Jan Mayen 9: Griff nach der Macht, Paul Alfred Müller (Buch)

Jan Mayen 9
Griff nach der Macht
Paul Alfred Müller
Titelillustration von Walter Rosch
Verlag Dieter von Reeken, 2012, Paperback, 336 Seiten, 22,50 EUR, ISBN 978-3-940679-58-1

Von Carsten Kuhr

Jan Mayen wurde von Micero, seinem alten Widersacher, entführt. In den ersten beiden im Buch enthaltenen Geschichten wird erzählt, wie Barry und Bunny sich auf die Suche machen, die sie schließlich zu einem einsam gelegenen Haus in Kentucky führt. Hier, besser gesagt im ausgedehnten Tunnelsystem tief unter dem Anwesen, wurde Jan Mayen von zwei alten Männern gefangengesetzt, die ihn aus Miceros Klauen entführten. Dass eine anrührende Liebesgeschichte mit eingebaut wurde sorgt für den nötigen Herz-Schmerz-Effekt.

Im nächsten Band geht es einmal mehr um einen einsam forschenden Wissenschaftler in Diensten Thules, der schließlich Erfolg gehabt hat. Er hat Saatgut und eine Kartoffelart gezüchtet, die auch im hohen Norden, unter den dort herrschenden eisigen Bedingungen, gedeiht. Verbrecher wollen ihm seine Erfindung abjagen. Jan Mayen, Berry und Bunny wissen dies zu verhindern.

Danach geht es nach Europa. Ein geistesgestörter Wissenschaftler erpresst die Staaten. Wenn sie ihn, der sich Cäsar nennt, nicht als Herrscher anerkennen würden, gingen ihre Städte in Flammen auf. Als Beweis für seine Behauptung hat er bereits mehrere Anschläge verübt. Mittels drahtlose Übertragung von Energie, die er dann aus der Ferne zündet, hat er Fabriken zerstört und Menschen getötet. Jan Mayen hilft den offiziellen Ermittlern den Täter dingfest zu machen.

In Singapur angekommen verschwindet Bunny über Nacht aus seinem Hotelzimmer. Niemand, weder das Personal des Hotels noch die Polizei, scheinen ihn jemals gesehen zu haben. Alle Beweise, die von seinem Eintreffen Zeugnis ablegen würden, sind verschwunden. Auf der Suche nach dem voluminösen Kugelkopf wird auch Jan Mayen entführt. Die Spur führt in ein Krankenhaus und auf die Yacht eines eigenwilligen Kapitäns. Dieser hat in den Tiefen des Meeres Uranerde entdeckt. Ein ebenso findiger wie skrupelloser chinesischer Pirat sucht ihm den Schatz abzujagen. Hier verbindet Müller geschickt das faszinierende Panorama Süd-Ostasiens mit dem Verschwinden von Menschen, die offizielle Regierungsstellen aus dem Verkehr ziehen.

Kaum aus der Wüste Gobi nach Saigon zurückgekehrt stoßen unsere Helden einmal mehr auf einen Erfinder, dem sein geistiges Gut entwendet wird. Mittels Wellen kann der Apparat Erzvorkommen auch in anderen Gesteinsschichten entdecken – eine Goldader in einem abgelegenen chinesisch-mongolischen Tal beweist die Wirksamkeit des Apparats. Ein zwielichtiger Gauner bemächtigt sich der Erfindung.

Den Abschluss bildet dann einmal wieder ein mysteriöser Mord. Bei einer Abendgesellschaft im indonesischen Batavia wird der Gastgeber erschossen. Ein Wahrsager gibt erstaunlich detailreiche Kenntnisse um den Tathergang von sich. Wer aber war der Schütze und was steckt hinter dem Mord – ein Verbrechen aus Leidenschaft oder doch etwas ganz anderes?

Paul Alfred Müller bedient sich vorliegend erfolgserprobter Themen. Jan Mayen wird entführt, es geht um sensationelle Erfindungen, um fiese Verbrecher und das Ganze wird mit ein wenig Romantik angereichert. In Richtung Thule geht es kaum voran, geboten wird, was die Leser in den Heftromanen damals gesucht und bei „Jan Mayen“ auch gefunden haben. Viel Dramatik und Tempo, packende Kämpfe angereichert mit einer Handvoll Rätsel. Das Rezept funktioniert nicht nur gut, es nutzt sich darüberhinaus kaum ab.

Der sicherlich interessanteste Roman in diesem Sammelband dürfte der in Europa spielende Titel sein. Hier nutzt ein moralisch verkommener Wissenschaftler, wie kann es auch anders sein, die Erkenntnisse seiner Kollegen. Mittels Fernzündung vermag er Wellen auszusenden und Brände zu verursachen. Nachdem er zunächst ohne jegliches Gewissen entsprechende Beispiele in ganz Europa aber auch Übersee vorgeführt hat, und dabei Hunderte von Menschen getötet hat, erpresst er die Regierungen.

Gerade weil Jan Mayen und seine Begleiter hier mehr in den Hintergrund treten, übt der Roman einen besonderen Reiz aus. Hier verbindet sich die glaubwürdige Darstellung einer Erfindung mit deren Missbrauch. Immer sind es die fehlbaren Menschen, die Müller zu Recht anprangert. Getrieben von ungesundem Ehrgeiz, Geltungsbewusstsein und verwerflichen Motiven missbrauchen sie die technischen Errungenschaften ihrer Mitmenschen dazu, sich zu bereichern. Wie kaum anders zu erwarten sind es in aller Regel Männer, die hier agieren. Das weibliche Geschlecht ist, der Entstehungszeit der Romane entsprechend, lediglich schmückendes Beiwerk und Mutter.

Bei all dem Klischeehaften das den Romanen hier anhaftet, üben diese eben durch die klare Trennung zwischen Gut und Böse doch einen Reiz auf den Leser aus. Der Leser – derartige Romane wurden in erster Linie von einer männlichen Fanschar verschlungen – muss sich nicht groß mit Charakterstudien befassen, sondern weiß, wem er in den natürlich gerechten Kampf zu folgen hat. Dass die positiv gezeichneten Helden natürlich in den allermeisten Fällen als Sieger das Feld der Ehre verlassen, ist vorgegeben und bietet dem Leser letztlich die Gewissheit zu triumphieren.

Hinzu kommt in den letzten Romanen dieses Bandes der exotische Hintergrund, vor dessen Kulisse die Handlung abläuft. Asien, die malaiische Inselwelt, Saigon und Indonesien, das waren Gegenden, die die Allermeisten lediglich, wenn überhaupt, aus dem Atlas kannten. Vergessen wir nicht, dass es in den 30er Jahren noch keinen Massen-Ferntourismus gab, dass Otto Normalverbraucher Urlaub, wenn überhaupt, zu Hause verlebte. So zog man gemeinsam mit den Helden in die Ferne, in wild wuchernde Dschungel, an wilde Küsten und in majestätische Gebirge.

Alles in Allem wieder ein zum Teil packender Sammelband, den der Leser den Alltag vergessen lässt.