Fähnlein Fieselschweif 1 (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Donnerstag, 28. Februar 2013 10:19
Carl Barks
Fähnlein Fieselschweif 1
Aus dem Amerikanischen von Dr. Erika Fuchs, Johnny A. Grote, Peter Daibenzeiher
Ehapa, 2013, Hardcover, 176 Seiten, 24,99 EUR, ISBN 978-3-7704-3671-2
Von Frank Drehmel
Es gibt mehr Dinge in und um Entenhausen, als einen die Schulweisheit sich träumen lässt. Dazu gehört auch eine obskure Organisation namens „Fähnlein Fieselschweif“, in der selbst Rabauken wie die drei Ducklinge Tick, Trick und Track zwar nicht zu Chorknaben, aber immerhin zu – im wörtlichen Sinne – Pfadfindern werden. Unerschrocken und ideenreich streiten sie, ausgestattet mit Waldmurmeltiermütze und Ehrenabzeichen, für Fauna und Flora, für die Natur und hilflose Lebewesen, seien es nun Menschen in Gefahr oder Wale in Not.
Geradezu legendär sind die Akronyme, mit denen – in der Regel – die Führungsriege der militärisch-hierarchisch organisierten Schweiflinge bedacht wird und bei denen man nicht so recht weiß, ob sie nun aus Respekt geboren sind oder eine Verhohnepiepelung darstellen (wahrscheinlich liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen). Sei es nun der S.C.H.W.A.L.L.E.R. (Schützer wilder Arten, lieblicher Lebewesen und edler Raubtiere), der A.D.M.I.R.A.L. (Ahnungsvoller Dienstoffizier, mutiger und ideenreicher Retter aller Lebewesen) oder der U.U.L.L. (Unverdrossener Umweltschützer und leidenschaftlicher Leser lehrreicher Legenden), innerhalb der einzelnen Storys stellen sie oftmals unabhängig von der Handlung jeweils ein kleines humoristisches Highlight dar, das nicht zuletzt vom Ideenreichtum der Übersetzer zeugt.
Der vorliegende erste Sammelband der auf zwei Bände angelegten Reihe enthält 14 Geschichten, die allesamt aus der Zeichenfeder Carl Barks stammen und die thematisch ein breites Spektrum pfadfinderischen Unternehmensgeistes abdecken. So müssen die Schweiflinge beispielsweise Onkel Dagobert daran hindern, den idyllischen Bärenforst in ein Industrie-Areal zu verwandeln, sie zahlen einem Filmteam einen üblen Schabernack heim, retten einen gestrandeten Wal, den ihr Onkel in Lebertran verwandeln will, schützen archäologische Funde, sammeln tatkräftig Müll, legen sich mit der Hexe Gundel Gaukeley an oder müssen neidvoll anerkennen, dass ihnen die Mädchen vom Schwärmlein Schwalbenschwanz über sind.
Ein wiederholt auftretender Konflikt, der sich wie ein roter Faden durch die Historie des Fähnleins zieht, ist gleichsam ein Kampf der Kulturen: die rücksichtslose Ausbeutung von Umwelt und Lebewesen, personifiziert durch den Erzkapitalisten Dagobert, gegen die Natur-, Tier- und Nächstenliebe, vertreten durch die drei Neffen und ihr Fähnlein. Gemeinsam ist diesen Storys, deren normative Aussagen auch nach 50 und mehr Jahren nichts an Kraft verloren haben, dass die Streiter auf Seiten einer natürlichen Ordnung und Harmonie generell den Krieg gewinnen, auch wenn sie einzelne Schlachten verlieren, und dass die Vertreter der Zerstörung oftmals geläutert aus den Streit hervorgehen, auch wenn dieser Zustand nie von Dauer ist.
Eine weiteres Thema, das in Variationen in den Fieselschweif-Storys immer wieder abgehandelt wird, ist ein Konflikt zwischen den drei Neffen und ihrem Onkel Donald, der – warum auch immer – seinen Schutzbefohlenen Lehren erteilen will, indem er sie hinters Licht führt, oder aber der, von Neid getrieben, seine eigene wenig ruhmreiche Vergangenheit als Pfadfinder zum Anlass nimmt, anzugeben wie eine Tüte Mücken. Auch in diese Situationen erweisen sich die Schweiflinge in der Regel als die Gewinner, nicht zuletzt dank ihres legendären Pfadfinderhandbuchs, einer unbegrenzten und unerschöpflichen Quelle von Weltwissen und Weisheit.
Fazit: Ein unterhaltsamer, kaum moralisierender Exkurs in eine Pfadfinder-Kultur, die uns Deutschen mittlerweile eher fremd ist. Auch wenn die Storys um die Fieselschweiflinge unterm Strich naiv und nicht wirklich systemkritisch sein mögen, so sind sie zumindest im Grundsatz noch immer zeitgemäß.