Gößling, Andreas: 333 – Die Dämonenpforte (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 05. Dezember 2009 00:00
Andreas Gößling
333 – Die Dämonenpforte
Titelgestaltung von Hauptmann & Kompanie Werbeagentur, München-Zürich, Hanna Hörl unter Verwendung eines Motivs von Shutterstock/Mikhail
cbt, 2009, Paperback mit Klappenbroschur, 512 Seiten, 12,95 EUR, ISBN 978-3-570-30491-4
Von Irene Salzmann
Der 15-jährige Marian Hegendahl und seine Mutter Linda reisen nach Croplin, um der Beerdigung von Urgroßonkel Marthelm beizuwohnen – und vor allem der Testamentseröffnung. Die Familie hat wenig Geld, und Linda hofft, dass der verschrobene Verwandte ihnen etwas hinterlassen hat. Schon bald zeigt sich, dass sie ebenso leer ausgehen wie all die anderen Angehörigen, die sich zu Lebzeiten nicht um Marthelm kümmerten, aber auf sein Erbe scharf waren.
Wie sie erfahren müssen, sprach der Verstorbene seine Besitztümer der Freimaurerloge zu, der er angehört hatte. Linda ist wütend und will den Notar sprechen, der jedoch für einige Tage das Dorf verlassen hat. Sie beschließt, auf seine Rückkehr zu warten – und das bedeutet langweilige Ferien in Croplin für Marian. Oder vielleicht doch nicht …
… denn von Marthelm bekam er einen kryptischen Brief und einen merkwürdigen, muschelförmigen Gegenstand, den Talimbro. Marthelm, der sich mit übersinnlichen Phänomenen befasst hat, für die sich auch Marian begeistert, warnt den Jungen eindringlich vor einer großen Gefahr, die ein gemeinsamer Ahne vor 333 Jahren heraufbeschworen hat und die in wenigen Tagen über Croplin und die ganze Welt hereinbrechen wird, wenn Marian das Unheil nicht aufhalten kann.
Marian sucht die Freimaurer auf, die sein Potenzial erkannt und ihn als einzigen Hegendahl auf ihr Anwesen eingeladen haben. Er darf in ihrer Bibliothek stöbern und findet nach und nach die Informationen, die er sucht. Aber als noch viel wertvoller erweist sich der Talimbro, der ihm erlaubt, durch die Zeit zu reisen und mit den Augen des Apotheker-Gehilfen Julian zu sehen, was sich damals zugetragen hat. Durch den wagemutigen Julian, der ein Novize der Loge ist, gerät auch Marian immer wieder in große Gefahr.
Aber endlich deckt er auf, worum es geht und dass seine neue Freundin Billa und die alten Frauen, bei denen sie wohnt, in die Angelegenheit genauso verwickelt sind wie die Freimaurer und sein Urgroßonkel – und doch ist alles ganz anders, als er zunächst vermutet hat …
Andreas Gößling ist es gelungen, ein Jugendbuch zu schreiben, das weder die »Harry Potter«- noch »Bella & Edward«-Schiene fährt. Dabei verbindet er traditionelle Elemente des Horror-Genres wie Geheimbünde, Hexen und mythische Wesen mit der Zeitreise, die hier mehr zu einer Art Seelenwanderung wird, und bringt außerdem am Rande eine jugendfreie Romanze ins Spiel. Dabei pendelt er ständig zwischen der Gegenwart und den Ereignissen, die sich vor exakt 333 Jahren zutrugen, hin und her.
Bei den Protagonisten handelt es sich ausnahmslos um schräge Einzelgänger. Marian fällt durch sein Interesse an paranormalen Phänomenen auf, Billa hat einige unschöne Erfahrungen gemacht, aufgrund derer sie an Geister und Magie glaubt, die Freimaurer unterhalten schon seit vielen Jahren eine Fehde mit den Hexen und so weiter. Auf diese Weise sind die Voraussetzungen für eine spannende, abwechslungsreiche Handlung erfüllt, in der sich keiner mit langwierigen Überlegungen und lästiger Überzeugungsarbeit aufhalten muss.
Es gibt auch keine Logikfehler, wie sie sich bei Zeitreisen gern einschleichen. Marian kann zwar wichtige Informationen in der Vergangenheit sammeln, aber Einfluss vermag er so gut wie gar nicht zu nehmen. Nur wenn Julian müde ist, wird Marian stärker und kann die eine oder andere Aktion veranlassen und in seinen eigenen Körper zurückkehren. Letztlich muss er das Problem in der Gegenwart lösen, das sich als äußerst kompliziert und gefährlich erweist, denn die Gegenspieler wenden Magie an.
Alles in allem klingt die Geschichte (auf dem Klappentext), die einen schaurig-mysteriösen Familienfluch verspricht, interessanter, als sie tatsächlich ist, denn die Schnitzeljagd durch die Zeit und zahlreiche Details, die den Konflikt immer mehr ausweiten, bringen vermeidbare Längen in die Handlung. Eine Straffung hätte dem Roman gut getan, weniger wäre mehr gewesen. Auch bieten sich die verschrobenen Jugendlichen nicht so recht zur Identifikation an, ihr Verhalten wirkt oft erzwungen und auf die Geschichte zurechtgeschnitten.
In Folge dürfte der Titel nur die älteren und geduldigeren Leser ansprechen, die auch vor einer etwas zähen Lektüre nicht zurückschrecken, wenn sie nur phantastisch, einigermaßen spannend und frei von supertollen Vampir-Lovern ist. Mag man Romane wie »Dardamen«, »Tintenherz« oder »Das Dunkelbuch« wird man »Der Dämonenpforte« vielleicht auch gern eine Chance geben wollen.