Star Trek 6: Die neue Zeit 1 (Comic)

Mike Johnson
Star Trek 6
Die neue Zeit 1
Titelillustration von Tim Bradsteed
Zeichnungen von Stephen Molinar & Joe Phillips
Cross Cult, 2012, Paperback, 112 Seiten, 14,80 EUR, ISBN 978-3-942649-34-6

Von Christel Scheja

Der „Star Trek“-Film von 2009 hat seine Spuren hinterlassen. Neben einer Romanreihe, die allerdings von Cross Cult wohl wieder auf Eis gelegt wurde, erzählen nun auch Comics die Geschichte des „neuen“ Kirk und seiner Crew weiter. Sie versuchen die Lücken zwischen dem ersten Film und seinem Nachfolger zu schließen. Das Konzept ist so raffiniert wie einfach: Originalfolgen der ersten Serie werden adaptiert.

Den Anfang machen „Spitze des Eisbergs“ und „Notlandung der Galileo 7“. In der ersten Geschichte ist James T. Kirk bereits seit einigen Monaten Captain der „Enterprise“. Neben den bereits vorhandenen Mitgliedern seiner Mannschaft hat er auch Freunde von der Akademie wie Lt. Gary Mitchell und Lt. Kelso an Bord geholt. Die „Enterprise“ folgt dem Notruf der „S. S. Valiant“ in einen noch unerforschten Sektor. Bei dem Versuch eine Energiewand zu durchbrechen, werden einige Crewmitglieder von Lichtblitzen getroffen, unter ihnen auch Gary Mitchell. Er wirkt unverletzt, doch schon bald zeigt sich, dass der Unfall doch nicht ohne Folgen geblieben ist. Die Intelligenz des Sternenflottenoffiziers wächst ins Unermessliche und er entwickelt parapsychische Fähigkeiten wie Telepathie und Telekinese. Allerdings schwinden dabei auch seine moralischen Grenzen. Er fühlt sich allen anderen überlegen und kostet die neugewonnene Macht aus. Kirk und Spock wissen nun, dass sie ihn aufhalten müssen, egal für welchen Preis...

In der zweiten Geschichte stranden Spock, Scotty und einige andere mit einem der Shuttles ungewollt auf einem kargen Planeten. Schon bald zeigt sich, dass dieser nicht ganz unbewohnt ist und halbintelligente Wesen voller Aggression ihr Territorium verteidigen, die groß genug sind, um auch dem Schiff zu schaden...

Wichtig bei einem Comic, der zu einem Film oder einer Serie entsteht ist, dass auch die Schauspieler erkennbar sind. Das ist immerhin bei „Die neue Zeit“ überwiegend der Falle. Der Künstler erlaubt sich zwar einige Freiheiten, aber im Großen und Ganzen tragen die Helden nun die Gesichter der Figuren aus dem Film und die neu erfundenen Charaktere fügen sich passend mit ein.

Von der Handlung her folgt man im Großen und Ganzen den alten Drehbüchern, gewinnt ihnen aber auch neue Facetten ab. So bleibt der Konflikt ganz unter den Freunden Kirk und Mitchell, es gibt keine Frau, die noch zwischen den beiden Männern steht. Die Geschichte ist einfach gehalten und bis zum Ende hin spannend. Etwas weniger aufregend ist die Notlandung. Einzig interessant sind die Diskussionen der Crewmitglieder, bei denen Menschlichkeit und Pragmatismus eine Rolle spielen: Darf man die Leiche eines Freundes zurücklassen, wenn er genau das Gewicht hat, das abgeworfen werden müsste? Spock handelt logisch – aber sich damit nicht unbedingt Freunde ein; und muss noch einmal seinen Standpunkt überdenken.

Alles in allem sind die Geschichten nett, wenn auch nicht unbedingt überraschend umgesetzt. Die Unterschiede zu den Originalen sind noch das Interessanteste an ihnen, denn leider haben die Autoren – die übrigens auch das Drehbuch zum Film mitverfassten –, sich sehr stark an die alten Folgen gehalten und nicht einmal versucht, kleinere und größere Fehler auszumerzen. Vielleicht wäre es interessanter gewesen, sich noch mehr von den klassischen Abenteuern zu lösen und ganz neue Wege zu gehen. Es bleibt nur zu hoffen, dass die Serie diesen Weg einschlägt.

„Die Neue Zeit“ 1 bietet interessante Abenteuer für die Leser, die dem Reboot des Franchise eine Chance geben wollen. Diese können damit die Wartezeit bis zum nächsten Film überbrücken. Puristen, die die Flagge für das alte Universum hochhalten, werden dafür eher unzufrieden sein, da sich die Kluft zwischen altem und neuen „Star Trek“ durch die moderne Vermarktung der alten Geschichten noch vergrößern dürfte.