Batman – Legenden des Dunklen Ritters: Der Schamane (Comic)

Batman – Legenden des Dunklen Ritters: Der Schamane
Legends of the Dark Knight: Shaman (1-5)
Autor: Dennis O’Neil
Zeichnungen: Ed Hannigan
Übersetzung: Steve Kups
Panini, 2014, Paperback, 140 Seiten, 16,99 EUR, ISBN 978-3-86201-889-5 (auch als Hardcover erhältlich, 29,00 EUR)

Von Frank Drehmel

Als im Jahre 1989 DC mit der Serie „Legends of the Dark Knight“ auf dem amerikanischen Comic-Markt reüssierte, folgte der Verlag zunächst nicht nur einem innovativen Konzept aufeinander folgender, voneinander unabhängiger Pentalogien, für die jeweils ein Kreativen-Team verantwortlich zeichnete, das sich aus der Crème de la Crème des US-amerikanischen Mainstreams rekrutierte, sondern auch die Covergestaltung unterschied sich im künstlerischen Ausdruck deutlich positiv von den parallel laufenden „Batman“-Titeln.

Zwar wurde dieses Konzept nicht bis zur Einstellung der Serie mit Ausgabe 214 im März 2007 beibehalten, aber dennoch erblickten im Laufe der über 15 Jahre viele echte Story-Highlights das Licht der Welt, darunter auch „Der Schamane“, der mit Heft 1 bis 5 erste abgeschlossene fünfbändige Zyklus der Reihe.

Zeitlich verortet ist die Geschichte in jener Periode, die Frank Miller und David Mazzuchelli in ihrem vierteiligen, von der Kritik gerade zu enthusiastisch gefeierten Storyarc „Batman – Das erste Jahr“ (Batman Year One; Batman 404-407) 1987 thematisieren.

Auf seiner langen Reise rund um die Welt, auf der er seine Fähigkeiten in sämtlichen Aspekten und Disziplinen der Verbrechensbekämpfung schult, wird der junge Bruce Wayne in der Wildnis Alaskas während einer Kopfgeldjagd beinahe Opfer des Verfolgten und der tödlichen Kälte; ein eingeborener Schamane und dessen Tochter retten ihm jedoch das Leben.

Einige Jahre später – Bruce ist gerade nach Gotham zurückgekehrt, um als Batman dem Verbrechen den Kampf anzusagen – wird er mit seltsamen Ritualmorden konfrontiert, die eine Verbindung sowohl zu dem Schamanen zu haben scheinen, der ihn vor Jahren rettete, als auch zu dem Forscher Dr. Spurlock, den er als Millionär Bruce Wayne zu den Indianern sandte. Trotz seiner Ermittlungen als Batman sowie in ganz alltäglicher Verkleidung kommt der Detektiv in dem Fall nicht voran. Als dann auch Spurlock ein Opfer des Mörders wird, reist Bruce erneut nach Alaska, um vor Ort Nachforschungen anzustellen. Das was er findet, entsetzt ihn zutiefst: der Kontakt mit Dr. Spurlock und der sogenannten Zivilisation hat aus den Indianern – und auch seinem alten Retter – alkoholabhängige Wracks gemacht und sie jeglicher Würde beraubt. Dennoch verschafft ihm der Besuch neue Erkenntnisse, die ihn direkt auf die Spur des Mörders bringen, eines Mannes, der ihm im Kampf ebenbürtig ist.

Anders als die eindringlichen und expressiven Frontcover, welche man im Anhang des TPB bewundern kann, dieser ersten Pentalogie vermuten lassen, erzählt Autor O’Neil eine fast schon klassische Detektiv-Geschichte weit entfernt von der Grim’n’gritty-Attitüde neuerer Couleur. Das Augenmerk der Geschichte liegt dabei – schon rein quantitativ – eher auf der Person hinter der Batman-Maske, auf Bruce Wayne, der zwar angesichts der Kompliziertheit des Falls und eines trickreichen, starken Gegners von Selbstzweifeln und Versagensängsten geplagt wird, der aber kaum etwas von der geradezu manischen Obsession an den Tag legt, die Batman später auszeichnet. Im Gegenteil, kleinere Szenen, in denen Wayne à la Inspektor Clouseau unterschiedliche Masken nutzt, die designtechnische Unaufgeregtheit, ja Unaufdringlichkeit des Kostüms, das sich der Held auf einer Seite ähnlich einem Sportler wie eine Art Arbeitsbekleidung oder Trikot überstreift, sowie die zahlreichen High-Society-Auftritte als Millionär vermitteln das bemerkenswerte Gefühl von Normalität, so dass man Bruce seine Aussage, er sähe den Fall als Test und würde, falls er scheitern sollte, ein „normales“ Leben versuchen, ohne Zögern abnimmt.
Berücksichtigt man dazu noch die zwar plakative, aber dennoch unverkennbare Sozialkritik, die in den Szenen mitschwingt, nachdem Bruce zum Otter-Ridge-Stamm zurückgekehrt ist, so wartet „Der Schamane“ mit gleichermaßen komplexen wie glaubwürdigen und menschlichen Charakteren auf.

Das klare Artwork mit seinem vergleichsweise feinen, leicht skizzierenden Strich und der „flächigen“ Koloration, die nur an wenigen Stellen um der Atmosphäre willen leichte, weiche Farbverläufe aufweist, steht ganz im Dienst der Geschichte und wirkt mit seiner überwiegend klassischen Panel-Aufteilung visuell ruhig. Immer dann, wenn es Tempo und Dynamik erforderlich machen, wird das Seitenlayout allerdings freier und weniger formalistisch.

Fazit: Eine atmosphärisch stimmige, tiefe Story aus den Anfängen Batmans als Kämpfer wider das Verbrechen in Gotham, in der vor allem die differenzierte Charakterzeichnung des Helden überzeugt. Ein echtes Highlight in der „Batman“-Historie.