Karsten Kruschel: Das Dickicht – Vilm 03 (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Mittwoch, 13. März 2013 09:48
Karsten Kruschel
Das Dickicht
Vilm 03
Cover: Ernst Wurdack
Wurdack, 2013, Paperback mit Klappenbroschur, 310 Seiten, 12,95 EUR, 978-3-938065-93-8 (auch als eBook erhältlich
Von Gunther Barnewald
Mit dem vorliegenden Episodenroman legt Karsten Kruschel das vierte Werk vor, welches in der von ihm entworfenen Zukunftshistorie spielt. Zugleich ist es das dritte Buch, welches auf dem Regenplaneten Vilm spielt. Wer die beiden vorangegangenen Teile nicht kennt, dem wird es schwerfallen, in die Geschichte hineinzufinden, denn zuviele Seiten spinnen hier Intrigen gegeneinander, zuviel hat die Bewohner des Regenplaneten verändert und sie zu fast fremdartigen Lebewesen gemacht.
Wer jedoch die beiden exzellenten ersten Bücher gelesen hat, der kann sich hier auf eine wunderbare Fortsetzung freuen, die sich nicht nur nahtlos einfügt, sondern auch das Niveau der ersten beiden Werke problemlos wieder erreicht.
Die Opfer des Raumschiffabsturzes sind auf dem Planeten Vilm heimisch geworden, alle überlebenden jungen Unfallopfer haben sich symbiotisch mit einer einheimischen Lebensform verbunden, dem sechsbeinigen „Eingesichtern“ (die so heißen, da viele Lebensformen auf Vilm an der Hinterseite genauso aussehen wie vorne, also dort auch Köpfe und Gesichter haben). Doch nach wie vor bietet die fremde Welt aufregende Geheimnisse. So umspannt ein gigantisches Riesengewächs den Äquator bis fast hoch in die Atmosphäre. Obwohl es jedem naturwissenschaftlichen Gesetz hohn zu sprechen scheint, trennt dieses Dickicht die Südseite von der Nordseite fast hermetisch ab, kann jedoch in seinem Wachstum und seinen Bewegungen durch Duftstoffe gelenkt und angeleitet werden. Ein Teil der Siedler lebt so an, auf und in dem Gewächs.
Aber auch die Mächtigen anderer Welten interessieren sich für dieses seltsame Lebewesen, ebenso wie viele Wissenschaftler. Einer von ihnen ist der mit viel Technik in seinem Körper aufgerüstete „Zentralier“ Sergios Thanassatrides, der die Hypothese aufgestellt hat, dass Dickicht besitze eine hohe Intelligenz. Bei seinen Forschungen stößt er auf eine Wunde in der Riesenpflanze, die ein autarkes Stück des damals abgestürzten Raumschiffs Vilm van der Oosterbrijk enthält. Mit Hilfe der Riesenpflanze kann er es in den Orbit fliegen, wo er und das Artefakt zu einem wichtigen Helfer der Bewohner Vilms werden.
Doch die Versuche anderer Mächte, Einfluss auf Vilm zu gewinnen, werden immer stärker, die Kämpfe immer rücksichtsloser und fordern Opfer. Welches große Geheimnis birgt der seltsame Planet? Und was ist die seltsame Riesenpflanze wirklich? Ist sie intelligent, oder wurde sie von „jemandem“ geschaffen...?
Der Autor ist intelligent genug, nicht alle Karten schon in diesem Buch auf den Tisch zu legen. Das Blatt, welches er ausspielt, hat es aber trotzdem in sich, denn Episodenromane sind eigentlich die am schwierigsten zu meisternde Gattung überhaupt, muss man hierfür doch extrem viele Ideen habe, da fast jede Episode für sich alleine funktionieren muss, als wäre sie eine Kurzgeschichte. Dies gelingt Kruschel allerdings meisterhaft, denn fast jedes Kapitel weist einen eigenständigen Plot auf und könnte für sich alleine stehen, so wie die hier ebenfalls eingefügte Episode „Vom Ursprung der Regendrachen“, die zum Ende des Buchs als „Bonusmaterial“ präsentiert wird und kurz nach der Havarie spielt.
Damit ist auch das dritte Buch, welches auf dem Regenplaneten spielt, wieder ein spannendes Stück Abenteuer-SF geworden, bei dem man zum Glück das Gehirn nicht ausschalten muss, um es zu lesen. Ganz im Gegenteil darf und muss der Leser mitdenken, versteht er ansonsten doch gar nicht, was hier eigentlich vor sich geht. Würde man dem Autor noch die ein oder andere sprachliche Flapsigkeit abgewöhnen, dann ... na ja..., aber vielleicht ist dies auch bereits Teil des Reizes dieser wunderbaren Geschichten.
Wer die ersten beiden auf Vilm spielenden Bücher genossen und geliebt hat, der kann sich über diese tolle Fortsetzung nur freuen und hoffen, dass er als Leser diesen faszinierenden Planeten dereinst nochmals wird besuchen dürfen. Denn dieser Besuch scheint allzeit lohnenswert.