Garulfo 1: Vom Regen in die Traufe (Comic)

Garulfo 1
Vom Regen in die Traufe
(1. De mares en châteaux, 2. De mal en pis)
Text: Alain Ayroles
Zeichnungen: Bruno Maïorana
Farben: Thierry Leprevost
Übersetzung: Delia Wüllner-Schulz
Lettering: Dirk Schulz
Splitter, 2009, Hardcover, 104 Seiten, 22,80 EUR, ISBN 978-3-86869-046-0

Von Frank Drehmel

Im Königreich Heidemond lebt ein kleiner Frosch namens Garulfo. Sein innigster Wunsch ist es, ein Mensch zu werden, also jene schleimige Hülle, in die ihn die Götter gesteckt haben, gegen die Gestalt eines prunkvollen Zweifüßers zu tauschen.
Die schiere Verzweiflung über sein amphibisches Los treibt ihn in die Arme einer alten Hexe, die ihn zunächst zu Suppe verarbeiten will, sich aber eines Besseren besinnt, als ihr der gerissene Garulfo anbietet, ihr alle Wünsche zu erfüllen, sollte er erst als Prinz eine Prinzessin geehelicht haben. Des Spaßeshalber willigt die sinistre Frau ein und kurz darauf findet sich Garulfo in Froschgestalt in der Nähe des Schlosses wieder.

Bedauerlicherweise jedoch hat Königstochter Herminia nichts für die glitschige Amphibie übrig, so dass es der Magd Pipa vorbehalten bleibt, den Frosch zu küssen, um unversehens einem stattlichen, blonden Jüngling ins holde Antlitz zu blicken.
Eilends und in den Gepflogenheiten der Menschen vollkommen unbewandert macht sich Garulfo auf den Weg zum König, um um die Hand von »Prinzessin« Pipa anzuhalten. Das Auftreten des Ex-Frosches ist so selbstbewusst, dass es den äußerst cholerischen König erstens davon überzeugt, dass Garulfo ein echter Prinz sein müsse, und zweitens, dass es sich bei der Magd eventuell um eine uneheliche Tochter seinerseits handeln könnte.
Doch nicht jeder am Hofe ist von dem Neuankömmling angetan, so dass sich Garulfo schon bald im Mittelpunkt von Intrigen und Eifersüchteleien wiederfindet. Immer mehr erkennt der Frosch in Zweifüßergestalt, dass die Menschen keineswegs die edelmütigen Wesen sind, die er in ihnen zu sehen glaubte. Als schließlich am Hofe seine Aufschneidereien ruchbar werden und die unschönen Erlebnisse überhand nehmen, fällt es ihm daher nicht schwer, die Hexe um die Rückverwandlung zu bitten. Er muss sie nur noch überzeugen.

Mit dem vorliegenden Hardcover kehrt in einer deutschen Neuausgabe als Doppelband, welcher die beiden Einzelalben »Vom Teich ins Schloss« und »Vom Regen in die Traufe« umfasst, eine der einnehmendsten Figuren frankobelgischer Funnies zurück. Obgleich sich Garulfonicht hinter Klassikern wie Asterix, Lucky Luke oder Gaston zu verstecken braucht, war dem kleinen Frosch in Deutschland bisher nicht der Erfolg beschieden, den er verdient hätte.
Alain Ayroles’ skurriles Setting strotzt vor Situationskomik, mit leichter Hand verfassten, spritzigen Dialogen und persifliert ein ums andere Mal Mantel- & Degen-Filme sowie das klassische Grimm’sche Märchen; seine Figuren sind verschrobene Typen, denen selbst dann ein sympathisches Flair anhaftet, wenn sie weniger sympathische Dinge veranstalten. Bei allem Humor bleibt die Geschichte dennoch spannend beziehungsweise unvorhersehbar, voller kleinerer oder größerer Überraschungen und bietet zu guter Letzt eine sensible, nicht moralinsaure Reflexion über das Wesen des Menschen.

Das Artwork – die Zeichnungen Maïoranas sowie die Kolorierung Leprevosts – stellen eine nahezu perfekte Visualisierung des Ayroles’schen Hintergrundes dar. Der leichte Duktus des Zeichners, dem es trotz einer unverkennbaren Reduktion insbesondere der Gesichter der Figuren – aber auch des Ambientes – auf markante Merkmale gelingt, Atmosphäre und humorvoll-stimmige Bildaussagen zu generieren, sowie die kräftige, lebendig-warme Farbgebung strahlen eine so freundliche Beschwingtheit aus, dass man das Album mit Fug und Recht als Papier gewordene »Gute Laune« bezeichnen kann.

Editorisch rundet »Ein kleiner Blick hinter die Kulissen«, der auf sieben Seiten Einblicke in Vita und Schaffen Ayroles und Maïoranas sowie kurze Steckbriefe zu den Hauptprotagonisten des vorliegenden Comics bereithält, dieses exzellente Hardcover-Album ab.

Fazit: Die gleichermaßen urkomische wie tiefsinnige und im wahrsten Sinne des Wortes fabelhafte Geschichte sowie das spielerisch-leichte Artwork machen »Garulfo« zu einem Highlight frankobelgischer Funnies.