Grimm Fairy Tales 1 (Comic)

Joe Tyler und Ralph Tedesco
Grimm Fairy Tales 1
(Grimm Fairy Tales Vol. 1 TPB, 2012/2013)
Aus dem Amerikanischen von Sandra Kentopf
Titelbild und Innenillustrationen von Alexandre Benhossi, Blake Willie, Joe Dodd u.a.
Panini, 2013, Paperback, 160 Seiten, 16,95 EUR, ISBN 978-3-86201-639-6

Von Christel Scheja

Schon mit ihren Geschichten aus dem grausig veränderten Wunderland, in der Alice buchstäblich um ihr Leben und ihre geistige Gesundheit kämpfen musste, gewannen Joe Tyler und Ralph Tedesco viele Leser für sich. Im Zuge der zunehmenden Märchen-Begeisterung nehmen sie sich nun auch klassischer Märchenstoffe an und setzen sie auf sehr erwachsene Art in Szene. „Grimm Fairy Tales“ präsentiert die ersten dieser durch eine Rahmenhandlung locker zusammenhängenden Geschichten.

Schlüssel zum Blick in dieses nur allzu real erscheinende Land der Träume ist ein Märchenbuch, das immer wieder neue Besitzerinnen findet, oder aus dem ihnen vorgelesen wird. Da ist einmal das junge Mädchen, das sich noch nicht bereit dazu fühlt, sich ihrem Freund hinzugeben und deshalb in Streit mit ihm gerät. In ihrem Zimmer fällt ihr ein Märchenbuch in die Hände. Ungewollt vertieft sie sich in das Märchen „Rotkäppchen“, nicht ahnend, dass sie schon bald in die Rolle der hübschen Maid schlüpfen wird. Eine Außenseiterin wird in der Highschool immer wieder von den Schönheiten verspottet und gehänselt. Sie fühlt sich dadurch wie „Cinderella“, nicht ahnend dass auch sie bald ein ähnliches Angebot von ihrer guten Fee bekommt, die der von allen gequälte Stieftochter und -schwester. Auch das Märchen von „Hänsel und Gretel“ nimmt einen unerwarteten Verlauf und „Rumpelstilzchen“ beschäftigt sich mit den Folgen ungewollter Schwangerschaften und Angeboten, auf die man besser nicht eingehen sollte. Nicht viel anders sieht es bei „Dornröschen“ oder dem „Räuberbräutigam“ aus. Und auch „Das Erbe“ kann zu einem grausamen Fluch werden.

Insgesamt sind es sieben Geschichten, die alle nach dem gleichen Schema ablaufen. Zunächst springt die Geschichte in ein reales Szenario, beschreibt, wie die jungen Protagonistinnen vor dem Wunsch ihres Liebsten zurückschrecken, sich mit ihren Eltern herumärgern müssen, in der Schule gehänselt oder gar von ihrem Freund verlassen werden.

Mittels eines Buches oder einer geheimnisvollen Erzählerin – die ganz am Ende eine wichtige Rolle spielen wird – tauchen sie dann in die magische Vergangenheit ab und erleben die Geschichte als Heldin noch einmal neu. Hier erlauben sich die Künstler einiges an Kreativität, um die gruselige Seite der Märchen hervorzukehren – aber so wirklich überraschend sind die Wendungen und Verwandlungen nicht.

Wie auch schon in den anderen Serien der Macher regieren hier mehr die plakativen Schockeffekte, der düstere Horror, der den Heldinnen schon bald zu schaffen macht und sie verändert aus der ganzen Sache herauskommen lässt. Manche lernen daraus, andere wieder tappen erst recht in die offensichtliche Falle. Letztendlich sind die unterschiedliche Künstler aber auch nicht wirklich konsequent in ihren Darstellungen – die Darstellungen von Monstern und Gewalt bleibt letztendlich doch fast schon jugendfrei und dürfte selbst Teenager nicht den Magen umdrehen. Alles in allem kann man die Geschichte zwar einmal ganz gut lesen, danach ist aber auch schon die Luft raus. Auch der Zeichenstil ist sehr unterschiedlich – Geschichten, die recht ansprechend gezeichnet sind, folgen Comics, bei denen vor allem die Figuren unproportional und ungelenk wirken.

Alles in allem ist „Grimm Fairy Tales“ weder inhaltlich noch zeichnerisch sonderlich überzeugend, sondern nur ein weiteres Projekt, in dem die Macher der Wonderland-Saga Märchen mit Horror-Elementen für Erwachsene aufzupeppen versuchen, aber nicht wirklich konsequent dabei handeln und vor allem nur auf billige und oberflächliche Schockeffekte setzen.