phantastisch! Ausgabe 49 (Magazin)

phantastisch! Ausgabe 49
Atlantis, 2013, Magazin, 68 Seiten, 5,30 EUR (auch digital erhältlich)

Von Armin Möhle

„Der Hobbit“ ist in den bundesdeutschen Kinos zwar bereits gelaufen (beziehungsweise der erste Teil, naja …), die „phantastisch!“ 49 bietet dennoch zwei Artikel zu diesem Thema an. Als Nachzügler …?! Aber nicht zu der Verfilmung. In „Auf den Hobbit gekommen“ von Christian Endres berichtet nicht nur der Autor darüber, wie es zu seinem ersten Kontakt mit „Der (kleine) Hobbit“ als Buch kam, sondern auch von dem der Autoren Markus Heitz, Bernd Frenz und Jonas Wolf sowie der Zeichner David Wenzel und David Petersen. Sie wissen die Faszination, die vor allem die erste Lektüre des „Hobbits“ auf sie ausübte, zu vermitteln.

„Wo die wilden Hobbits wohnen“ offenbart Tony DiTerlizzi. Äh, nein, natürlich nicht. Sondern über den Zeichner Maurice Sendak, der Titelbilder und Innenillustrationen für Kinder- und Jugendbücher schuf. Und der Ende der sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts beinahe eine Neuausgabe des „Hobbits“ illustriert hätte. Ein Missverständnis zwischen Tolkien und Sendak sowie seine Erkrankung verhinderten dies. Eine interessante Randnotiz in der Publikationsgeschichte der verschiedenen Romane und Kurzgeschichten, die Tolkien in seiner Mittelerde ansiedelte.

Der interessanteste Artikel in dieser „phantastisch!“-Ausgabe ist zweifellos „Kassiber – Verbotenes Schreiben“ von Achim Schnurrer. Er fasst zusammen, unter welchen Umständen Autoren, die meist aus politischen Gründen inhaftiert waren, ihre schriftstellerische Arbeit im Gefängnis fortsetzten. Dass es sich dabei nicht um Autoren der Fantastik (im weitesten Sinn) handelt, mindert die Relevanz des Artikels selbstverständlich nicht. In seiner Serie „Klassiker der phantastischen Literatur“ stellt Achim Schnurrer mit Sergey Prokofjev (1891 – 1953) einen Autor vor, der zwar auch politisch verfolgt (in der UdSSR), aber offenbar nicht inhaftiert wurde und dessen fantastische Erzählungen wohl nur einen geringen Teil seiner kreativen Aktivitäten darstellten; vor allem arbeitete Prokofjev nämlich als Komponist.

Einen modernen Klassiker der Science-Fiction-Literatur bringt Hermann Ibendorf in das Gedächtnis der Leser zurück: „‚Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen ...‛ – … und andere politisch unkorrekte Ansichten“. Er stellt die inhaltlich bahnbrechenden „Dangerous Visions“-Anthologien des US-amerikanischen Autors und Herausgebers Harlan Ellison vor. Zwei davon sind als Originalausgaben erschienen, die dritte, die umfangreichste, erwartet noch ihre Veröffentlichung. Die erste „Dangerous Visions“-Anthologie erschien 1970 zweigeteilt und gekürzt bei Heyne, von der zweiten sind nur einzelne Kurzgeschichte auf Deutsch veröffentlicht worden. Ein Trauerspiel, wenn man bedenkt, welche literarischen Schätze sich in den „Dangerous Visions“-Anthologien verbergen müssen!

In einem größeren Ausmaß als üblich sind Beiträge über Comics in der „phantastisch!“ 49 vertreten. Sonja Stöhr stellt in „Es war einmal in New York“ umfangreich die Serie „Fables“ vor, und Christian Endres nimmt „Abschied von einer Comic-Legende“, nämlich von dem im vergangenen Jahr verstorbenen Zeichner Joe Kubert.

Die Auswahl der Interviewpartner in der vorliegenden Ausgabe ist sehr vielfältig. Neben dem bereits etablierten und inhaltlich breit gefächerten Autor Bernd Perplies, der Fantasy-, Post Doomsday- und „Perry Rhodan“-Romane verfasst hat, wird auch mit den Brüdern Tom und Stephan Orgel gesprochen, die mit „Orks vs. Zwerge“ (Heyne, 2012) gerade ihr erstes Werk vorgelegt haben. Mit Carsten Polzin wird der Herausgeber der Fantasy-Reihe des Piper Verlages interviewt und mit Andrea Sorrentino ein Comiczeichner, Letzterer kürzer als die anderen Gesprächspartnern. Und wieder ist festzustellen, dass es sich bei den Interviews keineswegs um ein stereotypisches Frage- und Antwortspiel handelt, sondern dass die Interviewer die Arbeiten und Aktivitäten ihrer Gesprächspartner kennen und individuell darauf eingehen.

Die einzige Kurzgeschichte in dieser Ausgabe stammt von Armin Rößler. Auf einem Planeten haben sich Menschen eingerichtet, ohne die Möglichkeit, mit ihrer Heimat Kontakt aufzunehmen und in sie zurückzukehren. Der jugendliche Protagonist macht sich mit seinem einheimischen Pendant auf dem Weg, um „Feuergeister“ zu suchen – und findet ein Raumschiff, das ein funktionsfähiges Funkgerät enthält! Das ist simpel gestrickt; es wird nicht klar, ob das entdeckte Raumschiff eines der Menschen ist und ob es der Protagonist oder zumindest seine Eltern bedienen können (naja, oder zumindest nur das Funkgerät…).

Auch die Nr. 49 ist eine solide, lesenswerte Ausgabe des „phantastisch!“-Magazins, nach der das große Jubiläums unmittelbar bevorsteht und, wie sollte es anders sein, Erwartungen weckt.