SinBad 1: Der Krater von Alexandria (Comic)

SinBad 1
Der Krater von Alexandria
(Sinbad: Le cratère d’Alexandrie)
Text: Christophe Arleston & Audrey Alwett
Zeichnungen: Pierre Alary
Farben: Jean-Paul Fernandez
Übersetzung: Monja Reichert
Lettering: Dirk Schulz
Splitter, 2008, Hardcover, 64 Seiten, 13,80 EUR, ISBN 978-3-940864-81-9

Von Frank Drehmel

Sinbads Kindheit steht unter einem guten Stern: geboren im Harem des Kalifen Aladin ist er das einzig überlebende Kind eines Massakers, welches der Herrscher aufgrund einer Intrige seines Lampengeistes unwissentlich unter seiner Familie anrichten lässt. Von seiner Mutter in einem Körbchen ausgesetzt landet er bei dem Händler Merkes, der ihn wie seinen Sohn auf der im arabischen Golf gelegenen Insel Qarawh großzieht.
Viele Jahre sind ins Land gegangen als für Sinbad der Tag des Abschiedes kommt. Getrieben von einer Sehnsucht nach dem Wissen um seine wahren Eltern zieht der junge Mann alleine hinaus in die Welt, ausgestattet mit allerlei falschen und echten magischen Tand, den er in einem Sack auf dem Rücken trägt, einem großen Selbstbewusstsein, einem scharfen Verstand und einer gehörigen Portion Skrupellosigkeit …

Einerseits hilft es dem Abenteurer zwar weiter, dass er ein Schlitzohr ist, andererseits jedoch ist sein Ruf nicht der allerbeste, sodass er zunächst eine unschöne Begegnung mit dem Bruder einer von ihm entehrten jungen Frau überleben muss, bevor er sich dem eigentlich Ziel seiner Suche nähern kann. Und dieses Ziel ist ein mystischer Kelch – der »Krater von Alexandria« –, der sich im Besitz der Zauberin Turabah befindet und der die Vergangenheit zeigt, wenn man in mit den richtigen Ingredienzien befüllt.
Als Sinbad schließlich auf der Insel der Hexe ankommt, ist die Frau nicht nur anders, als er es erwartet hat, sondern sie nimmt ihn auch dank seines Charmes verhalten freundlich auf. Allerdings ändert diese Zuvorkommenheit nichts daran, dass es sich bei der wankelmütigen, ungeduldigen und rücksichtslosen Turabah um eine Person handelt, die man sich nicht zur Feindin machen sollte, will man nicht eines unschönen Todes durch die Waffe einer ihrer unmenschlichen Wachen sterben.
Aber genau diese Feindschaft muss Sinbad riskieren, will er den »Krater von Alexandria« erringen.

Während von Christophe Arleston eine ganz Reihe Comic-Serien auf Deutsch erschienen sind – darunter »Die Schiffbrüchigen von Ythag« (dt. bei Splitter) oder die in der magischen Welt »Troy« angesiedelten Comics (dt. bei Carlsen) –, ist Zeichner Pierre Alary mit nur einer »deutschen« Serie – »Belladona« (dt. bei Splitter) – ein relativ unbeschriebenes Blatt.
Dass es sich bei dem Autor um einen routinierten Schreiber handelt, steht von Beginn der Geschichte an außer Frage. Mühelos gelingt es ihm, dem märchenhaft verklärten Hintergrund einer der zentralen Figuren des »Tausendundeine Nacht«-Geschichten-Kanons, welcher insbesondere auf Kinder ein magische Faszination ausübt, eine erwachsene Note zu verleihen, in den orientalischen Zauber Härte, Brutalität und Grausamkeit einfließen zu lassen, der charmanten Art des Hauptprotagonisten eine dunkle Attitüde entgegen zu setzen. Spannend und dynamisch entspinnt sich eine phantasievolle Geschichte, voller Rätsel und Geheimnisse, deren Entschlüsselungen sich in diesem ersten Album noch nicht einmal ansatzweise andeuten.

Im Artwork Alarys steht eindeutig die Figur im Mittelpunkt der Bilder, welche mit markanten Linien umrissen wird und in deren Physiognomie sich einem leicht karikatur- bzw. toonhaften, vereinfachenden Ansatz folgend der Charakter zumindest teilweise widerspiegelt. Der Künstler versteht sich auf die dynamische, lebendige Inszenierung der Handlung und bildet im Zusammenspiel mit der Koloration Fernandez’, die zwar nicht vor Buntfarben zurückschreckt, aber allzu starke Kontraste vermeidet und sich eher um gedeckte Töne bemüht, den orientalischen Hintergrund atmosphärisch stimmig ab. In editorischer Hinsicht ergänzt ein kommentierter Blick in das Skizzenbuch Alarys die gefällige Visualisierung.

Fazit: Ein märchenhafte, in leichte Bilder gebannte Geschichte, garniert mit einigen düsteren Szenen, getragen von einem charmanten Schlitzohr. Äußerst unterhaltsam … auch für diejenigen, die glauben, zu alt für 1001 Nacht zu sein.