Caligula 1 (Comic)

David Lapham
Caligula 1
(Caligula 1-6, 2011)
Aus dem Amerikanischen von Claudia Fliege
Titelillustration von Jacen Burrows
Zeichnungen von German Nobile
Panini, 2012, Paperback mit Klappenbroschur, 148 Seiten, 16,95 EUR, ISBN 978-3-86201-345-5,

Von Christel Scheja

Die Herrschaft der Kaiser aus dem ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung ist auch heute noch der Inbegriff der römischen Dekadenz. So gut wie keinen anderen Herrschern wird so viel Perversion und Grausamkeit nachgesagt, wie den Nachkommen des Augustus, die fast ein Jahrhundert das Zepter in der Hand hielten. Inwiefern die Vorwürfe wirklich echt sind, versuchen Historiker noch heute zu ergründen, denn die Geschichte wurde auch damals immer von den Siegern geschrieben und war nicht unbedingt der Wahrheit verpflichtet.

Gaius Caesar Augustus Germanicus, später auch Caligula genannt, kommt im Jahr 37 an die Macht. Er ist jung und strahlend schön, macht sich beim Volk durch großzügige Geschenke und die Aufhebung vieler Gesetze beliebt. Doch die Freude wehrt nicht lange, denn der Caesarenspross ist zügellos, vergnügungssüchtig und nur auf seinen Vorteil bedacht. Widerspruch gefällt ihm nur, wenn er merkt, dass er sein Gegenüber beherrschen kann. Zusammen mit seinen Freunden und Günstlingen streift er des Nachts auch durch die Stadt und das Umland. Niemand wagt ihn aufzuhalten, egal was er tut. Das bekommt auch der junge Junius zu spüren. Er überlebt als einziger das Massaker auf dem Hof seiner Familie und erfährt von einem sterbenden Sklaven, wer für die Grausamkeiten und Perversionen verantwortlich ist. Junius schwört Rache und geht nach Rom. Er will nur noch eines: Caligula und seine Spießgesellen richten. Zwar stellt er schon bald fest, dass es andere gibt, die ähnlich denken wie er, aber auch diese können nicht verhindern, dass er in den Bannkreis des Kaisers gerät. Caligula ignoriert die Versuche von Junius, ihn zu töten. Statt dessen tauft er ihn Felix und macht ihn zu seinem engsten Vertrauten, um die junge zornige Seele genau dorthin zu bekommen, wohin er sie haben will.

Es mag sein, dass sich David Lapham von dem gleichnamigen Film von Tinto Brass aus dem Jahr 1979 oder ähnlichen Streifen und Büchern hat inspirieren lassen, aber er kopiert deren Aussagen auch nicht einfach, sondern erweitert sie um eine phantastische Dimension. Man merkt recht schnell, dass nicht nur der Kaiser, sondern auch sein Lieblingspferd dämonische Züge an sich haben, die normale Menschen nicht unterschätzen sollten.

Der junge Held wird grausam in diese Welt hineingezogen und verfällt ihr, ohne es zu wollen. Genüsslich zeigen Künstler und Autor das Spiel zwischen Entsetzen und Faszination, Ekel und Verlangen, das Junius immer mehr zu einem Geschöpf des Kaisers macht. Dabei verzichten beide aber auf die Darstellung all zu expliziter Gewalt oder sexueller Perversionen. Das Meiste wird nur angedeutet, gelegentlich bekommt man das Ergebnis der Schandtat zu sehen, aber so gut wie nie die eigentliche Einführung. Genau das verstärkt aber auch das Grauen, das sich zum Ende in echten Horror verwandelt. Dabei werden gedankliche Grenzen überschritten, die die hohe „Altersfreigabe“ gut verständlich machen, denn von Moral und Ethik finden sich in diesem Band keine Spuren. Daher sei die Geschichte nur den Lesern empfohlen, die keine Probleme mit sexuellen Perversionen und blutigen Grausamkeiten haben. Zartbesaitete Personen könnten sich durchaus mit Ekel abwenden. Die Geschichte selbst ist sehr einfach und geradlinig gehalten. Sie besitzt sogar ein Ende, das aber durch den letzten überraschenden Twist relativiert wird.

Die Geschichte ist sehr realistisch gezeichnet, die Farben sind allerdings so dunkel gewählt, dass man manchmal kaum etwas auf den Bildern erkennt – vermutlich mit Absicht, um der „Zensur“ zu entgehen

Alles in allem ist „Caligula“ ein Horror-Comic, der all die Klischees bedient, die man gewissen Kaisern gerne zuspricht. Dabei erweitern Autor und Künstler das Ganze noch um eine phantastische Dimension, die eine Fortsetzung ermöglichen. Der Comic richtet sich an Fans, die gegen eine kernige Geschichte mit genug Splatter nichts einzuwenden haben.