Miles Cameron: Der Roter Ritter (Buch)

Miles Cameron
Der Rote Krieger
(The Red Knight)
Aus dem kanadischen Englisch übersetzt von Michael Siefener
Heyne, 2013, Paperback mit Klappenbroschur, 1166 Seiten, 16,99 EUR, ISBN 978-3-453-31441-2 (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

Dank seiner Ritter leben die Menschen im Königreich Alba in relativem Wohlstand und Frieden. Die Bestien der Wildnis, unheimliche, magische Kreaturen, wurden vor Generationen gebannt, die Grenze durch Festungen gesichert. Doch immer wenn sich Routine einschleicht, wenn der Sinn für Gefahr verkümmert und die Aufmerksamkeit nachlässt, regt sich das Böse, sucht und findet ein Schlupfloch oder eine Gelegenheit und macht sich auf, den Status Quo zu erschüttern.

Drachen, Bestien und Magier warten nur darauf, sich an dem reich gedeckten Tisch des Reiches zu bedienen, einzufallen, zu brandschatzen und zu morden. Ein Magier steckt hinter den Angriffen, und es ist an den Rittern, zu versuchen ihn aufzuhalten. Doch ihre Chancen stehen nicht gut, sind sie doch entweder in Arroganz erstarrt oder von Eigennutz getrieben. Allein der Rote Ritter, Anführer einer Schar von Briganten und Söldnern, der von einer Äbtissin gerufen wird, ihr Kloster gegen die Angriffe der Wildnis beizustehen, ahnt, was auf dem Spiel steht. Der Kampf entbrennt und er ahnt, dass er diesen nicht wird gewinnen können…

Der Heyne Verlag hat auf das gewaltige Fantasy-Epos werbewirksam vorne einen Sticker angebracht, der den Roman allen Fans der „Game of Thrones“-Serie empfiehlt. Nun ist dies in letzter Zeit, seitdem die Verfilmung des Fantasy-Zyklus’ aus der Feder George R.R. Martins für Furore sorgt, gängige Übung der Verlage, gleich ob es eine inhaltliche Verbindung gibt oder nicht, mit dem Bestseller zu werben. Vorliegend aber ist der Vergleich gar nicht einmal weit hergeholt, sind Parallelen feststellbar, wobei Cameron ganz auf eigenen Wegen reist. Hier wie dort zeichnet der Autor das Bild einer Welt, die Realität atmet. Es gibt keine Guten oder Bösen, sondern immer nur Menschen, die von nachvollziehbaren Motiven angetrieben handeln. Es geht um Macht und Reichtum, Sex und Politik, Aufstieg und Fall innerhalb einer Gesellschaft.

Ähnlich wie Martin präsentiert uns Cameron seine Welt durch mannigfaltige Blickwinkel. Immer wider wechselt die Perspektive, treten andere Protagonisten ins Rampenlicht, beschreibt der Autor uns Geschehnisse, die zunächst wenig oder nichts miteinander zu tun haben, die erst in der Rückschau wichtig werden. So zeichnet er seine handlungsrelevanten Gestalten, hinterfüttert diese mit einer immer wieder in kleinen Episoden oder Erinnerungen aufblitzenden Historie und zeichnet eine archaische Welt, die gerade durch diese Art des Erzählens sehr detailliert und in sich überzeugend wirkt. Das sind beileibe nicht immer sympathische Gestalten, sie sind arrogant, mitleidlos und intrigant, ja handeln grausam – aber eben auch immer wieder auch mutig, selbstlos oder von Pflicht oder Mitleid getrieben. Wie das Leben selbst bildet der Autor hier einen Querschnitt an Charakteristika ab.

Angereichert hat er diese Welt dann noch mit einer seltenen Ausprägung von magischen Geschöpfen. Das sind keine wohlmeinenden, weisen Drachen, auch keine schatzhütenden Lindwürmer, sondern wilde, intelligente Bestien, die als Jäger ihre Beute gnadenlos und unermüdlich verfolgen. Es gibt wilde Kämpfe, jede Menge Geheimnisse, Intrigen und Verrat; der Plot packt den Leser und lässt ihn bis ins Finale nicht mehr los.