Tim Strettom: Serendip (Buch)

Tim Stretton
Serendip
(Dragonchaser, 2005)
Aus dem Englischen von Andreas Irle
Titelillustration von Ralf Kübler
Edition Andreas Irle, 2010, Taschenbuch, 422 Seiten, 19,90 EUR, ISBN 978-3-936922-14-1

Von Armin Möhle

„Serendip“ von Tim Stretton ist nach „Übersetzungen aus dem Kolosianischen“ von Jack McDevitt das zweite Buch der Edition Andreas Irle, das nicht von Jack Vance stammt. Die Edition Andreas Irle hatte zuvor ausschließlich Romane (und die Autobiografie) des US-amerikanischen Autors Jack Vance publiziert, überwiegend in Neuübersetzungen, so beispielsweise „Die sterbende Erde“, „Der Sternenkönig“, „Maske: Thaery“, „Trullion: Alastor 2262“. Weitere Markenzeichen sind die hochwertige Ausstattung der Bücher und der hohe Preis.

„Serendip“ ist das erste Buch der Edition Andreas Irle, das als Taschenbuch herausgegeben wurde, und außerdem das erste Buch des englischen Autors Tim Stretton, das im deutschen Sprachraum erschienen ist (in deutscher Übersetzung, die erneut Andreas Irle selbst besorgte), ein Fantasy-Roman.

Mirko Askalon ist ein abgesetzter und verbannter Galeerenkapitän der Marine von Garganet, der in dem Stadtstaat Paladria Zuflucht gefunden hat. In Paladria steht in einigen Monaten nicht nur die Neuwahl des Herrschers, des Peremptors, an, der von den Oberhäuptern der privilegierten Familien Paladrias, den Elektoren, bestimmt wird, sondern auch die Margariade, ein Galeerenrennen. Der Elektor Bartazan hofft, durch den Sieg seiner Galeere „Serendip“ auch die Wahl zum Peremptor für sich entscheiden zu können. Bei den vorherigen Rennen war die „Serendip“ jedoch chancenlos. Mirko Askalon willigt ein, die „Serendip“ zu übernehmen, ihre Mannschaft zu trainieren und für Bartazan in der Margariade zum Sieg zu führen.

Dieser Entschluss bringt Mirko Askalon mehrfach in Lebensgefahr, verwickelt ihn in die Politik Paladrias, in politische und amouröse Intrigen, in Liebschaften und Kämpfe, in Entführungen und Anschläge. In diesem Konglomerat verfolgt er außerdem seine eigenen undurchsichtigen bis undefinierten Ziele.

Der Roman weist einen großen Handlungsreichtum aus, in dem sich der Autor als sehr sorgfältig erweist, was die Darstellung der Geschehnisse betrifft. „Serendip“ bietet alles, was der Handlungsentwurf eines machtpolitisch entscheidenden Galeerenrennens in einer antiken Gesellschaft erwarten lässt. Die Welt, die der Autor in „Serendip“ entwirft, mutet sehr authentisch an.

Dennoch erfordert die Lektüre von „Serendip“, je weiter die Handlung voranschreitet, eine gewisse und zunehmende Geduld des Publikums, denn erfahrene Leser werden nicht ernsthaft annehmen, dass die „Serendip“ die Margariade nicht gewinnt. Das politische System Paladrias erinnert an historische Vorbilder, beispielsweise an das Römische Reich mit seinen Senatoren, Konsuln und Imperatoren, seinen Sklaven, und seinem Prinzip von ‚Brot und Spiele‘ (ohne dass Paladria, zugegeben, die Machtfülle des Römisches Imperiums, selbst, als es sich seinem Untergang näherte, nur annähernd erreicht).

Nichtmenschliche Wesen, ein übliches Sujet der Fantasy, werden in „Serendip“ sparsam eingesetzt. Gegen Ende des Romans spielt auch die Magie eine Rolle, die aus Paladria ansonsten verbannt wurde und deren Gebrauch verfolgt wird, womit der Autor „Serendip“ endgültig der Fantasy zuweist und sein Thema variiert. Diese Handlungselemente werden für den Plot benötigt und beseitigen den Eindruck, das Genre wäre gewählt worden, um umfangreiche Recherchen und eine korrekte Einbettung der Handlung in einen historischen Kontext zu vermeiden. Erfreulich ist auch, dass Mirko Askalon in „Serendip“, im Gegensatz zu vielen Protagonisten der klassischen und zeitgenössischen Fantasy, nicht seine komplette Welt retten muss.

Tim Stretton ist handwerklich ein guter Autor, was die Ausführung angeht, inhaltlich zeigt er sich aber nicht als innovativ und/oder besonders variationsreich. So ist „Serendip“ ein solider Roman, jedoch nicht ein großer Wurf.