Constantin Dupien (Hrsg.): Mängelexemplare (Buch)

Constantin Dupien (Hrsg.)
Mängelexemplare
Titelillustration von Timo Kümmel
Illustrationen von Julia Takagi
Amrun, 2014, Paperback, 374 Seiten, 14,90 EUR, ISBN 978-3-944729-41-1 (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

Eine Dystopie (englisch dystopia, Gegenbildung zu utopia) oder Anti-Utopie ist in der Literaturwissenschaft eine fiktionale, in der Zukunft spielende Erzählung mit oftmals negativem Ausgang. Sie handelt von einer Gesellschaft, die sich zum Negativen entwickelt, und stellt somit einen Gegenentwurf zu Thomas Morus’ Utopia dar. Die Eutopie (griechisch εὐτοπία eutopia) dagegen beschreibt das Gegenteil: eine Idealgesellschaft, die alle positiven politischen Menschheitsträume verwirklicht hat. Häufig wollen die Autoren dystopischer Geschichten mit Hilfe eines pessimistischen Zukunftsbildes auf bedenkliche Entwicklungen der Gegenwart aufmerksam machen und vor deren Folgen warnen (Quelle: Wikipedia).

Gerade im phantastische Genre wird die Dystopie gerne auch als Endzeit-Literatur genutzt, zeigt uns eine Welt, die in ihren letzten Zügen liegt, in der Anarchie herrscht und nur die brutalsten und stärksten Menschen überleben.Constantin Dupien hat gerufen und vorgegeben, dass die Autoren bitteschön keine Vampire oder Zombies auftreten lassen sollten, ansonsten aber frei seien, ihre dystopische Welt zu entwerfen. Und schaut man sich die Autorenliste an, so findet sich darauf die Crème de la Crème der deutschen Horror-Literatur, die diesen Vorgaben folgend ihre Geschichten vorlegen. Dabei reihen sich Storys, die mich innerlich berührt haben, die mich voller Wucht zu Mitleid verführt oder die Hilflosigkeit bewusst gemacht haben, an Erzählungen, die schockten, leise Töne an grelle Beschreibungen, Geschichten deren Protagonisten leiden an solche, in denen sie tatkräftig versuchen, ihr Schicksal in die Hand zu nehmen. Das erschreckt, schockt, verwundert und verblüfft, unterhält aber auch bestens und entführt in phantastische Zukünfte, die wir so hoffentlich nicht erleben werden. Jeder Beitrag wird durch eine Original-Illustration aus der Werkstatt von Julia Takagi eingeleitet und mit einer kurzen Entstehungsgeschichte des Autors abgeschlossen. Dabei ist die sprachliche Qualität der Beiträge durchgängig sehr gut, der Leser bekommt etwas geboten für sein Salär. Was erwartet ihn im Einzelnen?

Tim Svart – „No. 2/209/197/613“: Was wäre, wenn Sie wüssten, dass die Welt in ein paar Wochen in der Hitze einer sterbenden Sonne untergehen würde. Alles Wasser verdunstet, die Erde entflammt – wie würden Sie reagieren?

Jennifer Jäger – „Clara – Wissen ist Macht“ :Etwas Unmögliches, Undenkbares ist geschehen, ein Klon denkt selbstständig.

Uwe Voehl – „Kreationen in Samt und Tod“: Überall in Tokio und Umgebung tauchen Meisterkreationen der modernen Haut Couture an Parias, Müllhaufen und halb verwesten Menschen auf.

D. J. Franzen – „Der Nomade“: Die Welt nach Armageddon. Nur noch in streng gesicherten Enklaven ist Leben, wie wir es kannten, möglich.

Jana Oltersdorff:„Das Schlafende Schloss“: Was wäre, wenn die Sage um Dornröschen gar nicht so an den Haaren herbeigezogen wäre?

Lisanne Surborg – „Rosa Schaum“: Die Welt dämmert ihrem Ende entgegen. Nur mit Hilfe der kleinen blauen Pillen lässt sich das, was man als Leben, als Leiden, bezeichnet noch ertragen – denn der Kampf ums Überleben ist dem Kampf um die Drogen gewichen

Andreas Zwengel – „Souljacker“: Der Teufel höchstselbst hat seine Firma auf Vordermann gebracht. Statt, wie aus der Bibel bekannt, kleine Dämonen auszusenden, rückt er nun mit Hilfe einer outgesourcten Firma an.

Vincent Voss – „Wellen“: Ein Jeder von uns ist fast immer online. Sei es übers Smartphone, per Tablet oder doch zumindest über TV und Radio erhalten wir permanent Nachrichten. Was aber, wenn es einfach einmal zu viel wird mit den auf uns einstürzenden Informationen, wenn wir eine Grenze überschreiten?

Regina Müller – „Larventräume“: Die chaotische Menschheit kann von den perfekt organisierten Ameisen nur lernen – die Welt der chitingepanzerten Insekten ist interessant und überwältigend.

Arthur Gordon Wolf – „Sahnesperlinge“: Jüngere Geschwister hüten, wenn die Mama beim Frisör ist, das ist schrecklich, nervig, ja unzumutbar. Gut, wenn man dann einen Zauberspruch und ein ganz spezielles Spiel kennt, das für Ruhe sorgt.

Michael Dissieux – „Dagnin“: Geschwisterliebe ist ein starkes Gefühl. Auch wenn Dagnins Schwester vor mehr als drei Jahren aus der Stadt verbannt und in die Kolonie der Infizierten abgeschoben wurde, haben sich die Gefühle nicht geändert.

Xander Morus – „Der Vollstrecker“: Der Klimawandel, was haben wir nicht alles über die drohende Verwüstung der Erde gehört. Doch als die Meere brannten, als sich die Honoratioren an Bord einer riesigen Flotte gen Süden aufmachten, war es für die meisten Menschen bereits zu spät.

Thomas Backus – „Schicksal“: Das Ende der Welt ist da, nur Sand, Steine nichts zu essen und zu trinken – was bleibt, wenn es keine Hoffnung mehr gibt?

Constantin Dupien – „Das Ende“ protokolliert das Leben in einer zukünftigen Welt, die Realität atmet und nicht so weit von der unsrigen entfernt ist, wie wir es wünschen würden ..

Moe Teratos – „Die Schrecken“: Das ewige Eis der Antarktis taut und legt eine Brutstätte frei, in der seit Jahrzehntausenden geflügelte Kreaturen darauf warten, wieder auf die Jagd zu gehen – ihre Nahrung: die Zweibeiner der Welt.

Stefanie Macher – „Ella“: Die Seuche hat die Welt fest in ihrem Griff. Doch es gibt Gerüchte darüber, dass die Reichen die resistenten Erkrankten in Lager schaffen, um für sich selbst ein Heilmittel zur Verfügung zu haben – Gerüchte, die natürlich keinerlei Bezug zur Realität haben…

Manfred Schnitzler – „Der rote Tod“: Eine Epidemie überfällt die Menschheit, eine Seuche, die weder vor Städten noch Dörfern halt macht.

Markus K. Korb – „Rattenjagd“schildert den Alltag zweier Hunter, die die Rattenplage in den verlassenen U-Bahngängen ausrotten.

Thorsten Scheib – „Göttersturz“ präsentiert uns einige Kapitel aus einer Novelle, die im Sommer 2014 als gesonderte Ausgabe innerhalb der „Mängelexemplare“-Reihe erscheinen wird.