Jeri Smith-Ready: Verliebt in einen Geist – Aura 1 (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 12. April 2014 12:59

Jeri Smith-Ready
Verliebt in einen Geist
Aura 1
(Shade, 2011)
Aus dem Amerikanischen von Katarina Ganslandt
cbj, 2014, Paperback mit Klappenbroschur, 376 Seiten, 12,99 EUR, ISBN 978-3-570-40195-8 (auch als eBook erhältlich)
Von Irene Salzmann
Die 16jährige Aura Salvatore plant mit ihrem Freund Logan Keeley an dessen 17. Geburtstag ihr gemeinsames ‚erstes Mal‘. Doch dann geschieht etwas Schreckliches – und Logan ist tot. Sein Geist weigert sich jedoch, ins Jenseits zu ziehen und besucht Aura und alle anderen, die ihn sehen können, und das sind jene die nach dem sogenannten ‚Shift‘ geboren wurden.
Aura gehört zu ihnen. Nach der Schule arbeitet sie im Büro ihrer Tante Gina, die zu den wenigen zählt, die vor dem Shift empfänglich für Geisterscheinungen waren, jetzt hingegen nicht mehr, und die den Toten nachträglich zu ihrem Recht verhilft. Für das Mädchen ist Gina mehr als nur eine Tante, denn Auras Mutter starb früh, und der unbekannte Vater hat sich nie um die Familie gekümmert. Jegliche Hinweise auf ihn hat Auras Mutter sorgfältig vernichtet, sodass Aura nun im Rahmen eines Schulprojektes selber Ermittlungen anstellt, bei denen ihr der Austauschschüler Zach Moore hilft.
Ohne es zu wollen, verliebt sich Aura in Zach und er sich in sie, aber dadurch wird Auras Sehnsucht nach Logan nur noch größer. Beide sind hin und her gerissen: Einerseits wollen sie sich nicht trennen, andererseits läuft Logan Gefahr, dass er zum Schatten, einem bösen Geist, mutiert und von den Behörden weggesperrt wird, wenn er keine Ruhe findet, und außerdem hat Aura ein Recht auf ein erfülltes Leben im Diesseits. Tatsächlich ist es Zach, der am vernünftigsten mit dem Problem umgeht und Aura die notwendige Zeit geben will.
Ob die drei diese haben, daran bestehen große Zweifel: Aura ist das erste nach dem Shift geborene Kind und Zach das letzte davor. Die beiden, aber auch Logan und alle, die mit ihnen befreundet sind, werden von den Behörden überwacht, da davon ausgegangen wird, dass sie etwas Besonderes sein könnten. Tatsächlich hütet Zach ein Geheimnis, das er Aura anvertraut, nicht aber seinem Vater, der für den Geheimdienst arbeitet, sehr wohl wissend, dass er, Zach, dann seine Freiheit verlieren würde…
Die Handlung ist in der nahen Zukunft angesiedelt. Vor knapp 17 Jahren ereignete sich ein Phänomen, das als Shift bezeichnet wird. Die Menschen werden seither in Prä- und Post-Shifter unterteilt. Wer vorher geboren wurde, führt ein ganz normales Leben; die anderen hingegen können Geister sehen und werden von den Behörden eingesetzt, um mit diesen zu kommunizieren. Leider wird das Shift – in diesem Band – nicht näher erklärt.
Das gleiche gilt für die Behörden – präziser: die Geheimdienste, deren Mitarbeiter selber keine Geister sehen können, aber Jugendliche anzuwerben bestrebt sind, um deren Gaben für ihre Zwecke zu nutzen. Welche das sind und was sie sich von Aura und Zach erhoffen, bleibt gleichfalls im Dunkeln. Zeitweilig vergisst man sogar, dass die Agenten im Hintergrund lauern, denn das Thema wird bloß eingangs berührt und zum Ende hin ganz plötzlich als Spannungselement in die Tragödie gebracht. Die sparsam eingestreuten Hinweise im Mittelteil wirken, als wären sie nachträglich hinzugefügt worden.
Für die Geister, auf deren Eigenarten im Detail eingegangen wird, gibt es bestimmte Regeln. Beispielsweise können sie nur an Orten erscheinen, die sie als Lebende besucht haben, oder sie werden mit technischen Mitteln geholt beziehungsweise ferngehalten. Licht und die Farbe Rot ertragen sie nicht. Werden sie zornig, mutieren sie zu Schatten und verwirken dadurch ihre Chance, jemals Ruhe zu finden. Ihre Präsenz macht die Post-Shifter regelrecht krank, und die Behörden halten sie für eine Bedrohung und wollen sie einsperren. Um die Schatten rankt sich ein Geheimnis, was Logan wieder ins Spiel bringt.
Jeri Smith-Ready bedient sich der bekannten Welt, verleiht ihr jedoch durch die übersinnlichen Phänomene einen ausgeprägten fantastischen Aspekt. Der Roman könnte der SF zugeordnet werden, wären die Mystery-Elemente nicht die stärkeren. Indem sie den Geistern bestimmte Eigenschaften zuordnet, kreiert die Autorin ihr eigenes Alternativ-Universum, was aber nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass das Buch auch nur wieder eine Paranormal Romance für Jugendliche ist, die – nach den verliebten Vampiren, Werwesen, Zombies, Engeln, Dämonen, Elfen etc. – eine weitere klassische Gruselgestalt in ein romantisches Szenario zwingt.
In der Dreiecksbeziehung bleibt vorerst alles offen. Aura liebt Logan auch als Geist, aber wird ihnen beiden das auf Dauer genug sein? Sie möchte sich auf Zach einlassen, der jedoch den Rückzieher macht, weil er erkennt, dass Aura noch lange nicht über Logan hinweg ist. Dieser wiederum weiß tief in seinem Innern, dass er seiner Freundin nicht all das geben kann, wonach sie sich sehnt, und er weiterziehen sollte, bevor er zum Schatten wird, doch sind seine Gefühle und auch die Eifersucht auf Zach zu stark, als dass er den entscheidenden Schritt tun könnte.
Parallel dazu entwickelt sich die eigentliche Handlung vor allem im letzten Drittel weiter und rückt zunehmend das Rätsel um Auras Vater, Zachs Gabe und Logans unverhoffte Erfahrung in Verbindung mit dem mysteriösen Shift und den Geheimdiensten in den Mittelpunkt. Von daher darf man wahrlich gespannt sein, wie es weitergehen wird, denn die komplizierten Beziehungen sind nur ein Teil des Ganzen, das noch einiges mehr zu bieten hat als eine tragische Romanze.
„Verliebt in einen Geist“, der erste Band der „Aura“-Reihe, spielt mit den üblichen Motiven des Genres, doch versteht es die Autorin, ihre weiblichen Leser ab 14 Jahre spannend zu unterhalten, sodass man am Ende des Buches wünscht, gleich den nächsten Teil lesen zu dürfen, der hoffentlich einige Antworten auf die vielen offenen Fragen gibt.