James Bond 1: Casino Royale, Ian Fleming (Buch)
- Details
- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 03. November 2012 11:07
Ian Fleming
James Bond 1
Casino Royale
(Casino Royale, 1953)
Übersetzung aus dem Englischen von Stephanie Pannen und Anika Klüver
Titelbild von Michael Gilette
Cross Cult, 2012, Taschenbuch, 240 Seiten, 11,80 EUR, ISBN 978-3-86425-070-5 (auch als eBook erhältlich)
Von Frank Drehmel
Rechtzeitig anlässlich des 50jährigen Jubiläums der „James Bond“-Kinofilm-Reihe startet Cross Cult, der bislang eher – aber nicht nur – in der Phantastik (und hier insbesondere im Comic-Segment) seine Themen-Schwerpunkte sah, eine „James Bond“-Romanreihe. Den Beginn markiert, ganz der Veröffentlichungs-Chronologie der Erstausgaben folgend, in ungekürzter und „originalgetreuer“ Übersetzung mit „Casino Royale“ der 1953 erschienene Auftaktband eines der erfolgreichsten und langlebigsten Phänomene der Unterhaltungsindustrie.
Der britische Geheimdienst entsendet einen seiner Doppel-Null-Agenten, James Bond alias 007, mit einem delikaten Auftrag in die französische Stadt Royale-les-Eaux: Er soll im dortigen mondänen Casino gegen den sowjetischen Agenten Le Chiffre am Baccara-Tisch antreten und verhindern, dass der feiste, sadistische Schurke jenes unterschlagene Geld zurückgewinnt, welches er zuvor durch fehlgeschlagene Transaktionen verloren hat. Sollte Bond Erfolg haben, werden Agentin des SMERSCH, des sowjetischen militärischen Nachrichtendienstes, Le Chiffre als Verräter liquidieren, während die westlichen Dienste ihre Hände in Unschuld waschen.
Um den gleichermaßen komplizierten wie perfiden Plan durchzuziehen, stellt man Bond die Agentin Vesper Lynd zur Seite, die ihrerseits in Frankreich für die Abteilung S des Secret Services tätig ist, und die Bonds Tarnung alleine durch ihr Auftreten glaubhaft machen soll. Obschon diese Tarnung nur von kurzer Dauer ist, gelingt es Bond dank der finanziellen Unterstützung Felix Leiters, eines befreundeten CIA-Agenten, Le Chiffre am Spieltisch vernichtend zu schlagen und 70 Millionen Franc als Guthaben zu verbuchen. Doch schon kurz nachdem 007 den Gewinn in Sicherheit gebracht hat, entführen augenscheinlich die Handlanger des Verbrechers Vesper; die Verfolgungsjagd, die Bond den Entführern liefert, endet für den Briten mit einem fatalen Unfall, in dessen Folge er Le Chiffre in die Hände fällt. Der sadistische Mann, dem das Wasser bis zum Hals steht, zögert keinen Augenblick und beginnt, den vollkommen hilflosen Bond zu foltern, um das Versteck des Geldes herauszupressen.
Auch wenn ich jeden einzelnen Bond-Film mehr als einmal gesehen habe, selbst die weniger unterhaltsamen, so war für mich bisher Ian Flemings belletristisches Vermächtnis vollkommen uninteressant, erstens weil Thriller in Schriftform – von „Jerry Cotton“-Jugendsünden einmal abgesehen – noch nie mein Ding waren und zweitens ein Roman, dessen Handlung man zu kennen glaubt, generell wenig reizvoll ist. Der einzige wirklich einzige – Grund für mich oberflächlichen Menschen, die neue Reihe des Cross-Cult-Verlages dennoch anzutesten, war das endgeile Cover-Design der Romane, das mit seinen gemalten Frauenportraits die gleiche erotische, laszive Coolness auszeichnet, welche die Film-Vorspanne so unverkennbar macht.
Kommen wir zum Inhalt: Flemings Romanfigur hat nur wenig mit der fast schon geckenhaften, arroganten, humorvoll-eloquenten Person zu tun, als die Bond in den Filmen vor 2006 gezeichnet wurde; und insofern bietet der Roman eine neue, interessante Alternative und Perspektive. Der Bond aus „Casino Royale“ ist einerseits nicht nur härter, emotional kälter und zynischer als man aufgrund der Filme vermuten würde, er ist auch andererseits physisch deutlich verletzlicher – hat also wenig mit einem Superhelden gemein –, ist grüblerischer und reflektiert seine Rolle im Spiel der kalten Krieger.
Die Handlung selbst wird von Fleming in einem gefällig-knappen, leicht kühlem Stil schnörkellos und stringent vorangetrieben und zeichnet sich auch aufgrund zahlreicher nicht eingedeutschter französischer Termini durch eine authentische, mondäne Atmosphäre aus, die zudem und trotz einiger heute nicht mehr ganz zeitgemäßer An- und Einsichten zum Beispiel über die Rolle der Frau erstaunlich modern wirkt.
Fazit: Auch wenn man die Filme in- und auswendig kennt, so unterscheiden sich Handlung und Hauptfigur so signifikant von ihrer cineastischen Adaption, dass der Roman beste Unterhaltung vor dem Hintergrund des Kalten Krieges bietet. Für mich jedenfalls ist Band 2, „Leben und sterben lassen“, zu einem Muss geworden.