dienen.
Unter ihnen ist auch der junge Salim. Obwohl er anfangs nur im Kopf hat, jemanden aus der kaiserlichen Familie umzubringen, ändert er jedoch nach einem dramatischen Attentat und dem Anblick der zukünftigen Herrscherin Hela seine Meinung. Jahre später, als sie den Thron als Horas bestiegen hat, dient er ihr treu in der Prätorianergarde und erlebt so die Entwicklung der Kaiserin und begnadeten Zauberin mit, die von langer Hand plant, geistliche und weltliche Macht wieder zu vereinen.
Derweil kommt der tulamidische Abenteurer Raul al’Ahjan nach langer Abenteuerfahrt nach Gareth. Er findet an der Stadt Gefallen und nennt sie schon bald sein Zuhause, weil er hier viele Freunde findet. Aus diesem Grund setzt er sich auch für die Bewohner ein, als Orks über die Grenzen einfallen und den Norden des Reiches verheeren, und missachtet Befehle, die aus dem fernen Bosparan kommen. Denn dort erachtet man die Bedrohung als lange nicht so wichtig. Auch wenn es ihm eigentlich nicht erlaubt ist, stellt er ein Heer auf und schlägt die Orks vernichtend zurück. Und auch als diese vertrieben sind, löst er es nicht auf – so dass der offene Konflikt vorprogrammiert ist.

»Die letzte Kaiserin« ist gleich zweifach interessant. Zum einen erweckt es die Kulturen dieser auch bereits über tausend Jahre zurückliegenden Zeit wieder zum Leben, die ja doch etwas anders sind als die heutigen, zum anderen gibt er Namen und Orten ein Gesicht und beschreibt, wie es zu einer der großen und vor allem von Menschen herbei geführten Katastrophen kam. Dabei gelingt es ihm, den schmalen Grad zwischen Wissensvermittlung und Unterhaltung gelungen zu beschreiten.
Demjenigen, der die Geschichte Aventuriens kennt, ist zwar durchaus klar, wie das Ganze enden wird, aber dennoch ist es interessant zu sehen, wie die Menschen gewesen sein könnten, die hinter den historischen Einträgen stehen. Gewinner ist dabei eindeutig Raul, der wesentlich lebendiger und sympathischer dargestellt wird, im Gegensatz zu Hela Horas, die durch ihre Arroganz und ihr Machtstreben, bei dem sie auch bereit ist, über Leichen zu gehen und sich selbst einiges an Glück und Zufriedenheit zu versagen, ganz eindeutig die Antagonistin ist.
Sie bleibt auch weitaus blasser als zwei andere Figuren aus ihrer Umgebung – der Tulamide Salim und ihre designierte Nachfolgerin Vallusa. Aber letztendlich ist das nur eine kleine Schwäche, die gegenüber der gut durchdachten und stimmig komponierten Handlung nicht stört, denn immer wieder lockern spannende Ereignisse die Beschreibungen auf und vertiefen die Atmosphäre.
Ebenfalls gelungen ist die Darstellung der Kulturen; so fühlt man sich nicht ganz grundlos in das bereits von Kaisern geführte römische Reiche und den germanisch-gallischen Norden versetzt. Trotzdem schimmern immer wieder typisch aventurische Elemente durch.

Das alles macht »Die letzte Kaiserin« zu einer der Perlen in der »DSA«-Reihe, die man sich nicht entgehen lassen sollte.