Alexander Odin: Pandämonium (Buch)

Alexander Odin
Pandämonium
Bastei Lübbe, 2013, Taschenbuch, 414 Seiten, 8,99 EUR, ISBN 978-3-404-16741-8 (auch als eBook erhältlich)

Von Gunther Barnewald

Die junge Naomi muss nach dem überraschenden Tod ihres Vaters, der bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam, nun auch noch verkraften, dass sie mit ihrer Mutter wegen finanzieller Probleme (so hat der Vater seine Lebensversicherung seiner Geliebten vermacht, welche nun deren Familie kassiert, da die Frau mit im Flugzeug saß) in einen Plattenbau im Berliner Osten einziehen muss, wo sie doch vorher im gut situierten Charlottenburg wohnte. Mit der Entfremdung von ihrer Mutter Simone, der sie die gescheiterte Ehe vorwirft, und den zunehmenden psychischen Problemen (sie kann den Tod des Vaters nicht akzeptieren, fremdelt unter Gleichaltrigen immer mehr, versäumt immer mehr Schultage) beginnt ihr das eigene Leben zu entgleiten.

Doch dann ereignen sich unerhörte Dinge in ihrem Hochhaus. Eine alte Nachbarin verwandelt sich in eine Art wahnsinnigen Zombie und massakriert Tiere im Streichelzoo und auch Menschen, bevor sie erschossen werden kann. Auch andere Nachbarn fallen einer neuartigen Seuche zum Opfer und schließlich wird der Plattenbau abgeriegelt und unter Quarantäne gestellt. Leider breitet sich die Krankheit derweil schon in ganz Berlin aus und dann in ganz Europa. Währenddessen kämpfen Naomi und einige Nachbarn um ihr Überleben und versuchen, eine Flucht zu organisieren in eine Welt, in der die Zivilisation gerade zusammenzubrechen beginnt...

Alexander Odin ist eigentlich Autor von Kinder- und Jugendbüchern. Sein erster Roman für Erwachsene glänzt durch formidablen Stil, große Spannung, glaubhafte Charaktere und eine dichte Atmosphäre (zumindest im ersten Teilstück). Umso ärgerlicher ist die im Verlauf der Geschichte immer penetranter werdende Anhäufung von Klischees (vor allem Gut/Böse-Polarisierungen) und die schale christlich-religiöse Mystik, die der Autor hier in Szene setzt. Was als furioser Seuchen-Thriller beginnt, wandelt sich zum unsäglich verquasten Esoterik-Werk, dessen Sujet zudem vom russischen Autor Sergej Lukianenko in seinen „Wächter“-Romanen bereits einmal besser und prägnanter entwickelt worden ist. Anstatt auf Lokalkolorit und die bedrohliche Atmosphäre des abgeriegelten Plattenbaus zu setzen (der hervorragende Autor hätte dazu definitiv die stilistischen Mittel!), konstruiert er eine Weltverschwörung mit biblischen Strippenziehern (deren Ziel natürlich die Apokalypse ist, da sie einfach nur von Grund auf böse sind, so einfach ist dies leider manchmal in einigen Werken), was die Geschehnisse dermaßen unglaubwürdig macht, dass der einigermaßen aufgeklärte Leser irgendwann die Lust am Weiterlesen verliert.

Wäre das Buch schlecht geschrieben und/oder ideenlos, wäre dies nicht weiter tragisch, da man dann ehedem nichts anderes erwarten würde. Da aber sowohl in den stilistischen Fertigkeiten des Autors als auch in der Grundidee viel Potenzial liegt, ist es umso schmerzvoller zu sehen, wie Alexander Odin die tollen Ansätze an die Wand fährt.

Dann vielleicht doch lieber nochmals so innovative Filme wie „Rammbock“, „Shaun of the Dead“ oder „28 Days Later“ schauen, die zeigen, wie man kreativ und durchaus mit Niveau dem Zombie-Thema neue Seiten abgewinnen kann, ohne in unnötigen, abgegriffenen mystischen Klischees zu versinken. Schade um den schönen Ansatz! Aber vielleicht wird beim nächsten Buch alles besser, denn exzellent Schreiben kann der Autor auf jeden Fall.