Michelle Bardsley: Eine Hexe in Nevermore (Buch)
- Details
- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Donnerstag, 28. Juni 2012 18:38
Michelle Bardsley
Eine Hexe in Nevermore
(Never Again, 2011)
Übersetzung aus dem Englischen von Gisela Schmitt
Mira, 2012, Taschenbuch, 332 Seiten, 8,99 EUR, ISBN 978-3-86278-334-2
Von Christel Scheja
Vor undenklichen Zeiten hatten alle Menschen einen Hauch von Magie in sich. Doch als diese nur für Krieg und Mord benutzt wurde, nahm die Göttin diese Kräfte wieder fort und beschränkte sie mit Hilfe anderer hoher Wesen auf wenige Sterbliche, die sich als würdig erwiesen hatten. Und diese sind die Vorfahren der Hexen und Zauberer, die noch heute auf der Erde wandeln und versuchen, in Frieden mit dem Rest der Menschheit zusammenzuleben. Doch nicht alle folgen den Regeln und Gesetzen des Guten.
Das hat Gray Calhoun vor mehr als zehn Jahren zu spüren bekommen. Denn die Frau, in die er sich verliebt und die er auch geheiratet hatte, betrog ihn auf die grausamste Weise, die man sich vorstellen kann: Sie wollte ihn buchstäblich auf dem Altar ihrer Machtgier opfern. Das konnte verhindert werden, aber er behielt tiefe Narben an Körper und Seele zurück. Kellen Rackmore aber floh und versteckte sich. Nun taucht überraschend deren jüngere Schwester Lucinda bei ihm auf und bittet nicht nur um Hilfe, sondern auch darum, dass er sie heiraten möge. Sie ist auf der Flucht vor ihrem Geliebten, der sie mit einem grausamen Fluch belegt hat und hofft, dass er sie dabei unterstützt, diesen wieder zu brechen. Aber ist Gray wirklich dazu bereit, noch einmal einer Rackmore zu vertrauen? Er erlaubt ihr zwar in der magischen Enklave Nevermore in Texas zu bleiben, der Stadt, deren Wächter er ist, aber an sich heran lässt er sie nicht. Dennoch kann er nicht verleugnen, dass Lucinda etwas Faszinierendes an sich hat, das ihn immer wieder in ihre Nähe zieht. Und schließlich erweist sich, dass ihrer beider Vergangenheit und die dunklen Schatten, die sie daraus immer noch bedrohen, die Gründe sind, warum sie gerade jetzt zusammenhalten müssen. Denn mehr denn je droht Nevermore zum Spielball böser Kräfte zu werden.
Es ist immer recht spannend zu sehen, welche Ideen Liebesroman-Autorinnen haben, um einen möglichst exotischen Hintergrund zu gestalten und wie wenig sie dann daraus machen. Das ist auch bei „Eine Hexe in Nevermore“ zu spüren. Die Autorin lässt ihre Phantasie spielen und entwickelt eine durchaus interessante Hintergrundgeschichte, die dazu dient, in das Setting einzuführen, um sich ein wenig von dem gängigen Vor- oder Kleinstadtambiente sonstiger Romanzen abzuheben. Sobald das geschehen ist, verfällt die Geschichte in bekannte Schemata. Neben der sich entwickelnden Liebesgeschichte gibt es noch ein paar innerstädtische Dramen, um die Spannung etwas zu erhöhen und den Nebenfiguren mehr Sinn und Verstand zu geben.
Die Handlung selbst ist eher überschaubar – einfach gestrickt genug, um den Gefühlsverwirrungen zwischen den Protagonisten genug Raum zu geben. Immerhin macht es sich die Autorin nicht ganz so einfach wie befürchtet; sie schafft es glaubwürdig zu vermitteln, warum sich die beiden misstrauischen Charaktere irgendwann ineinander verlieben und übertreibt es auch nicht mit den Klischees. Einzig die Gegenspieler bleiben blass und zweidimensional, ebenso wie der schwelende Konflikt im Hintergrund. Aber das kann durchaus auch noch in weiteren Büchern thematisiert werden. Die Geschichte ist zwar in sich geschlossen, lässt aber genug Hintertürchen auf, um fortgesetzt zu werden. Der phantastische Anteil ist zwar gering, wird aber auch immer wieder genutzt und dient nicht nur dazu, um ein Happy End aus dem Hut zu zaubern. Dennoch dürften Genre-Fans einiges vermissen.
„Eine Hexe in Nevermore“ ist zwar in erster Linie eine Romanze im Urban-Fantasy-Setting, ignoriert aber nicht ganz die Möglichkeiten, die sich die Autorin mit dem Hintergrund geschaffen hat. Dennoch werden vor allem Leserinnen, die etwas dramatischere Liebesgeschichten mit einem Hauch Action und wirklich fiesen Gegenspielern mögen, ihren Spaß an der Geschichte haben.