Paul A Müller: Blaue Kugel (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Donnerstag, 07. Juli 2011 21:35
Paul A. Müller
Blaue Kugel
Roman eines phantastischen Abenteuers
Verlag Dieter von Reeken, 2011, Paperback, 182 Seiten, 11 Abbildungen, 17,50 EUR, ISBN 978-3-940679-46-8
Von Carsten Kuhr
Drei junge Männer stoßen während ihrer Expedition in den Anden auf eine Merkwürdigkeit, die es eigentlich gar nicht geben dürfte. Auf einem abgelegenen Hochgebirgspfad der Inkas scheinen die Gesetze der Schwerkraft aufgehoben zu sein. Natürlich stürzen sich die drei mit Feuereifer auf das Rätsel. Sie entdecken das Überbleibsel einer hochzivilisierten Rasse, die vor Jahrhunderten die Gegend besiedelte. Das Raumschiff in Gestalt einer blauen Kugel hält nicht nur einen Fernseher ohne Sendestation, eine automatische, chemische Küche sondern auch einen Vernichtungsstrahl für die Drei bereit.
Unbedarft und naiv wie sie anfänglich sind, führt sie ihr erster Flug nach Miami. Hier, in der mondänen Küstenstadt, wollen sie es sich, nach ihrem Ausflug in die Wildnis der Hochanden, erst einmal wieder gut gehen lassen. Dass ihre Blaue Kugel, die sie als Ballon tarnen, Aufsehen erregt, war zu erwarten. Dass aber Großmächte wie Kriegstreiber, Industriemogule wie militante Erfinder ihnen ihre Entdeckung mit allen legalen wie illegalen Mitteln abluchsen wollen, damit haben sie nicht gerechnet.
Sie werden verfolgt, verleumdet, ihre Verwandten bedrängt. Als Hannibal Valerian Roxas’ Verlobte entführt wird, und dabei ebenso wie seine Mutter durch die Schuld der Verbrecher umkommt, entscheidet sich der jungen Brasilianer dafür, die ihm in die Hand gefallenen Machtmittel für sich zu nutzen. Zunächst sinnt er auf grausame Rache für die beiden Tode, dann versucht er mittels Druck, die Menschen zum friedfertigen Miteinander zu zwingen – stößt dabei aber nur zu bald an seine Grenzen. Selbst ein Ausflug auf den Mond, der den Reisenden offenbart, dass die Erde sich im Inneren einer Kugel befindet, vermag ihn nicht aus seiner Melancholie zu reißen – so dass sein letztlich tragisches Ende vorhersehbar ist …
Paul Alfred Müller, der auch unter den Pseudonymen Freder van Holk und Lok Myler veröffentlichte, hat ein riesiges Oeuvre hinterlassen. Als Lohnschreiber, der von seiner Arbeit im wahrsten Sinne des Wortes leben musste, war er gezwungen, neben den von ihm geliebten phantastischen Abenteuerplots auch Krimis und Liebesromane zu verfassen. Bekannt geblieben ist er Generationen von Lesern aber insbesondere durch die von ihm verfassten oder zumindest initiierten („Rah Norton“) Serien um Sun Koh und Jan Mayen. Mit diesen hat er unzählige Leser phantastisch unterhalten, junge Talente inspiriert und Vorarbeit geleistet, ohne die der Erfolg eines Perry Rhodan undenkbar gewesen wäre. Dabei hat er gerade in den späteren Romanen immer wieder Ideen aus seinen Serien aufgegriffen und erneut verarbeitet. So ist der Beginn des vorliegenden Buches mit der Handlung aus Band 20 der Serie „Sun Koh“, „Der Schleier des Condor“, identisch, und auch „Jan Mayen“ Band 12 „3000 Stundenkilometer“ wird „recycelt“.
Auffällig ist, dass die zugrundeliegende Grundhandlung verblüffend späteren Erfolgsserien gleicht. Eine Gruppe Abenteurer findet ein kugelförmigen Raumschiff und macht sich die fremde Alien-Technologie untertan; um die Menschheit zu einem besseren Zukunft zu führen. Anders als spätere Helden obsiegen unsere wohlmeinenden Helden aber nicht. Statt sich zu den Herrschern der Welt aufzuschwingen,und für Frieden und Wohlstand zu sorgen muss Roxas im Verlauf der Handlung einsehen, dass er, allen wohlmeinenden Vorsätzen zum Trotz, eine Weiterentwicklung der Menschheit nicht erzwingen kann.
Anders als in vielen der vorgenannten Serien erweist sich der Protagonist auch nicht als der strahlende Held. Statt triumphierend von Sieg zu Sieg zu eilen und den Bösen das Fürchten zu lehren, resigniert und scheitert Roxas letztlich an der Borniertheit und der Habgier der Menschen. Dabei erweist sich der Roman, mit einer Ausnahme auf die ich noch zu sprechen komme, als nach wie vor sehr gut lesbar und spannend.
In der in den 50er Jahren erfolgten Überarbeitung des Romans ersetzte der Autor das achte Kapitel, das bis dahin vom Ausflug unser Reisenden auf den Mars berichtete, durch eine Mondfahrt, in der er ausgiebig über sein Lieblingsthema, die Hohlwelttheorie, referieren konnte. Mit unseren heutigen Wissensstand sind die belehrenden Passagen abstrus und wirken oberlehrerhaft, sind aber als Zeitzeugnis durchaus interessant, wenngleich ich es gerne gesehen hätte, wenn der Herausgeber den aus der Erstauflage entfallenen Marsausflug als Alternative beigegeben hätte.
Insgesamt gesehen liegt mit „Blaue Kugel“ einer der unterhaltsamsten Romane aus der Feder PAMs wieder vor. Dabei präsentiert sich der Autor gegenüber seinen Serien als überraschend nachdenklich, fesselt aber seine Leser in gewohnter Manier an die Seiten.