Erik Schreiber (Hrsg.): Geheimnisvolle Geschichten: Piraten, Piraten! (Buch)

Erik Schreiber (Hrsg.)
Geheimnisvolle Geschichten: Piraten, Piraten!
Titelillustration von Crossvalley Smith
Saphir im Stahl, 2013, Hardcover, 310 Seiten, 15,95 EUR, ISBN 978-3-943948-02-8

Von Carsten Kuhr

Piraten – was weckt dieses Wort nicht für Assoziationen in uns allen. Nicht erst seit den Erfolgen der Filme um die Karibikpiraten sind die Freibeuter der Meere in aller Ohren. Verbrecher waren sie, gnadenlose Mörder, und doch hat es Hollywood verstanden, aus ihnen Helden zu machen die aufrecht und mit Ehre ihre Freiheit gegen die Kolonialmächte verteidigt haben. Auf allen Weltmeeren waren und sind sie heute noch unterwegs, die Realität hat dabei wenig, eher wohl nichts mit dem verklärten Bild, das wir uns von ihrem Leben machen, zu tun.

Statt Gentlemen-Gauner sind das gnadenlose Schlächter, die damals wie heute auf unschuldige Opfer losgehen und dabei an Brutalität kaum zu überbieten sind. Dennoch weckt der Titel natürlich Interesse, hofft man im Buch auf romantische, packende Abenteuer satt.

Bevor ich zum Inhalt komme, muss kurz Zeit für ein paar Worte zur äußeren Gestaltung sein. Die Bücher des Verlags sind hervorragend gemacht. Hardcover in einem sehr angenehm in der Hand liegenden Format, dazu teure, dafür auch haltbare Fadenheftung, ein farbenprächtiges Original-Cover aus der Werkstatt von Crossvalley Smith, gutes Papier und ein sauberer Druck – das lässt bibliophile Herzen höherschlagen.

Inhaltlich erwartet eine wahre Tour de Force auf den Leser. Da wechseln sich Mini-Beiträge mit längeren Geschichten ab, geht es um Geheimnisse, Kämpfe, Seeschlachten, Schätze, Liebe und Tod aber auch immer einmal am Rande um übernatürliche Vorgänge. Verbindendes Glied ist immer der Freibeuter der Meere.

Qualitativ hat der Herausgeber den Bogen weit, manches Mal zu weit, gespannt. Es sind Beiträge unter den insgesamt 21 Geschichten, für die eine Veröffentlichung klar zu früh kam. Hier hätte ein Lektorat oder das eine oder andere Mal auch eine fundierte Ablehnung eines Beitrags der Gesamtanthologie gedient. Aber es sind auch Geschichten enthalten, die das Buch lesenswert machen. Etwa, wenn uns Petra Jörns in „Lady Janes Kinder“ eine ebenso emotional aufrüttelnde wie packende Geschichte einer Frau, gefangen zwischen gesellschaftlichen Zwängen und ihrer Liebe, erzählt. Oder Andreas Zwengel, der uns in „Teufelsdreieck“ nicht nur einen gar ungewöhnlichen Unterschlupf von Piraten vorstellt, sondern mit Captain Baker auch eine Freibeuterin, auf deren Kopf ein solch hohes Kopfgeld ausgesetzt ist, dass selbst ihre Kollegen gierige Augen bekommen. Die für mich ergreifendste Geschichte war Jana Gengnagels „Nasses Grab“, in der sie vom Schicksal eines elfischen Sklaven berichtet, den ein Pirat vom Auktionsblock entführt. Ohne hier zu sehr ins Kitschige abzuschweifen, ohne auf bekannte Versatzstücke entsprechender Bücher zurückzugreifen, erzählt sie uns stringent, die Charaktere aber dennoch sorgfältig ausgearbeitet, von dem Schicksal des Elfen und seiner Erlösung. Bei Karsten Beuchert, der als einziger Autor mit zwei Beiträgen vertreten ist, darf in „Klabauterfrau“ nochmals, der Titel weist den Weg, eine Frau an Bord dienen. Dass ihre untote Schwester auf dem Schiff mitfährt, ahnt sie zunächst nicht. Der Herausgeber selbst beschließt den Reigen der Erzählungen mit „Hisst die Piratenflagge, einer packend aufgezogenen Geschichte, in der die Schiffe auf warmen Luftströmen reisen und die Piraten ihre Auseinandersetzungen in luftigen Höhen austragen.

Alles in allem ein Buch, das für jeden Geschmack etwas bereithält, das bei den Beiträgen aber große Schwankungen in Bezug auf stilistische und erzählerische Fähigkeiten aufweist.