Die neuen X-Men 1 (Comic)

Brian Michael Bendis
Gestern und heute, Teil 1+2
Die neuen X-Men 1
(All New X-Men 1+2, 2013)
Aus dem Amerikanischen von Jürgen Petz
Titelillustration und Zeichnungen von Stuart Immonen
Panini, 2013, Heft, 52 Seiten, 4,99 EUR

Von Irene Salzmann

Die Bedrohung, die die Phoenix Five für die Menschheit darstellten, konnte gebannt werden. Wegen des Mordes an Professor Xavier wird Cyclops von den Behörden gesucht, und fast alle seine Freunde haben sich von ihm abgewandt. Während er und seine letzten Anhänger untergetaucht sind, leitet Wolverine die Jean-Grey-Schule, um jungen Mutanten alles beizubringen, was für ihr Überleben notwendig ist – und zugleich möchte er das Institut für sie zu einer Oase des Friedens machen. Keiner von ihnen soll (jemals wieder) in einen unsinnigen Krieg geschickt werden, den Menschen und Mutanten gleichermaßen verlieren würden.

Aber auch Cyclops plant, eine Schule aufzubauen, und bringt zusammen mit seiner Gruppe zielstrebig Teenager in Sicherheit, deren Kräfte sich plötzlich manifestieren, sodass sie die Personen in ihrer Nähe in Angst und Schrecken versetzen. Er scheint den Glauben an ein friedliches Miteinander von Homo Sapiens und Homo Superior verloren zu haben, denn er will sich verstärkt für die Rechte der Mutanten einsetzen: Sein Vorgehen kommt einer Revolution gleich.

Die anderen X-Men sind wenig begeistert von dieser Entwicklung, doch müssen sie sich zunächst mit internen Problemen befassen: Beasts Mutation ist außer Kontrolle geraten, und er weiß, dass er bald sterben wird. Zuvor will er jedoch das Unheil, das die Phoenix Five, insbesondere Cyclops, verursachten, ungeschehen machen. Zu diesem Zweck reist er in die Vergangenheit und bringt das junge, originale X-Men-Team, bestehend aus seinem Alter Ego, Cyclops, Angel, Iceman und Marvel Girl, in die Gegenwart. Sie sollen sehen, was geschehen wird, daraus lernen und diese Entwicklung verhindern…

Dieser Neustart ist ein wahrer Knaller, bringt er doch das Original-Team zurück in die laufende Handlung.

Über Zeitparadoxa wird allerdings nicht diskutiert, obwohl SF-Leser gewiss eine Menge Einwände hätten, wie das überhaupt funktionieren soll, denn wenn Beast die Teenager-Ausgaben von sich und seinen Kameraden in die Gegenwart holt, und sie nach der Rückkehr tatsächlich die schlimmen Ereignisse verhindern, dann würde es diese Zukunft nicht mehr geben, aus der Beast in die Vergangenheit reist, er könnte die Gruppe nicht holen, sie würden nicht erfahren, was passiert – usw. usf.

Plausibel kann man diese Vorgänge eigentlich nur erklären, wenn man davon ausgeht, dass jede alternative Entscheidung eine Parallelwelt entstehen lässt und die jungen X-Men zwar die Zukunft verändern, aber eben eine andere Realität schaffen und somit nicht das ungeschehen machen, was die gegenwärtigen X-Men bereits hinter sich haben. Oder die Teenager kehren in ihre Zeit zurück, verlieren das Wissen beziehungsweise wird es ihnen von Professor Xavier genommen, sodass es keine Eingriffe in die Zeit gibt, was wiederum erklärt, warum sich die gegenwärtigen X-Men nicht an eine Reise in ihre Zukunft erinnern.

Zeitreisegeschichten sind mit die kompliziertesten innerhalb der SF, und Brian Michael Bendis hat sich mit diesem Thema eine Menge vorgenommen, wenn er all die Fäden, die nun ein Knäuel bilden, wieder entwirren und sinnvoll zusammensetzen will.
Darüberhinaus schildert er glaubwürdig die Erwägungen von Beast, den Schock, den sein Auftauchen und die folgenden Enthüllungen bei den jungen Mutanten in der Vergangenheit auslösen, die Überraschung, die ihr Erscheinen in der Gegenwart für Wolverine und die anderen bedeutet – zumal er Marvel Girl als echt identifiziert! –, und letztlich der Zusammenbruch von Beast. Auch der Rollentausch von Wolverine und Cyclops bietet eine Menge Potenzial.

Mit dem Cliffhanger – was wird aus Beast? – endet der erste, von Stuart Immonen sehr schön gezeichnete, Band und macht neugierig auf die weiteren Episoden.