Marvel Graphic Novel: Avengers (Comic)

Brian Michael Bendis
Marvel Graphic Novel: Avengers
Aus dem Amerikanischen von Michael Strittmatter
Titelillustration und Zeichnungen von Gabriele Dell’Otto
(New Avengers Annual 1 + Avengers Annual 1, 2011/2012)
Panini, 2013, Hardcover, 84 Seiten, 16,95 EUR, ISBN 978-3-86203-604-4

Von Irene Salzmann

Stellen die Avengers einen Schutz für die Menschheit dar – oder eher eine Bedrohung? Katastrophen wie „M-Day“, „Civil War“, die Schaffung von unerbittlichen Menschenfeinden oder manipulierbaren Superhelden wie Ultron und Sentry haben viel Leid über Unbeteiligte gebracht, und die involvierten Avengers wurden selten zur Verantwortung gezogen.

Wonder Man war schon vieles: Filmstar, Schurke, Held, tot, wiederauferstanden. Zusammen mit den Revengers, die er um sich scharen konnte, greift er das Hauptquartier seiner Freunde an und will dadurch ein Zeichen setzen, um Gehör zu finden – das der Avengers und vor allem das der Öffentlichkeit, die gar nicht weiß, in welcher Gefahr sie sich zeitweilig befindet. Dank des Überraschungseffekts geht Wonder Mans Plan zunächst auf, doch dann formieren sich die Avengers neu und schlagen zurück…

Ist man ehrlich, dann hat diese Geschichte keine wirkliche Handlung. Wonder Man als Hauptfigur versucht, Zweifel in seinen Kollegen zu wecken, ob ihr Handeln wirklich immer richtig ist, denn in Krisenzeiten setzen sie sich über alle Instanzen hinweg, und es gibt niemanden, der sie aufhalten oder für Fehler bestrafen könnte. Dass er Gewalt anwendet, um Aufmerksamkeit zu erlangen, sorgt zwar für einige dynamische Szenen, doch Spannung will dabei nicht aufkommen. Außerdem heiligt der Zweck nun mal nicht alle Mittel, sodass sich Wonder Man, obwohl er Positives bewirken will, ins Unrecht setzt.

Infolgedessen sehen die Avengers ihn und seine Helfer als fehlgeleitete Aggressoren, die gestoppt werden müssen. Eine Aufklärung der Öffentlichkeit wird verhindert, stattdessen schüren alle Aktionen nur das allgemeine Misstrauen gegenüber den Superwesen. Es finden kein Dialog statt, kein Umdenken, die fragile Situation wird bloß verschärft. Damit hat Wonder Man zwar nicht erreicht, was er bewirken wollte, doch scheint er halbwegs zufrieden zu sein.

Allerdings geht es in diesem Band weniger um die Story von Brian Michael Bendis („Sam & Twitch“, „Ultimate Spider-Man“, „Star Trek: Deep Space Nine“ etc.) als um die aufwändig gemalten Illustrationen von Gabriele Dell’Otto, der seine Karriere unter anderem als Cover-Zeichner für den europäischen Markt von Marvel und DC begann und schon bald größere Aufträge erhielt („X-Force: Sex & Violence“, „Secret War“, „Spider-Man, der Avenger“ und so weiter).

Die Bilder sind auch wirklich prächtig, realistisch und dynamisch, die Panels abwechslungsreich gesetzt. Das Cover ist repräsentativ für den Inhalt. Ergänzt wird der Band durch Skizzen, ausgeführte und (teils) getuschte Zeichnungen.

Auch wenn die Story hinter ihren Möglichkeiten zurückbleibt und der Schwerpunkt auf den Illustrationen liegt, so stellt die aufwändig erstellte Graphic Novel ein schönes Sammlerstück dar, das sich Marvel-Fans nicht entgehen lassen sollten.