The Unwritten oder das wirkliche Leben 1 (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Sonntag, 04. September 2011 14:16

Mike Carey & Peter Gross
The Unwritten oder das wirkliche Leben 1
Tom Taylor und die gefälschte Identität
(The Unwritten #1-5, 2009)
Aus dem Amerikanischen von Gerlinde Althoff
Titelbild & Zeichnungen von Mike Carey & Peter Gross
Panini, 2011, Paperback mit Klappenbroschur, 148 Seiten, 16,96 EUR, ISBN 978-3-86201-209-1
Von Christel Scheja
„The Unwritten“ ist eine neue Comic-Serie aus dem Vertigo-Label, die mit ähnlichen Inhalten wie „Sandman“ und „Fables“ spielt. Auch hier verschwimmen Wirklichkeit und Fiktion miteinander, Magie und Mythen sind ein fester Bestandteil der Handlung, wie auch schon in „Die Bücher der Magie“. Genau auf diese Saga nehmen die Autoren und Künstler sogar Bezug, wenn man ein wenig genauer hinschaut.
Tommy Taylor, ein Junge aus der ganz normalen Welt, war und ist der Held einer langlebigen Fantasy-Buchreihe, die unzählige Leser noch immer so fesselt, dass sie nicht genug davon bekommen können. Allerdings ist der Autor Wilson Taylor seit einiger Zeit spurlos verschwunden, sodass sein Sohn Tommy ihn auf den Lese- und Signierreisen durch das Land vertritt. Immerhin gilt er als der zur Fleisch gewordene Mythos, den Menschen, an den der Autor seinen jungen Zauberer angelehnt hat. Deshalb sehen viele Fans ebenfalls etwas Besonderes in ihm und verehren ihn ähnlich wie seinen Vater.
Doch dann, auf einem Con schlägt, die Stimmung um, denn eine junge Reporterin wagt etwas, was noch kein anderer Mensch vor ihr gewagt hat. Sie stellt Tom und seine Vergangenheit, ja sogar seine Verbindung zu Wilson Taylor, in Frage. Ist er wirklich der leibliche Sohn des Autors? Hat er nicht vielleicht sogar etwas mit dem Verschwinden von Wilson Taylor zu tun? Die Medien greifen zu und schlachten das Ganze aus. Rasch wendet sich auch die Stimmung einiger Fans gegen Tom. Er kann sich schon bald nicht mehr gegen die Wut der Leute, die sich betrogen fühlen, wehren. Das Schlimme ist – er hat auch keine Beweise, denn ebenso wie er keine Erinnerung an seine Vergangenheit hat, fehlen auch ab einem bestimmten Zeitpunkt alle Hinweise, dass es ihn davor überhaupt gegeben hat. Und als dann auch noch Dinge passieren, die sich nicht mehr erklären lassen und deutliche Parallelen zu Tommys Abenteuern aufzeigen, bleibt dem jungen Mann nur noch die Flucht. Denn nur so kann er vielleicht die Wahrheit über sich und seinen Vater herausfinden...
Schon der Auftakt zu „The Unwritten“ ist vielversprechend, bekommt man doch eine kurze Einführung in die Romanreihe und ihre Figuren, sodass man später besser nachvollziehen kann, um was es geht. Tatsächlich orientierten sich die Autoren und Künstler nicht an Harry Potter, sondern mehr an der Vertigo-eigenen Serie „Die Bücher der Magie“, was auch nicht verwunderlich ist, da Peter Gross an dieser Serie mitgearbeitet hatte. Geschickt schlagen sie eine Brücke von dort zur Wirklichkeit und lassen selbst die erfahrenen Leser rätseln, was nun Sache ist.
Der Anfang ist ganz normal und weckt Erinnerungen an die Lesungen und Signierstunden anderer bekannter Autoren auf Cons. Doch als die ersten Zweifel geweckt werden, bekommt auch die Serie einen anderen Schwerpunkt. Immer mehr übernatürliche Elemente fließen in die Handlung ein und geben ihr eine skurrile und unwirkliche Atmosphäre. Allerdings wird niemals offen gesagt, was wirklich Sache ist – von Seite zu Seite schlingt sich ein Netz aus verwirrenden Verbindungen enger um den Helden, der auf der Suche nach seiner Vergangenheit ist, um selbst bei Verstand zu bleiben. Es gibt viele Anspielungen auf moderne Geschichten und Medienereignisse – aber auch kryptische Andeutungen auf Beziehungen und Verbindungen, deren Bedeutung sich erst später ermessen lässt. Denn der Sensenmann, der Tom am Ende jagt, scheint viel mehr zu wissen. Und auch die Geschichte um Kipling scheint auf etwas hinzuweisen, das auch in den kommenden Bänden an Bedeutung gewinnen wird.
„The Unwritten“ bietet den spannenden Auftakt zu einer weiteren interessanten Saga um das Spiel mit Fiktion und Wirklichkeit, die vor allem anspruchsvolleren Lesern gefallen dürfte, die bereits ein Faible für „Sandman“ und „Fables“ hatten. Denn die Geschichte bietet all das, was die beiden anderen Serien auch besitzen, geht aber einen ganz anderen Weg als diese, so dass auch die Handlung neu und unverbraucht wirkt.