Jan Mayen 7: Der Mann ohne Kopf, Paul Alfred Müller (Buch)

Jan Mayen 7
Der Mann ohne Kopf
Paul Alfred Müller
Titelillustration von W. Rosch
Verlag Dieter von Reeken, 2012, Paperback, 326 Seiten, 22,50 EUR, ISBN 978-3-940679-54-3

Von Carsten Kuhr

In den 70er Jahren legte Pabel im Rahmen seiner SF- und Fantasy-Taschenbücher auch eine Neuausgabe der Leihbuchausgabe von „Sun Koh“ auf. In den Romanen, die in der Pabel´schen Taschenbuchversion in einer abweichenden Reihenfolge erschienen, hatte Müller nicht nur „Sun Koh“- sondern auch „Jan Mayen“-Hefte verarbeitet. Voller Ungeduld wartete ich jeden Monat auf den nächsten Band und folgte mit glänzenden Augen meinen Helden.

Die Reihe, die unter dem Pseudonym Freder van Holk veröffentlicht wurde, nahm mich so gefangen, dass ich mir die österreichischen Nachdrucke der „Jan Mayen“-Hefte orderte. Trotz Frakturschrift und des für damalige Verhältnisse recht hohen Preises von 5,00 DM je Heftnachdruck machte ich mich lesehungrig über die kleinen Hefte her. Mittlerweile hat es der interessierte Leser einfacher. Im Verlag Dieter von Reeken erscheinen in schöner Regelmäßigkeit und neu gesetzt die Heftchen in gesammelter Form.

Zwei große, über mehrere Hefte verlaufende Handlungsstränge beherrschen diesen Band, in dem Dieter von Reeken die Hefte 61 bis 70 der legendären Serie neu auflegt.

Zunächst aber wird die reine Abenteuer-Handlung um die Vorgänge im Kongo-Becken zu einem Abschluss gebracht. Einmal mehr versuchen finstere Verbrecher, eine Unschuldige um ihr Erbe zu bringen. Dass diese das ihr vermachte Land in Afrika eigentlich gar nicht brauchen kann ist unmaßgebend, geht es Müller doch einmal mehr darum, den Schurken die moralischen Handschellen anzulegen. Im Hintergrund lässt er dann noch einen damals tatsächlich angedachten Plan einfließen, das Kongo-Becken durch Aufstauen zu einem Binnenmeer zu fluten und auf diese Weise das Land erst für die Kolonialherren wirtschaftlich zu erschließen. Die entsprechenden Ausführungen werfen ein bezeichnendes Licht auf die Herrenmentalität aller europäischen Kolonialvölker, und sind als Zeitdokument interessant. Erstaunlich dabei, dass Müller in der Zeichnung der schwarzen Ureinwohner durchaus zu differenzieren wusste. So wird ein eingeborener Jäger als intelligent, ja gleichberechtigt beschrieben – beileibe keine Selbstverständlichkeit zur damaligen Zeit.

In den nächsten drei Bänden, die der Autor später zu einem „Sun Koh“-Buch umgearbeitet hat, geht es um Tyllit, eine Substanz, mit deren Hilfe man Feuchtigkeit anziehen, binden und entsprechend lenken kann. Dass die Erfindung, wie so Vieles, auch als Waffe missbraucht werden kann, dass man den Regen auch zu Eis erstarren lassen kann, bringt die unabdingbaren Schurken ins Spiel. Während Jan Mayen das Tyllit dafür einsetzten will, die enormen Mengen an Feuchtigkeit, die das Schmelzen des arktischen Eises mit sich bringt, von Thule fernzuhalten, machen sich findige Gauner nicht nur daran, dem Erfinder sein Patent zu entwenden, sondern mit gestohlenen Proben auch die Millionäre um einen Teil ihres Reichtums zu erpressen.

Während inhaltlich einmal mehr die angedeutete Romantik muntere Kapriolen schlägt und die Kriminalhandlung in erprobten Bahnen verläuft, ist die Grundidee als solches, eine chemische Substanz mit deren Hilfe man Feuchtigkeit aus einem weiten Gebiet anziehen, dirigieren und schlussendlich als Regen niedergehen lassen kann, ebenso interessant wie bestechend. Wüsten könnten urbar gemacht, Regenwälder in Ackerland umgewandelt werden – vergessen wir nicht, dass das Weltklima damals noch nicht groß erforscht oder thematisiert worden war.

Anschließend geht es in einem Vierteiler darum, dass ein ebenso exzentrischer, wie geltungssüchtiger Milliardär den Menschen aufzeigen will, wie leicht sie sich aufs Glatteis führen lassen. Geschickt manipuliert er die internationale Presse mit Halbwahrheiten und Andeutungen dahingehend, dass er plane, den Golfstrom von Europa wegzuleiten. Eine Vereisung Nordeuropas wäre die Folge. Neben den unvermeidlichen Schurken gelingt es dem Autor hier nicht ungeschickt, die Macht und die Missbrauchsmöglichkeit der Presse zu beschreiben.

Abschließend steht erneut eine bahnbrechende Erfindung im Zentrum. Eine Tarnkappe ermöglicht es dem Träger nicht nur, ungesehen Überfälle zu verüben, sondern auch den gefangengehaltenen Micero aus der Obhut Jan Mayens zu befreien und als großen Gegner wieder ins Spiel zu bringen.

Während im ersten Teil des Tarnkappen-Zweiteilers die Mannen um Jan Mayen überhaupt nicht in der Handlung auftauchen, darf dann nach einer doch etwas längeren Abstinenz der große Bösewicht Micero wieder ins Spiel eingreifen.

Während in den letzten Abenteuern Jan Mayen doch eher eine Nebenrolle eingenommen hat, zeichnet sich ab, dass sich der Fokus zukünftig wieder stärker auf ihn und seine etatmäßigen Helfer richten wird.