Richard Laymon: Night Show (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 16. März 2013 09:15

Richard Laymon
Night Show
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Michael Krug
Titelillustration von Kealan Patrick Burke
Festa, 2013, Taschenbuch, 310 Seiten, 12,80 EUR, ISBN 978-3-86552-204-7 (auch als eBook erhältlich)
Von Carsten Kuhr
Laymon ist mittlerweile Kult in deutschen Bücherstuben. Die Heyne-Taschenbücher haben auflagenmäßig problemlos zu King und Kootz aufgeschlossen, die Fans reißen sich förmlich um seine Bücher. Dass es dabei immer noch einige Romane gibt, die dem Großverlag entgangen sind, beweist vorliegendes Werk. Eine Hommage an den Splatter-Film ist es geworden, die Geschichte einer Rache – aber auch das Bild eines jungen Menschen, der den Bezug zur Realität verloren hat, der halt- und orientierungslos mit seinen Taten Aufmerksamkeit erwecken will, der damit letztlich wohl einen Hilfeschrei ausstößt.
Es fängt mit einem Dummejungen-Streich an. Drei der Jungs aus der örtlichen Highschool in einem kleinen Kaff im Nirgendwo wollen es der eingebildeten Schönen einmal heimzahlen. Linda, die ihre Nase immer hoch in der Luft trägt, die als Cheerleaderin nicht nur mit ihrer umwerfenden Figur sondern auch mit ihre guten Noten glänzt, nimmt die Niemands, die ihr hinterherlaufen, gar nicht wahr. Für sie gibt es nur die Sunny-Boys, Jungs aus reichem Elternhaus oder mit bösem Leumund, mit denen sie sich dann im Gebüsch, am See oder im Cabrio des Daddys vergnügt. Die drei Jungs, die außer in feuchten Fantasien einer wie ihr nie nahekommen werden, kidnappen sie kurzerhand und entführen sie in ein altes Spukhaus. Hier soll sie, ans Geländer gefesselt, zu Tode erschreckt werden. Tony, der Rädelsführer des jugendlichen Trios, nutzt dabei sein Maskenbildner-Talent dazu, sich als Leiche zu verkleiden und mit einem Beil auf Linda loszugehen – so zumindest der Plan. Der gelingt, bis Linda auf der Flucht von einem Auto angefahren wird. Aus dem Koma aufgewacht gibt sie vor, keine Erinnerung an die Ereignisse mehr zu haben – ihr wahrer Plan aber ist, grausame, tödliche Rache zu nehmen. Während sie zwei der Täter in ihrem Heimatdorf zur Strecke bringt, macht Tony sich auf nach Hollywood. Hier stalkt er eine der renommiertesten Maskenbildnerinnen der Horror-Film-Szene, verfolgt diese mit seinen perversen Erschreckungsversuchen und hofft, bei seinem Idol landen zu können – zur Not auch mit ein wenig Nachhilfe…
Zunächst erwartet den Leser ein „normaler“ Laymon. Das Spukhaus, wandelnde Tote, die mit Beilen um sich hauen, entführte junge Schönheiten – das erinnert gewollt an gängige Horror-Movies. Geschickt splittet Laymon dann seine Handlung in zwei zunächst parallel nebeneinander her laufende Handlungsstränge. Zum einen wirft er einen Blick auf die Rache der Beauty-Queen, dann gibt er uns einen fundierten Einblick ins Film-Business der Horrorfilmfabrik Hollywoods.
Was den Roman dann aus der Vielzahl ähnlicher Werke hervorhebt ist, wie er seine Hauptperson Tony zeichnet. Das ist ein junger Verrückter, der eine perverse Befriedigung darin findet, andere, insbesondere junge Frauen und Mädchen seines Alters, zu erschrecken. Je mehr Furcht diese empfinden, desto besser fühlt er sich. Dabei offenbart uns Tony seine Unfähigkeit, sich seinen Mitmenschen auf normalem Wege zu nähern, sich mit ihnen auszutauschen oder zu interagieren. Die unterschwellige Zeichnung des verhaltensgestörten Jugendlichen, der immer tiefer in die Welt seiner Horror-Filme abtaucht, der mit seinen Taten förmlich um Hilfe, um Verständnis für seine Nöte schreit und den doch niemand versteht, ist erschütternd. Das ist gerade in seiner unaufdringlichen Intensität beeindruckend, und sehr geschickt in die Handlung hineingewebt.