Star Trek: Spiegelbilder (Comic)

Star Trek
Spiegelbilder
(Star Trek: Mirror Images)
Text: Scott & David Tipton
Zeichnungen: David Messina & Sara Pichelli
Farben: Ilara Traversi & Giovanna Niro
Übersetzung: Christian Langhagen
Lettering: Rowan Rüster
Cross Cult, Paperback, 128 Seiten, 14,80 EUR, ISBN 978-3-941248-42-7 (auch als Hardcover erschienen, 19,80 EUR, ISBN 978-3-941248-43-4)

Von Frank Drehmel

Innerhalb des Einerleis der »Star Trek«-TV-Shows erfreuen sich Folgen, die im sogenannten Spiegeluniversum – einer Paralleldimension, in der die Dinge rein physisch denen des regulären ST-Canons entsprechen, in der aber ansonsten in Bezug auf die politischen Strukturen und die Charaktere die Luzi abgeht – angesiedelt sind, insbesondere bei gewaltaffinen Spätpubertierenden aufgrund der martialischen und machiavellistischen Prämissen außerordentlicher Beliebtheit. Da wird intrigiert, gefoltert und gemordet, dass man den Wald vor lauter Gewalt nicht sieht.
Nachdem dieses düstere Zerrbild von »Realität« vor gut zehn Jahre in einer Roman-Trilogie den belletristischen Teil des Franchises gleichsam deflorierte, geht man nun auch im Comic-Segment mit der Spiegeluniversum-Idee schwanger.

Die Gebrüder Tipton führen uns in ihrer Haupt-Story zurück in gute alte TOS (The Original Series)-Zeiten, in denen Kirk als junge, skrupellose, ehrgeizige Nummer Eins – wie gesagt: Spiegelein, Spieglein .… – mit aller Kraft am Stuhl seines Captains – Pike – nicht nur sägt, sondern auch gerne mal ein kleines Bömbchen legt. Pike seinerseits ist als Alpha-Männchen in diesem sozialdarwinistisch organisierten Universum nicht mit dem Klammerbeutel gepudert und erwartet geradezu insubordinatives Verhalten seines Stellvertreters, scheut allerdings ebenso wie Kirk den offen Schlagabtausch. Da die Loyalitäten innerhalb der Mannschaft alles andere als in Stein gemeißelt sind, entbrennt ein lustiges Intrigenspiel, in dem McCoy als Doppelagent beide Kontrahenten mit Informationen versorgt, Spock aus logischen Erwägungen ebenso wie Scotty für Kirks Seite Partei nimmt, während Sulu und seine Sicherheitsmannen im Dienste Pikes stehen.

In einem kurzen Zwischenspiel zeigen uns die Tiptons einem jungen Picard, der nicht zögert seinem feigen und taktisch schmalbrüstigen Captain ein Messer in den Rücken zu treiben, die Führung des Schiffes an sich zu reißen und quasi dem gesamten Universum den Krieg zu erklären.

Die beiden Geschichten selbst strotzen – wie das Spiegeluniversum-Konzept generell – zwar nicht vor kreativer Energie und Originalität, aber ein gewisser Charme ist ihn allein schon deshalb nicht abzusprechen, weil das perfide Spiel der und mit den Figuren die gehässigen Saiten in einem zum Klingen bringt. Aber das war es dann auch schon.
Plausibilität oder eine Idee, wie sich unter den besonderen »dystopischen« Prämissen auf Dauer stabile Gesellschaftsstrukturen und funktionierende Hierarchien entwickeln können, sind nicht zuletzt wegen der äußerst sparsamen Dialoge nicht einmal andeutungsweise auszumachen, so dass die Geschichte grundsätzlich ein Hauch von Lächerlichkeit umgibt. Zudem fehlt den Figuren in ihrem unerklärten und unerklärlichem Bestreben, Böses zu tun, jegliche Tiefe und Ambivalenz, erscheinen sie wie die Karikaturen von Popanzen, vor denen so viel Bedrohlichkeit ausgeht, wie von Pittiplatsch und Schnatterinchen.

Das Artwork Messinas und seiner Co-Künstler ist – um es kurz und schmerzvoll zu machen – visuell sterbenslangweilig. Zunächst sind physiognomische Ähnlichkeiten mit toten oder lebenden Personen in der Regel so vage, dass man sich ein ums andere Mal bewusst machen muss, wer dort gerade agiert. Allerdings ist der Grad der Beliebigkeit unterschiedlich: während sich McCoy und Spock aufgrund markanter Merkmale – Tränensäcke und spitze Ohren – gelegentlicher Identifizierbarkeit erfreuen, wirken die Gesichter der beiden Hauptprotagonisten – Pike und Kirk – vollkommen nichtssagend. Trüge der eine nicht permanent ein ärmelloses »Dirty Dancing«-Shirt, würde man die beiden für ein anonymes, zänkisches Zwillingspärchen halten.
Die visuelle Tristesse findet ihre Fortsetzung in statisch angeordneten statischen Bildern, in textur- und detailarmen Figuren bzw. Hintergründen – einige Ausnahmen lassen den Rest um so toter erscheinen – sowie einer dunklen, distanzierten, einschläfernd kalten Koloration, die keinerlei fesselnde Atmosphäre generiert.

Fazit: Zwei leidlich unterhaltsame Geschichten und ein lebloses Artwork machen diesen Band lediglich für TOS-Jünger unter den Trekkies wirklich empfehlenswert, da sie durch den Blick in die Spiegel-Hölle ihren quasi-religiösen Glauben an den heiligen Roddenberry untermauert sehen können.