Morning Glories 1: Für eine bessere Zukunft (Comic)

Nick Spencer
Morning Glories 1
Für eine bessere Zukunft
(Morning Glories 1-6, 2012)
Aus dem Amerikanischen von Claudia Fliege
Titelillustration von Rondin Esquejo
Zeichnungen von Joe Eisma
Panini, 2012, Paperback mit Klappenbroschur, 196 Seiten, 19,95 EUR, IBSN 978-3-86201-299-2

Von Christel Scheja

Image Comics war und ist ein von Künstlern gegründetes Label, das seit Jahren den Zeichnern und Autoren ermöglicht, ihre Geschichten herauszugeben, ohne dabei alle Rechte an den Serien zu verlieren, wie es früher bei den großen Verlagen der Fall war. Reihen wie „Witchblade“ und „Darkness“ sind daraus hervorgegangen, nun schickt sich mit „Morning Glories“ eine neue Serie an, das Interesse der Leser weltweit zu erobern.

Nicht viel mehr ist über die Morning Glory Academy bekannt, als dass sie eine private Eliteschule ist, die nur die Besten der Besten aus der ganzen Welt aufnimmt und daher heißbegehrt ist, wenn jemand eine gute Laufbahn einschlagen will. Allerdings dringt auch nicht viel über die Schule nach außen. Niemand weiß, dass, wer einmal Schüler geworden ist, keine Chance hat, wieder zu entkommen. Fluchtversuche enden zumeist mit dem Tod oder der Umerziehung. Davon wissen die neuen Auserwählten erst einmal nichts. Selbst aus Tokio und Toronto kommen die Auserwählten zu Beginn des neuen Schuljahres. Auch wenn sie aus unterschiedlichen sozialen Schichten und Elternhäusern kommen, so haben sie doch eines miteinander gemeinsam: sie sind hochbegabt und langweilen sich mit dem normalen Schulstoff.

Lange denken sie nichts Böses und nehmen es hin, dass sie sich an den Weg vom Flughafen in das Institut nicht erinnern können, weil sie überraschend einschlafen und erst wieder auf dem Hof der Schule zu sich kommen. Doch schon die ersten Stunden haben es in sich, denn die Lehrer sind sehr merkwürdig, ebenso wie einige der anderen Schüler – und auch die Lehrmethoden zeigen schnell, dass hier ganz andere Inhalte gelehrt werden sollen als man dachte. Schnell müssen auch die neuen Schüler feststellen, dass sie keine Auserwählten mehr sind, sondern Gefangene eines Systems, dessen Interessen und Ziele sie vermutlich niemals erfahren werden.

Bereits die ersten Seiten machen deutlich, wie wenig normal die Akademie ist und wie schnell diejenigen bestraft werden, die aus dem System ausbrechen wollen. So gesehen ist der Leser gut auf das vorbereitet, was auf die jungen Helden zukommen wird, bevor er diese überhaupt kennen lernt. Nicht alle der drei Jungen und drei Mädchen werden ausführlich in ihrem normalen Umfeld vorgestellt, vor allem der junge Japaner bleibt sehr geheimnisvoll. Nur ihre Gemeinsamkeit, der Wunsch auf die Eliteschule zu gehen, verbindet die unterschiedlichen Helden, von denen eine aus einem reichen Elternhaus kommt und sogar Unterschriften fälscht, um wegzukommen, während ein anderes Mädchen ganz froh darüber ist, ihrem länglichen Umfeld und den eher einfach gestrickten Verwandten zu entkommen. Schon am ersten Tag bekommen die jungen Helden die Veränderungen in ihrem Leben zu spüren; Eltern sind plötzlich nicht mehr erreichbar oder wollen sie nicht von früher her kennen, die Lehrer haben etwas Angsteinflößendes an sich, auch wenn sie zunächst freundlich erscheinen. Aber schon beim ersten Fehlverhalten der Schüler reagieren sie anders als erwartet.

Noch will die Geschichte nicht so ganz damit heraus, auf welches Ziel sie eigentlich zusteuert. Sicher ist nur, dass die jungen Männer und Frauen trotz ihrer Intelligenz zu willfährigen Dienern eines Systems herangezogen werden sollen, das offenbar plant, die Macht über die Welt zu übernehmen. Aber wie so oft reagieren die Jugendlichen anders als erwartet und müssen so mit den Konsequenzen leben. Das wird schlaglichtartig angedeutet und wirft weitere Fragen auf.

Alles in allem wirkt „Morning Glories“ noch etwas zusammenhanglos, man merkt aber, dass der Autor Figuren und Setting erst einmal einführen will, sodass die Handlung selbst noch nicht ganz in Fahrt kommt. Die Atmosphäre muss sich auch erst noch entwickeln, da sie noch nicht so beängstigend ist, wie der Klappentext verspricht.

„Für eine bessere Zukunft“ erweist sich als interessanter, wenn auch noch nicht ganz überzeugender Auftakt von „Morning Glories“. Aber die Einführung der Helden und des Settings macht neugierig genug, um auch dem zweiten Band eine Chance zu geben.