Michael Schmidt (Hrsg.): Zwielicht Classic 2 (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Mittwoch, 16. Oktober 2013 16:57
Michael Schmidt (Hrsg.)
Zwielicht Classic 2
Titelillustration von von Lothar Bauer
Michael Schmidt, Paperback, 178 Seiten, 9,90 EUR (auch als eBook erhältlich)
Von Carsten Kuhr
Neben dem aktuellen Horror-Magazin „Zwielicht“, das nach seinem Start bei Eloy Edictions nun seine Heimat im Verlag Saphir im Stahl gefunden hat, veröffentlicht der Herausgeber Michael Schmidt sowohl im eBook Bereich als auch im Print ältere Geschichten unter dem Signet „Zwielicht Classic“.
Ein erster, inhaltlich überzeugender Band erschien bereits vor einigen Monaten, nun legt Schmidt den zweiten gedruckten Ableger vor. Das Rezept hat sich dabei nicht gewandelt; herausragende Geschichten aller Couleur und ein paar wenige Sekundärbeiträge warten auf ihre Leser.
Bevor ich mich den jeweiligen Storys widme ein paar Worte vor zu den Beiträgen. Diese umfassen ein sehr breites Spektrum: Geschichten, die eher der Science Fiction zuzurechnen sind, wechseln sich mit Erzählungen ab, in denen Zombies umgehen, biblische Gestalten geben ein Gastspiel, wir begegnen dem Tod in mannigfaltiger Gestalt, gruseln uns wohlig, frösteln vor Furcht und lesen gebannt und fasziniert von Schicksalen und Personen, mit denen wir nicht tauschen möchten. Stilistisch durchgängig auf einem erfreulich hohen Niveau überraschen die Beiträge und machen deutlich, dass die Kurzgeschichte das in meinen Augen beste Medium für den Horror ist.
Achim Hildebrand berichtet uns in „Smergs“ von einer jungen Frau, die ihre Wohnung und sich selbst klinisch rein hält. Als merkwürdige, mikroskopisch kleine Lebewesen sie kontaktieren und ihr mitteilen, dass sie buchstäblich in ihrem Dreck wohnen, macht sie sich an die Arbeit. ihre Wohnung und sich selbst porentief rein zu putzen – mit einem fatalen Ergebnis.
Stefan Melneczuk greift in „Invasion“ das altbekannte Thema der Eroberung der Erde durch Aliens auf ganz eigene Art und Weise auf.
Tobias Bachmann schließt sich mit „Der Mann, der die Kerzen anzündete“ an. In der atmosphärisch sehr dichten Erzählung berichtet er uns von einem Toten, der die Aufgabe übernommen hat, die Seelen der Menschen zu retten – eine Sisyphusarbeit, und wenn dann noch ein unsinniger Befehl von Oben kommt, kann auch der treueste Untertan rebellisch werden.
In Michael Siefeners „Der Besuch“ begegnen wir einem krebskranken Patienten, der mit seinen gerade einmal 41 Jahren im Sterben liegt. Als er an Gott (ver)-zweifelt bekommt er überraschenden Besuch.
Christian Weis stellt uns in „Lili“ einen jungen Studenten vor, der eine Einladung zum Essen mit den Eltern eine Kommilitonin erhält – und dabei auf ein uraltes, hungriges Wesen trifft.
In Marcus Richters „Subcutis“ begegnen wir einem kranken Jungen, dessen Körper seine eigene Haut verzehrt. Als diese aufgebraucht ist, sucht und findet er neue Nahrung – und einen Freund, der ihn versteht und hinter ihm aufräumt.
Andreas Flögels „Im Keller warten die Phantome“ stellt uns einen Jungen vor, dessen Mutter bei seiner Geburt gestorben ist. Doch Martin weiß, auch wenn niemand ihm glauben will, dass sie von den Phantomen im Keller gefangengehalten wird – bis diese ein anderes Opfer finden.
Jörg Herbig greift in „Nachrichten aus Rehgib“ Zeitungsberichte aus der Kleinstadt auf, in denen von gar absonderlichen, ja Furcht erregenden Vorkommnissen berichtet wird…
In Lothar Nietschs „Tour de Fini“ findet das Siegerrad eines italienischen Radprofis aus den 40er Jahren einen neuen Besitzer, der kurz nach dem Erwerb des Rennrads nichts anderes mehr im Kopf hat, als sich in den Sattel zu schwingen.
In Walter Diociaiutis „Zigeuneraugen“ stellt uns der Autor einen jungen Roma vor, der als begnadeter Gitarrist sein Leben dem Freejazz gewidmet hat. Jeden Abend beim und nach dem Auftritt saugt er sich förmlich voll an der Energie, die ihm sein Publikum so reichlich anbietet – bis er die Kräfte einer Melusine in sich aufnimmt und zum heilkräftigen Schamanen wird. Nach der Hochzeit mit einer bezaubernden Französin verlassen ihn seine mystischen Kräfte – warum nur?
Nina Horvaths „Der Heckeeuro“ berichtet uns von einer jungen, zwar talentierten aber bislang erfolglosen Schriftstellerin, die endlich ihren Verleger findet – und trotz des Erfolges nicht wirklich glücklich wird.
In Michael Schmidts „Oststadt“ macht uns dieser mit einem Revolvermann einer der angesehensten Familien der Oststadt bekannt. Nach einer Schießerei musste er die Stadt wie auch die Tochter seines Bosses verlassen – nun ist er zurück, um sich seinen Namen und seine Braut wiederzuholen – vielleicht zu spät?
Regina Schleheck berichtet uns in „Auto fahren“ von einem Familiendrama, das aus Sicht des Kindes erzählt unter die Haut geht.
Zum Abschluss des Buchs stellt uns Martin Strasser das Werk Ray Bradburys vor, Kathleen Weise interviewt den Coverzeichner Björn Ian Craig und Elmar Huber befragt Stefan Malneczuk.