Julia Ward: Der wollüstige Fürst und das scharfe Bauernmädchen (Buch)

Julia Ward
Der wollüstige Fürst und das scharfe Bauernmädchen
Blue Panther Books, 2024, Taschenbuch, 178 Seiten, 12,90 EUR

Rezension von Irene Salzmann

Julia Ward nennt sich eine Autorin, die schon früh viel Freude am Erfinden von Geschichten hatte. Auf eine Ausbildung, die zu einem einträglichen Beruf führte, folgte schließlich ein Studium der deutschen Literatur und Sprache, durch das sie ihre Liebe zum Schreiben neu entdeckte.

Bei Blue Panther Books finden sich derzeit die Titel „Sündentempel der Lust“ und „Der wollüstige Fürst und das scharfe Bauernmädchen“; der letztgenannte Roman liegt zur Rezension vor.

 

Ihr Vater, ein armer Bauer, will Lia an einen reichen Fürsten verkaufen, hoffend, dass sich seine Situation mit einem Beutel Münzen statt des lästigen Mitessers deutlich verbessern wird. Dass die Adligen ein ausschweifendes Leben führen und sich jederzeit nehmen können, was sie haben wollen, ist hinreichend bekannt. Dennoch ist ihm das Schicksal der Tochter völlig gleichgültig. Was ist ein Mädchen schon anderes als eine Hure und im günstigen Fall Handelsware.

Tatsächlich ist Lia kein Kind von Traurigkeit und hat insgeheim bereits Erfahrungen gesammelt, aber so geringschätzig behandelt zu werden, dazu von der eigenen Familie, schürt ihren Zorn. Sie hat jedoch keine Wahl und muss sich ihrem neuen Besitzer, dem jungen und attraktiven Fürst Stellan von Lindenhain, fügen.

Obwohl er und sein „Haushalter“ (kein Schreibfehler) Aaren die junge Frau zu beruhigen versuchen, ist sie voll des Misstrauens, denn die scheinbare Freundlichkeit kann nur ein mieser Trick sein.

Was dann passiert, hätte Lia niemals erwartet: Stellan erklärt ihr, dass er und einige Gesinnungsgenossen Mädchen wie sie freikaufen und keineswegs die Absicht haben, sie als Huren zu missbrauchen. Es steht ihr frei zu gehen und irgendwo ein neues Leben zu beginnen - oder bei ihm zu bleiben, als Mätresse, denn er erkennt in ihr einen verwandten Geist und ist beeindruckt von ihrer Schönheit und Leidenschaft. Dass sie keine Jungfrau mehr ist, stört ihn nicht.

Stellan gelingt es, Lia von seiner Aufrichtigkeit zu überzeugen. Durch seine Ehrlichkeit geht auch jemand wie er trotz seiner hohen Stellung ein großes Risiko ein. Noch gefährlicher ist das Arrangement für Lia. Als Bauernmädchen ist sie keine standesgemäße Partie, sie kann niemals die Frau des Fürsten werden und wird immer von anderen Adligen als Freiwild gesehen, könnte sogar hingerichtet werden für ihr unzüchtiges Treiben mit dem Mann, in den sie sich Hals über Kopf verliebt hat. Diese Bedrohung wird schnell zur grausamen Wirklichkeit, als die begehrlichen Blicke des skrupellosen Barons von Strahlenhof auf Lia fallen.


Julia Ward schildert Lias Leben in Schloss Lindenhain aus der Perspektive der Protagonistin in einem flotten, fast schon schnoddrigen, auf jeden Fall zeitgenössischen Ton. Die junge Frau ist eine Rebellin, eine Feministin, die für sich die gleichen Rechte einfordert, die nur Männern zustehen - einschließlich Sex, allerdings mit Partnern, die ihr gefallen und ihre Bedürfnisse berücksichtigen. Ihren Mr. Right findet sie wider Erwarten in Stellan, ein Freigeist, der ihr sein Herz schenkt. Einzig einige Regeln gilt es für beide, in der Öffentlichkeit zu beachten, damit niemand erfährt, was sich wirklich zwischen ihnen hinter den Schlossmauern abspielt.

Die fiktive Location der Handlung möchte man aufgrund der Namen im deutschsprachigen Raum ansiedeln. Da die Autorin historische Andeutungen zur zeitlichen Einordnung tunlichst vermeidet, geben wenige Stichworte, welche die Transportmittel, Waffen und Kleidung beschreiben wie „Kutsche“, „dünnes Schwert“ (Degen, Säbel, Florett?) und „modifizierter Seidenkimono“ - einen Fingerzeig, dass die Kulisse etwa dem 16. Jahrhundert angelehnt sein könnte.

Freilich hat es in allen Kulturen und Epochen einzelne Personen gegeben, die aus den Konventionen ausgebrochen sind oder sich in einem gewissen Rahmen besondere Freiheiten haben schaffen können. Dennoch ist das liebende Paar viel zu neuzeitlich für diese Ära dargestellt, und die Wortwahl enthält einige Anachronismen (zum Beispiel „Paralleluniversum“. Seite 10), die einfach nicht ins ausgehende Mittelalter/frühe Neuzeit passen und schon gar nicht zu einer jungen Frau, die zwar klug, aber gemäß ihrem Stand ungebildet ist.

Den meisten Lesern dürfte das nicht weiter auffallen, sie auch nicht stören, da sie keine Lektion in Geschichte, sondern jede Menge Sex wünschen. Wenn Stellan und Lia nicht gerade damit beschäftigt sind, sich wortreich oder in Monologen anzuhimmeln, fallen sie übereinander her oder beobachten andere bei tabulosen Freuden. Die Schilderungen sind grafisch, Dirty Talking gehört dazu. Beachtenswert ist auch, dass die Geschichte mit vier Personen auskommt (Lia, Stellan, Aaren, der Baron - alle anderen bleiben gesichts- und namenlos; Papa Olaf vom Anfang zählt nicht). Gegen Ende erlebt die Geschichte ein kurzes Spannungsmoment, das leider nicht weiter ausgebaut und fast schon in Superhelden-Manier erledigt wird.

Ein Publikum, für das eine erotische Lektüre vor allem deftige Beschreibungen sexueller Handlungen bieten soll, wobei ein phantasievoller Hintergrund weniger wichtig, aber ein nettes Extra ist, dürfte mit diesem Band seinen Spaß haben. Möchte man etwas mehr Handlung, Charakter-Entwicklung und Details, die sich passend ins Gesamtbild fügen, kommt man hier ab und zu ins Stolpern.

„Der wollüstige Fürst und das scharfe Bauernmädchen“ spricht Leser an, die gern zu Erotik-Titeln mit einem Hauch History greifen wie Tessa Devons „Die Hure des Königs“, Maria Bertanis „Die Nymphe von Meisterhand verführt“ und Cole Roberts‘ „Huren auf Wanderschaft“.