Soulless 1 (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 23. März 2013 12:48
Gail Carriger
Soulless 1
(Soulless: The Manga, Vol. 1, 2012)
Adaption, Zeichnungen: Rem
Aus dem Amerikanischen von Harriet Fricke
Carlsen, 2013, Hardcover, 230 Seiten, 14,90 EUR, ISBN 978-3-551-76383-9
Von Irene Salzmann
Gail Carriger alias Tofa Borregaard ist eine amerikanische Archäologin, die 2009 ihre ersten fantastischen Romane veröffentlichte. Ihre Serie über das Parasol Protectorate umfasst gegenwärtig fünf Bände und entführt den Leser in ein fiktives viktorianisches England, in dem sich unter die ‚normalen‘ Menschen Vampire, Werwölfe, Personen mit übersinnlichen Fähigkeiten etc. gemischt haben.
„Soulless“, der erste Band dieser Steampunk-Reihe, wurde als Manga umgesetzt; es liegen zwei Bände vor, und die Serie ist noch nicht abgeschlossen. Als Künstlerin konnte man hierfür Rem alias Priscilla Hamby engagieren, die die erste Gewinnerin des Tokyopop Rising Stars of Manga Competition mit ihrem Beitrag „Devil’s Candy“ nach einer Story von Clint Bickham ist. Rem ist außerdem zusammen mit Bikkuri die Gewinnerin des vierten Kodansha International Manga Award mit dem Oneshot „Kage no Matsuri“. In Deutschland kennt man die Mangaka durch den Dreiteiler „Vampire Kisses: Blood Relatives“, geschrieben von Ellen Schreiber.
Miss Alexia Tarabotti ist eine sogenannte Paranormale, eine Seelenlose, die über die Gabe verfügt, anderen Wesen die Seele auszusaugen oder, wenn es sich um Vampire und Werwölfe handelt, sie vorübergehend menschlich werden zu lassen. Auf einem Ball wird sie beinahe das Opfer eines Streuners, eines halb verhungerten Vampirs, der keinen Herrn zu haben scheint. Sie tötet ihn, was sogleich die Ermittler des Bureau of Unnatural Registry, die Werwölfe Lord Connal Maccon und Professor Lyall, auf den Plan ruft.
Es gelingt den beiden, Alexias Beteiligung herunterzuspielen, doch Countess Nadasdy, eine Vampirin, glaubt, mehr von der Paranormalen erfahren zu können und bittet um ihren Besuch. Alexia willigt ein, da sie ebenfalls neugierig ist, denn die Spuren führen zur Countess, die bestreitet, die Herrin des Streuners gewesen zu sein, aber zugibt, dass sie von anderen seiner Art weiß, die sie leider nicht hat retten können.
Kurz darauf wird mehrmals der Versuch unternommen, Alexia zu entführen. Die Unbekannten haben endlich in der Vollmondnacht Erfolg, nachdem sich die Werwölfe in ihre Zellen zurückgezogen haben und ihr Beschützer, der Vampir Lord Akeldama, überwältigt wurde. Jetzt erst erkennt Alexia, wer hinter allem steckt und welche Beweggründe ihn treiben. Für ein grausames Experiment wird sie zu Connal, der nun ganz Wolf ist, in die Zelle gesperrt…
Es ist Gail Carriger hervorragend gelungen, die Atmosphäre des viktorianischen Zeitalters einzufangen. In dieser Parallelwelt versuchen die Menschen und andere Wesen friedlich zu koexistieren. Damit die Regeln eingehalten werden, haben die Agenten diverser Institutionen, aber auch die Anführer der Vampir-Clans und Werwolf-Rudel ein waches Auge auf ihr Umfeld. Alexia Tarabotti, die einzige in England registrierte Paranormale, genießt eine Art Sonderstatus. Zwar wird ihr verwehrt, aktiv für das Bur zu ermitteln, aber sie ist Außenseiterin genug, um sich gewisse Freiheiten erlauben und Nachforschungen betreiben zu können – sehr zum Verdruss ihrer Angehörigen, die sie lieber heute als morgen verheiraten und aus dem Haus haben möchten, und dem von Connan Maccon, der nicht will, dass sich die Frau, die er liebt, in Gefahr begibt. Statt mit ihr über seine Motive zu sprechen, versucht er, ihr seine Gefühle zu zeigen, was jedoch nur zu Missverständnissen führt, da Alexia die Paarungsrituale der Werwölfe fremd sind, sie sogar im Widerspruch zu dem stehen, was man jungen Ladies beibringt. Als Maccon nach einem heftigen Flirt seine Gunst einer anderen zu schenken scheint, zahlt Alexia es ihm mit gleicher Münze zurück, was später vielleicht sogar zu ihrer Rettung beiträgt.
Die sich entwickelnde Beziehung der Beiden hält sich mit der spannenden Handlung die Waage. Ob das in der Buchvorlage auch so ist, kann nur sagen, wer sie kennt. Im Manga jedenfalls hat es vorzüglich geklappt. Die Dialoge des Paares sind spritzig und nachvollziehbar und nicht so übertrieben (dämlich und zu den unpassendsten Gelegenheiten schlüpfrig), wie man es von vielen Paranormal Romances und konventionellen ‚leidenschaftlichen‘ Liebesromanen kennt, in denen die Story an sich zweitrangig ist.
Auch die Illustrationen können sich sehen lassen. Gegenüber „Vampire Kisses“, das schon recht hübsch anzusehen war, hat sich Rem noch einmal gesteigert. Ihre Zeichnungen sind klar, realistisch und sehr apart. Die Personen stehen im Mittelpunkt. Ob es ruhige oder lebhafte Momente sind, die Darstellungen sind abwechslungsreich und überzeugend. Es wird ausgiebig mit Schwarz-Weiß-Kontrasten und vielen Grau-Nuancen gearbeitet.
„Soulless“ 1 ist ein äußerst ansprechender Auftaktband zu einer spannenden Steampunk-Serie, die hoffentlich noch viele weitere Tankobons erleben wird. „Twilight“ mit seinen ewig jammernden Protagonisten der Marke ‚clean‘ war gestern – „Soulless“ mit seinen kecken und kernigen Charakteren ist heute.