Rolf Krohn: Bunte Lichter (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 30. März 2013 13:41

Rolf Krohn
Bunte Lichter
Umschlagbild: Mario Franke
TES, 2013, Paperback, 200 Seiten, 12,80 EUR, ISBN 978-3-932655-45-6
Von Gunther Barnewald
Neun Kurzgeschichten von Autor Rolf Krohn enthält der vorliegende Band und ist damit seit langer Zeit endlich mal wieder ein Lebenszeichen des wunderbaren Autors. Leider finden sich in dieser Kurzgeschichtensammlung nur zwei bis drei wirklich überzeugende Geschichten wieder, der Rest ist zwar immer gut lesbar und auch einigermaßen spannend, kann jedoch in puncto Einfallsreichtum den älteren Arbeiten des Autors leider kaum das Wasser reichen. Selbst der ansonsten brillante Stil Krohns kommt vor allem in den ersten Storys nicht recht zur Geltung, da die Erzählungen oft zu kryptisch und vor allem umständlich aufgebaut erscheinen.
In „Goldlicht” hatte ein junger Erfinder eine Millionenidee, indem er ein Energieschutzschild konstruierte, welches eine Paradiesinsel in den Tropen schützen und mit perfektem Klima versorgen soll. Ein Projekt für die Reichen und Betuchten. Leider endet die unausgegorene Erfindung in der Katastrophe für alle Beteiligten (Na ja, den reichen Geldsäcken gönnt man sowas ja! Wer würde hier die Neidkarte spielen wollen?). „Silberlicht” berichtet von einem sterbenden Römer, der auf dem Totenbett seinem Erben ein besonderes Fundstück anvertraut und ihm erzählt, dass er es dereinst auf einem allzu seltsamen Schiffswrack ganz ohne Ruder und Segel gefunden hatte. In „Smaragdlicht” zerstört ein zorniger Mann die Erde durch seine mangelnde Vorsicht. Bei „Bernsteinlicht” muss ein Wissenschaftler in der hessischen Wetterau erkennen, dass die abrupt eingetroffene Kamera aus der Zukunft seinen Untergang genau so prophezeit wie den vieler anderer Deutscher (Armes Hessen! Aber mit uns „Wessis” kann man es ja machen!)... In „Kobaltlicht” kann ein Mann seine Freundin nur dank einer Zeitreise vor einem tödlichen Busunfall retten. „Granatlicht” erzählt von polizeilichen Ermittlern in Russland, die erkennen müssen, dass die Natur selbst zum Täter wird. „Rubinlicht” berichtet von der Entdeckung eines Mannes, dem klar wird, dass sein Wissen in den Händen von Terroristen oder Diktatoren den Untergang der Menschheit herbeiführen könnte, auch wenn er selbst nur einen Zipfel der Wahrheit erhascht hat. „Perllicht” erzählt von einem einsamen Wanderer im herrlichen und wunderschönen Polenztal in der Sächsischen Schweiz, der sich, nach einem heftigen Gewitter und dank eines seltsamen Unterschlupfs, plötzlich an einem völlig anderen Ort wiederfindet. In „Türkislicht” müssen die irdischen Terraformer der Venus entdecken, dass der Planet einer der Orte sein muss, an dem menschliche Seelen nach deren Tod wandern…
Erst im letzten Drittel läuft der Autor endlich zu alter Größe auf. Vor allem die erschreckende Geschichte „Rubinlicht” mit ihrem Plot und die wunderbar romantische Story „Perllicht”, welche stilistisch fast an Krohns Meisterwerk „Haltepunkt” denken lässt (ohne deren Frische, Intensität und Glaubhaftigkeit zu erreichen), wissen zu überzeugen. Auch die letzte Erzählung ist spannend und interessant geraten. Bei anderen Geschichten fehlt jedoch die Glaubwürdigkeit (vor allem bei der ansonsten gut konstruierten Story „Granatlicht”), oder sie wirken völlig an den Haaren herbei gezogen. Manchmal verstellen übertrieben ausgewalzte naturwissenschaftliche Details den Blick aufs Geschehen, so wie in der Auftaktstory.
Die mit Abstand kürzeste Erzählung, „Smaragdlicht”, ist auch die deutlich schwächste. Sie ist eine von jenen unsäglichen und schon Millionen Mal gelesenen Weltuntergangsgeschichten, die versierte Leser nur zum Gähnen verleiten können. Und wenn ein Deutscher jemals genervt von Anglizismen wie dem unsäglichen Begriff Handy war, dann schafft es der Autor hier mit der dauernden Verwendung des Begriffs „Moby” für ein Mobiltelefon, das Ganze an Nervigkeit noch zu toppen (denn als Leser muss man sich hier wohl entscheiden, ob man an einen großen, weißen Wal oder an den bekannten US-amerikanischen Elektronikmusiker denken soll, wenn dieser „Begriff” auftaucht, beides nicht unbedingt prickelnde Vorstellungen für des modernen Menschen liebsten Ohranwanzer).
Alles dies ist sehr schade, denn Autor Rolf Krohn hat schon viele tolle Geschichten erdacht und sie oft auch meisterhaft erzählt. Nur leider finden sich im vorliegenden Band davon viel zu wenige.