Rainer Wekwerth: Das Labyrinth erwacht (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Mittwoch, 13. März 2013 10:04

Rainer Wekwerth
Das Labyrinth erwacht
Titelbildgestaltung von Frauke Schneider
Arena, 2013, Hardcover, 408 Seiten, 16,99 EUR, ISBN 978-3-4010-6788-9 (auch als eBook erhältlich)
Von Christel Scheja
Den jugendlichen Lesern dürfte Rainer Wekwerth durch seine „Damian“-Romane bekannt geworden sein. Nun wendet sich der 1959 geborene Autor einem weiteren populären Thema zu, das gerade den Jugendbuchsektor beherrscht. Allerdings interpretiert er die dystopischen Visionen etwas anders als viele seiner Kollegen und gestaltet damit einen spannenden Thriller, der sich nur bedingt einem Genre zuordnen lässt.
Sieben Jugendliche erwachen nach und nach in einer ihnen fremden Welt. Sie können sich gerade einmal an ihren Namen erinnern, später werden es kurze Visionen sein, die sie daran erinnern, was sie einmal waren. Sie erfahren durch Informationen, die man ihnen zugesteckt hat, dass sie sich in einen riesigen Labyrinth befinden, dass aus mehreren Welten besteht. Allerdings gibt es immer einen Zugang in die nächste Ebene weniger als Personen da sind, so dass am Ende nur einer oder eine überleben kann. Diese Tore müssen sie aber erst einmal erreichen – und die Uhr läuft bereits. Ihnen bleiben nur sechsunddreißig Stunden, den Weg gibt ein Stern vor. Allerdings erhalten sie nur wenige Ausrüstungsgegenstände und müssen schon bald feststellen, dass die Welt, durch die sie sich bewegen, tödliche Gefahren birgt – und unheimliche Verfolger.
Da sie keine andere Wahl haben, versuchen die sieben Teenager so gut zusammenzuhalten, wie sie könnten. Das ist leider nicht gerade einfach, denn einige von ihnen, wie die willensstarke Kathy, haben keine Skrupel, sich in Vorteil zu setzen und notfalls das schwächste Mitglied der Gruppe zu opfern. Allerdings erwacht auch in ihr irgendwann das Gewissen – und in den Ruinen einer zerstörten Stadt kommt es zu einer folgenschweren Entscheidung.
Rainer Wekwerth nutzt einen interessanten Ansatz und führt ihn auch sehr spannend aus. Die sieben Jugendlichen entsprechen zwar den üblichen Archetypen, die man in Büchern für Teenager findet, aber der Autor spielt mit den typischen Verhaltensweisen und überrascht immer wieder mit Entwicklungen, mit denen man so eigentlich nicht gerechnet hatte. Auch verzichtet er darauf, Hauptfiguren zu schaffen, sondern springt immer wieder von einer Figur zur anderen, um die jungen Helden nach und nach lebendig werden zu lassen. Kurze Visionen in die Vergangenheit dienen nicht nur dazu, die Teenager plastischer zu machen, sie sind auch sehr eng mit den aktuellen Ereignissen verknüpft, wie sich allerdings erst im zweiten Teil der Geschichte zeigt.
Spannung entsteht durch die unterschwelligen Bedrohungen, aber auch die Zerrissenheit der Gruppe. Natürlich überlegen sich viele, wie sie am Ende alle Leute durch die Tore bringen können, dann gibt es aber auch die, für die klar ist, dass sie nicht allein mit ihren Ängsten zurückbleiben sondern aus dem Labyrinth entkommen wollen. Verstärkt wird das ganze durch den knappen und anpeitschenden Stil des Autors, der dem Leser in den entscheidenden Szenen keine Möglichkeit gibt nachzudenken. Die Gefahren sind durchaus real, schmerzhaft und tödlich, daher werden zartbesaitetere Leser wohl gelegentlich schlucken müssen. Aber sie werden nicht um ihres Effektes willen eingebaut sondern sind wichtiger Bestandteil für die Entwicklung der Helden und der Handlung selbst.
Am Ende sind erst zwei Welten geschafft, so dass man davon ausgehen kann, den ersten Teil einer Trilogie vor sich zu haben. Aus diesem Grunde darf man sich überraschen lassen, welche Wendungen der Autor noch parat hat, denn schon beiden ersten Prüfungen haben so manche unbekannte Seite der Helden hervorgekitzelt, die man vorher noch nicht einmal ahnen konnte. Dazu kommt eine besondere Nähe durch die realistische Schilderung von Figuren, Umgebung und Gefahren.
Alles in allem ist „Das Labyrinth erwacht“, ein spannender und dramatischer Thriller für ältere Jugendliche und Erwachsene, die sich gerne in ein dystopisches Umfeld entführen lassen, in dem die größten Ängste Gestalt annehmen und die jungen Helden dazu zwingen, sich zu verändern und über sich hinauszuwachsen, wenn sie überleben wollen.