Clark Ashton Smith: Die Grabgewölbe von Yoh-Vombis – Gesammelte Erzählungen 2 (Buch)

Clark Ashton Smith
Die Grabgewölbe von Yoh-Vombis
Gesammelte Erzählungen 2
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Malte S. Sembten u.a
Festa, 2012, Hardcover, 414 Seiten, 28,00 EUR, ISBN 978-3-86552-089-0

Von Carsten Kuhr

Clark Ashton Smith (geboren am 13. Januar 1893 in Long Valley, Kalifornien; gestorben am 14. August 1961 in Pacific Grove, Kalifornien) gilt zurecht als einer der bedeutendsten phantastischen Erzähler seiner Zeit. Zusammen mit H. P. Lovecraft, Robert E. Howard und später Fritz Leiber prägte Smith mit seinen Erzählungen das damals erscheinende Magazin „Weird Tales“. Aufgewachsen unter ärmlichen Verhältnissen in Kalifornien galt er zwar als erfolgreichster phantastischer Kurzgeschichtenautor seiner Ära, hatte aber Zeit seines Lebens wirtschaftliche Probleme, so dass er sich oft als Pflücker auf den Obstplantagen seiner Heimat verdingte.

Als Autodidakt, den eine hartnäckige Krankheit den Besuch einer weiterführenden Schule verbaute, bildete er sich durch die Lektüre diverser Enzyklopädien. Unterstützt von dem bekannten Poeten George Sterling veröffentliche C. A. Smith 1922 einen ersten Gedichts-Band. Bis 1925 folgten weitere Lyrikbände, danach wandte er sich bis 1935 der Prosa zu. Seine zumeist in mythischen Landschaften (Hyperborea, Atlantis und Zothique) angesiedelten Erzählungen verbinden zumeist klassische Fantasy-Elemente mit der Darstellung einer fremden, in den bedrohlichen Einzelheiten beklemmenden Natur. Darüberhinaus hat er auch immer wieder Elemente der Science Fiction (Zeitreisen, Besuch fremder Planeten, Wesen aus anderen Dimensionen) in seine Geschichten einfließen lassen. Nach zwei Sammelbänden, die in der legendären Bibliothek des Hauses Usher erschienen und bei Suhrkamp als Taschenbücher neu aufgelegt wurden sowie zweier weitere Kollektionen bei Moewig und Suhrkamp wurde es für Jahre ruhig um C. A. Smith. Erst die Wiederentdeckung im Festa Verlag rückte den Verfasser wieder in Licht der Aufmerksamkeit.

Im zweiten Band der gesammelten Erzählungen erwartet den Leser ein bunter Strauß an Geschichten. Den Auftakt machen drei Erzählungen, die inhaltlich reine als Science Fiction anzusehen sind. Nach einem Schiffbruch landet der überlebende Erste Offizier eines Frachters an fremden Gestaden. Der auf der Erde unbekannte Sternenhimmel beweist, dass er weit fort von daheim ist. Die Bewohner der merkwürdigen Stadt, die er entdeckt, nehmen den Mann nicht wahr. Als er in ihrem Tempel Zeuge der Opferung eines Kleinkindes wird, flieht er panisch vor dem dämonischen Götzen dem dort gehuldigt wird in die Weiten des Ozeans.

Ein mittelloser Dichter, der sich von einer Brücke stürzen will, wird in letzter Sekunde vor dem Suizid zurückgehalten. Doch hinter dem distinguierten Mann, der ihn rettet, verbirgt sich ein Wissenschaftler aus Antares. Mit Hilfe eines von diesem entwickelten Geräts versetzt er sich und den Dichter zurück auf seinen Heimatplaneten. Mittels des Zweibeiners will er sich dank einer Prophezeiung zum König aufschwingen…

Ein exzentrischer Forscher hat eine Zeitmaschine entwickelt. Als er diese ausprobiert stellt er fest, dass er bei der Konstruktion die Eigenbewegung der Galaxis nicht bedacht hat. Statt in der Zukunft der Erde findet er sich auf fremden Planeten wieder.

Danach wendet sich der Autor unheimlichen Topics zu. Sei es, dass das Haupt der Medusa, einst von Perseus von ihrem Körper getrennt, einen einsamen Reisenden in London heimsucht, oder ein Erbe den Tod des Vorfahren, der als Hexer auf dem Scheiterhaufen brannte, miterlebt; hier warten stimmungsvolle Horror-Szenarien auf den Leser. Danach geht es wieder ins All – auf dem Merkur wird ein Astronaut von einer intelligenten Rasse gefangen und als Zutat bei der Herstellung eines metallenen Schutzstoffes auserkoren. Es folgt ein ganz normaler Mord. Eifersucht ist mit im Spiel, als ein Forscher den Mann, der ihn ausbeutet, ihm die Liebe seines Lebens genommen hat, mittels Gift tötet. Doch wie erstaunt ist der Mörder, dass es plötzlich zwei Leichen gibt… Im nächsten Beitrag wendet sich der Autor auf ganz eigene Weise einem Gruselthema zu: das alte Herrenhaus, das ein Geheimnis in seinen Mauern birgt – ein Ghoul versucht seinem Gefängnis zu entkommen. Es folgt die Geschichte zweier Orchideenforscher die am Oberlauf des Orinoko forschen. Als einer der Beiden eine altes, vergessenes Inka-Grab besucht, findet er dort weder Gold noch Juwelen, dafür wartet eine grausame Überraschung auf ihn… Danach finden sich die drei Erzählungen Smith’ Mars-Zyklus’. In den herausragenden Beispielen extraterrestrischen Horrors, die in dem rekonstruierten, ungekürzten Originalzustand vorgelegt werden, begegnet der Leser dem Grauen. Unralte, von ihren Bewohnern verlassene oder aufgegebene Städte, in deren verwitterten Mauern Überbleibsel tödlicher Heimsuchungen ebenso lauern, wie unbegreiflich alte Lebewesen von anderen Planeten

Das Buch beweist einmal mehr, wie vielfältig das Oeuvre Clark Ashton Smith ist. Gruselthemen, klassische Horrorszenarien und Fantasy ähnliche Beiträge wechseln sich mit Science-Fiction-Plots ab. Allen aber ist immer gleich, dass das unbegreiflich Fremde, das fürchterlich Andere thematisiert wird. Trotz der Jahrzehnte, die die Erzählungen mittlerweile auf dem Buckel haben, wirken sie nach wie vor frisch, lesen sich in ihren Neuübersetzungen oder den Erstübertragungen packend und fesselnd. Längst überfällig setzt der Festa Verlag mit der Gesamtausgabe dem Autor ein Denkmal, das auch heutige Leser kennen und schätzen sollten.

Deutschsprachige Veröffentlichungen des Autors:
1982: Saat aus dem Grabe (Insel Verlag BdHU, st765)
1983: Planet der Toten (Insel Verlag BdHU, st864)
1985: Poseidonis (Moewig Band Nr. 1819)
1988: Das Haupt der Medusa (st1575)
2001: Necropolis (Festa)
2011: Die Stadt der singenden Flamme: Gesammelte Erzählungen 1 (Festa)