Melissa Marr: Zwischen Schatten und Licht – Sommerlicht 4 (Buch)

Melissa Marr
Zwischen Schatten und Licht
Sommerlicht 4
(Radiant Shadows, 2010)
Aus dem Amerikanischen von Birgit Schmitz
Titelgestaltung von Sonya Pletes
Carlsen, 2011, Hardcover, 334 Seiten, 17,90 EUR, ISBN 978-3-551-58252-2 (auch als eBook erhältlich)

Von Irene Salzmann

Eigentlich sollte Devlin, der Assassine des Lichthofs, über Seth, Sorchas angenommenen Sohn, wachen, doch dann begegnet er Ani, einer Halbelfe, dessen Leben er vor Jahren auf Bitten der Traumwandlerin Rea verschonte. Inzwischen ist Ani zu einer jungen Frau herangereift, die ihre Menschlichkeit immer mehr verliert und sich dem Hof der Finsternis angeschlossen hat. Devlin, der seine Gefühle stets unter Kontrolle hat, fühlt sich unerwartet zu ihr hingezogen, und auch Ani ist von ihm fasziniert.

Als er begreift, dass sie etwas Besonderes ist, hat er einen weiteren Grund, sie vor Sorcha und der Kriegselfe Bananach zu beschützen. Während sich die Herrin des Lichthofs Träumen hingibt, in denen sie Seth, den sie schmerzlich vermisst, beobachten kann, und nicht ahnt, dass das Mädchen noch lebt, will Bananach Ani benutzen, um einen Krieg zwischen den Höfen heraufzubeschwören.

Um ihre Familie und Freunde zu beschützen, da sie weder Irial, den früheren König des Hofs der Finsternis, noch Seth töten will, flieht Ani mit Devlin. Sie kehren jedoch zurück, als sie erfahren, dass Bananach gnadenlos zugeschlagen und jemanden ermordet hat, den Ani sehr liebt. Sie will Rache, aber wenn sie die Kriegselfe tötet, würde auch ihre Schwester Sorcha aufhören zu existieren – und mit ihr das Elfenreich und alle seine Bewohner.

Allerdings ist die magische Welt bereits am Schwinden, da Sorcha nicht aufwachen will und ihre Aufgaben vernachlässigt. Nur Devlin und Seth können vielleicht das Unheil abwenden, doch genau diesen Moment hat Bananach gewählt, um Ani und ihre Freunde anzugreifen …

„Zwischen Licht und Schatten“ ist bereits der vierte von voraussichtlich fünf Bänden der Fantasy-Serie „Sommerlicht“. Die Romane sind dank wechselnder Hauptfiguren so konzipiert, dass sie allein für sich stehen und man die übrigen Bände nicht kennen muss, um der Handlung folgen zu können, obschon die komplexe Lektüre natürlich noch viel mehr Spaß macht, wenn man die Teile chronologisch liest.

Im vorliegenden Buch stehen nicht Ash und Seth sowie Keenan und Donia im Mittelpunkt, sondern Devlin, der in „Für alle Ewigkeit“ bereits größere Handlungsanteile hatte, sowie Ani und Rea, die zuvor nur Randfiguren waren beziwehungsweise erst jetzt eingeführt wurden. Auf diese Weise werden die Konflikte der anderen Akteure – Keenan ist verschwunden und der Sommerhof geschwächt; Donia, die Königin des Winterhofs, und Niall, der neue Herrscher über den Hof der Finsternis, haben Gründe, Keenan und Ash zu grollen; um Ash ein ebenbürtiger Partner zu sein und sie nicht an den König des Sommerhofs zu verlieren, bat Seth Sorcha, ihn zu einem Elf zu machen und nahm im Gegenzug die Position ihres Sohnes ein – in den Hintergrund gedrängt und für den Abschluss-Roman aufbewahrt.

Wenngleich die Geschehnisse in „Zwischen Licht und Schatten“ fast wie eine Side-Story wirken, so haben sie doch großen Einfluss auf die Elfenwelt und ihre Bewohner. Auch die anderen Charaktere werden aus dieser Entwicklung ihre Konsequenzen ziehen müssen, was ein spannendes Finale verspricht. Mehr zu verraten, würde die Überraschungen vorweg nehmen.

Melissa Marr hat mit ihrer „Sommerlicht“-Serie eine spannende Reihe geschaffen, die sich an Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen wendet. Ihre Elfen entsprechen weder den niedlich-süßen Märchenwesen noch den schönen und edlen Waldbewohnern der High-Fantasy; stattdessen sind es bizarre, launische und gefährliche Wesen, die sich unerkannt unter die Menschen mischen und deren Schicksal beeinflussen. Nur wenige, darunter Ash und Seth, wissen von ihnen und werden in Folge immer mehr zu Grenzgängern, die eine wichtige Rolle in beiden Welten spielen.

Bei den Protagonisten handelt es sich um junge Erwachsene aus zumeist komplizierten Verhältnissen. Sie werden von keiner Familie behütet, müssen auf sich selbst aufpassen und schnell die Regeln lernen, um unter den Elfen überleben zu können. Als wäre das allein nicht schon Hintergrund genug für gefährliche Abenteuer, wird von Bananach der offene Krieg in beide Welten getragen. Doch auch sie muss mit den jüngsten Konsequenzen zurechtkommen. Es bleibt spannend – und der letzte Band wird sehnsüchtig erwartet.

Uneingeschränkt kann man die „Sommerlicht“-Serie allen Genre-Freunden wärmstens empfehlen!