Tad Williams: Das Herz – Shadowmarch 4 (Buch)

Tad Williams
Das Herz
Shadowmarch 4
(Shadowheart)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Cornelia Holfelder-von der Tann
Titelillustration von Dietrich Ebert
Klett-Cotta, 2011, Hardcover, 878 Seiten, 26,95 EUR, ISBN 978-3-608-93720-6

Von Carsten Kuhr

Der Götterkrieg neigt sich dem Ende zu. Vor nicht einmal einem halben Jahr musste Briony Eddon aus der heimatlichen Southmarch-Feste vor dem Verräter Hendon Tolly fliehen, jetzt kehrt sie an der Seite von Verbündeten zurück. Doch statt einer von Qar-Heer eingeschlossene Feste vorzufinden, stellt sie überrascht fest, dass sich das Heer der Angreifer zunächst zurückgezogen hat.

Stattdessen hat der Herrscher von Xis, Sulepis sein Ziel, eben jene große Trutzburg in einer der abgelegensten Gebiete der Welt, fast erreicht. Um sich die gottgleichen Kräfte die er anstrebt, und damit die Unsterblichkeit, zu sichern, muss er diese nur noch bis Mitsommer erobern. So hat er sein riesiges Heer um die Feste versammelt und schickt sich an, die Wälle zu überrennen. In seinem Gefolge kehrt auch der von Sulepis gefangengehaltene König nach Southmarch zurück. Ein letztes Gespräch zwischen Vater und Tochter ist ihm vergönnt, bevor ihn sein Schicksal endgültig ereilt.

Auch Brionys Zwillingsbruder Barrick hat weiterhin sein Päcklein zu tragen. Nach der Übernahme durch die Feuerblume – und mit dieser die Erinnerungen des Qar-Volkes – droht er an dem neuen Wissen zugrunde zu gehen. Zusammen mit der Qar-Königin stößt er zu dem sich zurückziehenden Heer aus den Zwielichtlanden

Gleichzeitig sind einmal mehr die Fundlinge Zünglein an der Waage. Zusammen mit Hauptmann Vansen verteidigen sie das Höhlenlabyrinth unterhalb der Burg. Nur ihrem aufopfernden Kampf ist es zu verdanken, dass die Menschheit gerettet werden kann.

Sie sind verwirrt? Kein Wunder, denn die fast viertausend Seiten, verteilt auf jetzt doch vier Bücher zusammenzufassen, ist schlicht unmöglich. Wie von Tad Williams nicht anders zu erwarten, erwartet den Leser ein komplexer Plot voller Wendungen und dramatischer Schicksale.

Williams’ Protagonisten haben und hatten es nie einfach. Immer wieder schlägt das Schicksal erbarmungslos zu, bringt er seine Geschichten zu einem Ende, das er oftmals von der Realität bestimmen lässt. Und diese ist nun einmal nicht immer Friede, Freude, Eierkuchen, sondern hält, ob verdient oder unverdient, für Menschen oftmals Enttäuschungen, Verluste und Niederlagen bereit.

Vorliegend aber ordnen sich seine wie üblich dezidiert gezeichneten Schicksale fast völlig der Handlung unter. Und Handlung heißt in diesem Fall Schlachtengetümmel. Selten bei Williams habe ich eine derartige Massierung von Kampfbeschreibungen gelesen, wie in dem vierten „Shadowmarch“-Titel. Da fliegen Gedärme durch die Luft, wird gelitten und gestorben, dass es eine wahre Pracht ist. Man hat ein wenig den Eindruck, dass dem Autor hier ein wenig die Zügel durchgegangen wären. Das erinnert in Ansätzen schon fast an die Stimmgewalt eines R. Scott Bakker im Schlachtenmodus, offenbart dann aber doch immer wieder, in Nuancen und kleinen, fast unschuldig wirkenden Anmerkungen, William’schen Esprit. Ein wenig zu viel Blut und Heros für meinen Geschmack, dies aber versiert und stimmig aufbereitet.

Nach dem ebenso überzeugenden, wie logischen Finale bringt er seinen Plot dann zu einem Abschluss der wieder einmal zeigt, dass Williams nicht nur ein begnadeter Erzähler ist, sondern auch sich selbst treu bleibt und kein Happy End um jeden Preis anstrebt.