Fairest 2: Das Verborgene Reich (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 25. Januar 2014 10:24
Lauren Beukes, Bill Willingham
Fairest 2
Das Verborgene Reich
(Fairest 8-14, 2013)
Titelillustration von Adam Hughes
Zeichnungen von Inaki Miranda, Barry Kitson, Eva de la Cruz, Andrew Dalhouse
Panini, 2013, Paperback mit Klappenbroschur, 160 Seiten, 19,99 EUR, ISBN 978-3-86201-671-6
Von Irene Salzmann
Eigentlich ist Rapunzel ein Grenzfall, der nach Ansicht etlicher Fables auf die Farm zu denen gehört, die keine Menschengestalt vortäuschen können, da ihr Haar in Minuten wächst. Nur unter strengen Auflagen darf sie in Fabletown weilen und begrenzt nach draußen gehen. Infolgedessen wird ihr Gesuch, nach Japan reisen zu dürfen, um nach ihren entführten Kindern zu suchen, abgelehnt.
Notgedrungen lässt sich Rapunzel von Frau Totenkinder, die stets einen hohen Preis für ihre Hilfe verlangt, einen Zauber geben, der ihr Haar im Zaum hält. Jack Horner stellt für sie, sich selbst und den Friseur Joel Crow falsche Pässe aus, und gemeinsam fliegen sie nach Tokyo, um der Spur zu folgen, die sie in die japanische Hauptstadt gelockt hat. Doch wer ist Freund, wer ist Feind? Kaum gelandet, müssen die drei fliehen und wissen nicht, ob der Kappa, der vor ihren Augen ermordet wurde, und dessen Leute ihnen helfen wollen oder die dreischwänzige Füchsin Tomoko, die einst Rapunzels Lover war, und die Tat in Auftrag gegeben hat.
Während Jack eigene Wege geht und nur auf seinen Vorteil bedacht ist, fliehen Rapunzel und Joe aus dem Versteck der japanischen Fables, das Tomoko als Yakuza geschaffen hat. Dabei benutzt sie Joel, der darüber gar nicht glücklich ist und sie wiederholt bittet, ihm zu erklären, was eigentlich los ist. Schließlich findet Rapunzel ihre Kinder, aber nicht jene, nach denen sie gesucht hat. Auch kann sie ein Versprechen einlösen und einen Verdacht ausräumen, der viele Jahrhunderte auf ihr gelastet hatte. Sogar für die alte Fehde zwischen den japanischen Fables findet sich eine Lösung.
Die in sich abgeschlossene Geschichte von Rapunzel hat nichts mit der von Briar Rose zu tun, die in „Fairest“ 1 erzählt wurde. Es ist denkbar, dass das weitere Schicksal von beiden in späteren Bänden erneut aufgegriffen wird, aber vorerst sind innerhalb dieser Reihe andere Storys geplant.
Man muss die Hauptserie „Fables“ nicht unbedingt kennen, um den Geschehnissen folgen zu können, doch mit dem Hintergrundwissen stellen sich immer wieder Aha-Effekte ein – und Bill Willinghams Serien sind einfach großartige, fantasiereiche Lektüren.
Die Autoren verknüpfen die Hintergründe verschiedener bekannter Märchenfiguren miteinander. Rapunzel wird als junges Mädchen die Schülerin von Frau Totenkinder und aufgrund ihrer Schwangerschaft verstoßen. Der verantwortliche Prinz bleibt unauffindbar, und die neugeborenen Zwillinge werden von einer Frau entführt, in der Rapunzel ihre Lehrmeisterin vermutet, doch die kleinen Hinweise deuten auf jemand anderen hin – es gibt schließlich mehrere Hexen in den als Vorlage dienenden Märchen.
Danach wird es richtig exotisch, denn der weitere Weg Rapunzels führt sie in das himmlische Kaiserreich Japans, wo sie Vergessen sucht. In Rückblenden erfährt man Stück für Stück, was sich vor Jahrhunderten ereignete und zu den gegenwärtigen Konflikten führte. Außerdem wartet dort noch eine Aufgabe auf Rapunzel, die sie zwar nicht an das Ziel ihrer Sehnsüchte bringt, jedoch dazu beiträgt, andere Konflikte zu lösen und die Hoffnung nicht aufzugeben.
Die Tragödie ist spannend erzählt und farbenfroh umgesetzt. Das moderne Tokyo orientiert sich an der schrillen Otaku-World, das historische an den Vorstellungen, die man durch das Hongkong-Kino, Martial-Arts-Filme und anderes vom alten Japan hat. Die Erzählung nimmt den Leser gefangen, so dass man die Episoden 8 bis 14 auf einen Rutsch liest.
Dann kommt es zu einem kleinen Bruch, denn die 15. Geschichte steht für sich selbst, da sie auf der Farm der Fables spielt. Peter Piper und seine Frau Bo Peep betätigen sich als Kuppler zwischen Reynard T. Fox und der Dryade Prinzessin Adler, die bislang immer Pech mit ihren Dates hatte. Da Reynard ein guter Freund ist und menschliche Gestalt annehmen kann, scheint eine Beziehung zwischen den beiden nicht unmöglich. Sie bemühen sich auch redlich umeinander, doch die auftretenden Probleme zwischen ihnen sind von ganz unerwarteter Natur – und hier darf geschmunzelt werden.
Zweifellos ist „Fairest“ 2 einer der interessantesten Bände aus dem „Fables“-Kosmos, den man auf keinen Fall auslassen sollte. Auch für Neueinsteiger sehr zu empfehlen!