Sam Sykes: Das Buch des Dämons – Die Tore zur Unterwelt 1 (Buch)

Sam Sykes
Das Buch des Dämons
Die Tore zur Unterwelt 1
(Tomb of the Undergates)
Aus dem Englischen übersetzt von Wolfgang Thon
Titelillustration von Isabelle Hirtz
Penhaligon, 2011, Paperback mit Klappenbroschur , 732 Seiten, 16,99 EUR, ISBN 978-3-7645-3055-6

Von Carsten Kuhr

Wir sind sie mittlerweile gewohnt, die Helden-Epen über die wackeren Recken im Dienst des Guten. Auch Söldner, Diebe und Assassinen standen und stehen immer wieder im Zentrum von entsprechenden Fantasy-Romanen.

Nur über eine Sorte der wagemutigen Protagonisten mag so recht niemand schreiben. Zu schlecht beleumundet sind diese, sie haben keine ehrbaren Motive, schon gar keinen Respekt vor dem eigenen Stand – die Abenteurer. Wenn es brenzlig wird, wenn salopp ausgedrückt die Kacke am Dampfen ist, dann ergreifen sie das Hasenpanier, sieht man allenfalls noch ihre Rockschöpfe. Sam Sykes hat sich der als feige verschrieenen, verachteten Hassadeure angenommen. An Bord eines Segelschiffes, das von Piraten angegriffen wird, begegnen sie uns das erste Mal.

Angeführt von Lenk, einem kleingewachsenen, eher unauffälligem drahtigen Schwertkämpfer, lernen wir eine illustre Anzahl von gar merkwürdigen Gestalten, Helden vermag man in diesen beim besten Willen nicht zu erblicken, kennen. Da ist zunächst die Heilerin Asper, eine frühere Priesterin, die mit Schandmahlen versehen mit sich selbst nicht eben im Reinen zu sein scheint. Oder Katariam, eine der spitzohrigen Shict, eine begnadete Bogenschützin und Fährtenleserin. Dazu gesellt sich mit Gariath, dem Drachenmann, ein Reptilwesen, das ständig schlechtgelaunt Rache für die fast vollständige Vernichtung seiner Rasse durch die Rundohren nehmen will. Denaos, ein unauffälliger Attentäter auf der Flucht vor Geldeintreibern, ist der Mann ohne Gewissen, und auch ein Magnus, Draedaeleon, genannt, ein jugendlich-übermütiger Mann, darf nicht fehlen.

Als das Schiff von Piraten und Froschwesen überfallen wird, wollen sie zunächst die Flucht ergreifen. Doch das Schicksal hat ihnen eine andere Aufgabe zugedacht. Als ein seit Äonen in die tiefsten Meeresbecken vertriebenes Wesen, ein scheinbar nicht zu besiegender Abysmyth, das Schiff betritt und dem Lord Emissär eine Fibel entwendet, ahnen sie noch nicht, dass das Schicksal der Welt auf ihren unwilligen, schmalen Schultern lastet. In der gestohlenen Kladde sind Bannsprüche aufgezeichnet, mit deren Hilfe man das Tor, durch das die Götter vor Urzeiten die Dämonen gestoßen und diese damit aus der Welt verdrängt hatten, geöffnet werden kann. Nur wenn es gelingt, die Fibel vor Öffnung des Tores zurückzuholen, kann die Wiederkehr der unsterblichen Dämonen verhindert werden. Doch schon deren Anhänger stellen die Abenteurer vor eine scheinbar unlösbare Aufgabe – sie wollen, egal mit wie vielen Schwertern und Pfeilen man sie bestückt, einfach nicht sterben ....

Lässt man die Tatsache außer Betracht, dass es sich bei Sam Sykes um den Sohn einer gewissen Diana Gabaldon handelt, und konzentriert sich ausschließlich auf den Text, so erwartet den Leser zunächst vom Plot her ein gewohntes Menü. Eine Gruppe Helden zieht aus, das Böse in Gestalt von Dämonen daran zu hindern, wieder auf ihre Welt zu gelangen und eine neue Schreckensherrschaft zu errichten. Überraschend dann zunächst, wie der Autor seine Figuren einführt. Nicht etwa, dass sich unsere Gruppe findet und sammelt, sondern wir begegnen den Protagonisten des umfangreichen Romans an Bord eines Schiffes mitten im Kampf. Wie sie zueinander fanden, wie es zu ihrem Aufenthalt auf dem Segler kam, dies bleibt zunächst im Dunkel, die Handlung der das Schiff enternden Piraten und die Bedrohung durch Frischmenschen und einen ersten Dämonenabkömmling nehmen die Bühne komplett ein.

Das verwirrt zunächst ein Bisschen, kann der Leser doch die Figuren nicht eindeutig zuordnen, zumal Sykes die Helden seines Romans nicht eben sympathisch beschreibt. Gleichzeitig aber sorgt die Non-stop-Action dafür, dass der Leser sofort in die Handlung gezogen wird, und über klischeehafte Figuren braucht man sich hier keine Gedanken zu machen. Zwar wirken die Gefährten, Freunde sind sie nicht, eher wie Konkurrenten auf dem Weg zur Hölle, nicht unbedingt sympathisch – ist ihre Motivation ganz dem schnöden Mammon verpflichtet – und sucht man Aufopferung, Gewissen und Pflichtbewusstsein bei ihnen vergebens. Dafür aber lassen sie sich einmal mit eintausend Dublonen Gold geködert nicht lumpen und nehmen den eigentlich aussichtslosen Kampf auf.

Kampf, dieses Wort könnte man als große Überschrift über den Roman setzen. Genremäßig kann man die Handlung der Sword & Sorcery zuordnen. Und es wird ausgiebig gekämpft und gezaubert. Die Handlung läuft entsprechend spannend und rasant ab, der Unterhaltungsfaktor ist hoch. Auffallend dabei, dass zwar keine der Hauptpersonen stirbt, dass unsere Kämpfer jedoch jede Menge Blut verlieren, Schmerzen erleiden und so manches Mal als Unterlegene vom Kampfschauplatz kriechen. Das wirkt in sich überzeugend, dabei packend und interessant, zumal sich langsam ein größeres Bild abzuzeichnen beginnt. Ein erstes Abenteuer ist überstanden, doch der Kampf wird weitergehen.