Vampirella 1: Die alten Götter (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 21. Juli 2012 15:57
Eric Trautmann
Die alten Götter
Vampirella 1
(Vampirella 1-7, 2010/2011)
Aus dem Amerikanischen von Bernd Kronsbein
Titelillustration von Garrie Gastonny
Zeichnungen von Wagner Reis, Walter Geovani, Fabiano Neves u.a.
Panini, 2012, Paperback mit Klappenbroschur, 172 Seiten, 19,95 EUR, ISBN 978-3-86201-306-7
Von Frank Drehmel
Als vor mehr als vier Dekaden – im Jahre 1969 – Vampirella bei Warren Publishing das Licht der Comic-Welt erblickte, gestand man ihr zunächst nur-– ähnlich den beiden Hauptprotagonisten der Schwester-Publikationen „Creepy“ und „Eerie“ – die Rolle einer Conférencieuse zu, einer Moderatorin, die unterschiedlichste Schwarz-Weiß-Horrorstorys mit launigen Pausen-Texten zusammenhielt.
Es dauerte allerdings nicht lange, bis die Heldin eigene Abenteuer bestehen durfte und im Jahre 1973 den Sprung über den Großen Teich nach Deutschland schaffte. Dass einige der beim Pabel-Verlag veröffentlichten Comics den Sprung auf den Index der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften schafften, kam schon damals einer Adelung gleich; und spätestens die kurzlebige Fortsetzung im Volksverlag (ab 1983) belegte dann tatsächlich plastisch, dass Vampirella im Reigen der „sexiest“ Comic-Heldinnen einen Spitzenplatz einnahm und nimmt.
Das erste Tradepaperback der „Vamperiella“-Serie Paninis umfasst die Ausgaben 1 bis 7 der neuen Serie Dynamite Entertainments, welche die Rechte an der Figur von Harris Publications erworben hat, die wiederum für mehr als anderthalb Dekaden (1991 bis 2008) den Charakter unter ihre Fittiche nahmen.
Als Grenzgängerin zwischen der Welt der Vampire und der Menschen macht Vampirella nicht nur Jagd auf ihre eigene Spezies, sondern scheut sich auch nicht, den ganz profanen menschlichen Abschaum aus dem Weg zu räumen. Im angesagten Nachtclub „Carmilla“ vermutet die Vampirin ein Nest von Blutsaugern, die zu harten Beats gelangweilten und übersättigten High-Society-Kindern mehr als nur ein wenig Blut abzapfen. In der Tat zieht hinter der glitzernden Fassade Le Fanu, die erste Frau Draculas, der Nemesis Vampirellas, ihre Fäden; doch hinter der alten vampirischen Frau steht nicht der Herr der Untoten, sondern ein weitaus größerer Meister von jenseits der großen Leere, ein cthuloides Wesen, das seinen irdischen Gefolgsleuten immense Macht verspricht. Und in der Tat erweist sich der Kampf mit Le Fanu als äußerst eng; dennoch kann Vampirella ihre Gegenspielerin besiegen und eine junge Frau namens Sofia aus ihren untoten Klauen befreien.
Dass mit der gewonnenen Schlacht der Krieg nicht beendet ist, erfährt Vampirella kurz darauf, als Dracula höchstselbst seine Erzfeindin um Hilfe im Kampf gegen Yag-Ath Vermellus bittet. Als dann auch noch Le Fanu zurückkehrt und Vampirella vom Großen Wurm korrumpiert wird, steht es schlecht um die Welt.
Der Beginn der neuen Vampirella-Saga nimmt zwar Motive der älteren Figuren-Inkarnationen auf – den Planeten Drakulon, Lilith oder Adam von Helsing –, schafft es aber bisher dennoch nicht, der Figur Eigenständigkeit einzuhauchen beziehungsweise einen neuen zusammenhängenden Kontext zu generieren; stattdessen wirkt die Heldin mit ihrer Sonnenbrille, ihrem schwarzen Ledermantel, ihrem High-Tech-Spielzeug und ihrer Mission eher wie ein weißer, weiblicher Blade-Abklatsch. Darüberhinaus ist die Story insgesamt nicht nur sehr vorhersehbar und bietet textlich eher Schmalkost, sondern gerade die Einbindung Sofias in die Handlung scheint äußerst aufgesetzt und funktioniert nicht wirklich. Zugutehalten kann man Autor Trautmann immerhin, dass er zumindest bemüht ist, ein deutlich cthuloides, kosmisches Element in seine Erzählung einzubauen, wobei speziell hier in der künstlerischen Umsetzung mehr hätte rausgeholt werden können.
Insgesamt überzeugt das Artwork zwar durch einen detaillierten, jedoch nicht überladenen, dynamischen Grim’n’Gritty-Look, der heutzutage en vogue ist, aber gerade in der Visualisierung kosmischen Horrors kommen Reis und Giovani an ihrer Grenzen. Ein paar Tentakel und ein fetter Wurm sind nicht wirklich beängstigend; hier fehlt es an bedrückenden Panoramen, an visuellen Kontexten; stattdessen bleiben die Zeichner perspektivisch zu lange und zu oft zu nahe an den Figuren.
Auch wenn ich dabei möglicherweise einer Marketing-Strategie auf den Leim gehe, will ich mir eine Anmerkung nicht verkneifen. Das Cover des Tradepaperbacks gehört zum schlechtesten, was mir in den letzten Jahren untergekommen ist: dass die Heldin wie ein infantiles Manga-Bunny inszeniert wird, mag man ja noch hinnehmen, aber wer zum Yag-Ath Vermellus hat ihr die „Rudolf, the red-nosed Reindeer“-Nase verpasst?
Fazit: Ein Artwork, das guter, düsterer amerikanischer Mainstream ist und eine Story mit deutlich Spielraum nach oben, hinterlassen unterm Strich einen etwas ernüchternden Eindruck. Der Relaunch der sexiest Vampirin hätte vor allem etwas mehr erzählerische Originalität verdient.