Matthew Reilly: Mister Einsteins Sekretärin (Buch)

Matthew Reilly
Mister Einsteins Sekretärin
(Mr. Einstein‘s Secretary, 2023)
Übersetzung: Heiner Eden
Festa, 2025, Paperback, 486 Seiten, 16,99 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Unsere Hauptfigur, Hanna Fischer, wird Anfang des 20. Jahrhunderts als Tochter einer amerikanischen Mutter und eines deutschen Vaters in Berlin geboren. Sie ist eine neugierige junge Frau, deren größter Wunsch es ist, Physik zu studieren - wie ihre Mutter und ihr Nachbar, der große Albert Einstein.

Als die Nazis ihren Vater auf dem Balkon des Hauses erhängen und ihre Heimat in Flammen aufgeht, sind alle Pläne obsolet. Hanna flieht, von Albert Einstein aufs Schiff gebracht, nach Amerika.

Hier ist sie gezwungen, ihren Traum vom Physikstudium aufzugeben und sich stattdessen an einer renommierten Schule für Sekretärinnen einzuschreiben. Bald schon kommt sie so in die Nähe einiger der interessantesten Menschen der Stadt. Wirtschaftsmagnaten, Prominente, Gangster und ein Agent des Finanzministeriums nutzen ihre Dienste, während sie sich darum bemüht, einen Weg nach Hause zu finden. Doch ist das Deutschland, in das sie zurückkehrt, überhaupt noch ihre Heimat?

Als die Nazis in Deutschland an die Macht kommen, wird Hanna als amerikanische Spionin rekrutiert und findet sich bald als Sekretärin mehrerer hochrangiger Nazis wieder. Gefangen zwischen despotischen Männern, tödlichen Geheimdienst-Agenten und ihren eigenen Loyalitätskonflikten, versucht Hanna, die schrecklichen Wahrheiten des Nazi-Regimes aufzudecken - ohne dass ihre eigenen Geheimnisse ans Licht kommen. Und auch ihre Zwillingsschwester, einst in ein Heim für geistig gestörte Personen abgeschoben, kreuzt immer wieder ihren Weg.


Der Roman beginnt in Amerika im Jahr 1948, wo Hanna Fischer ihrer eigenen Beerdigung beiwohnt, an der Albert Einstein als einer von nur vier Trauernden teilnimmt.

Danach erwarten uns eine Reihe von Zeitsprüngen, während wir Hannas Leben Revue passieren lassen - beginnend mit ihrer Kindheit in Deutschland, in der sie und ihre Eltern die Nachbarn der Einsteins waren und das Kind Hanna eine Begabung für Physik offenbarte.

Gleich zu Beginn präsentiert uns Reilly Auszüge aus verschiedenen Verhören, die Hanna in den30er Jahren bei der amerikanischen Polizei, 1942 bei der Gestapo und 1945 bei der Roten Armee durchmachte, während sich ihre Geschichte langsam entfaltet. Mehr soll, der Spannung wegen, hier nicht verraten werden.

Matthew Reilly ist der unbestrittene König des Action-Thrillers. Seine entsprechenden Romane verkauften sich weltweit wie die sprichwörtlichen warmen Semmeln. Unverständlich daher, dass Ullstein, sein ehemaliger Hausverlag, den Vertrag mit dem in Australien geborenen Verfasser nicht verlängerte. Umso dankbarer war und bin ich dem Festa Verlag dafür, hier in die Bresche gesprungen zu sein.

Nun legt Festa in der Action-Reihe den neuesten Roman des Autors auf. Erstmals wagt sich Reilly an einen historischen Stoff, erzählt uns über rund 40 Jahre von den Begegnungen, Erlebnissen und Fährnissen einer Sekretärin der mächtigsten und bedeutendsten Gestalten ihrer Zeit.

Wie wir dies von Reilly kennen, wird Kollege Zufall reichlich bemüht; unsere sympathisch gezeichnete Hauptfigur entkommt immer wieder den unabwendbarsten Situationen. Wer dies akzeptiert, wird eine interessante Achterbahnfahrt durch das Who’s Who des Dritten Reiches und der Amerikaner erleben.

Das Tempo ist gewohnt hoch, die gefährlichen Situationen reihen sich aneinander - doch irgendwie nahm ich Reilly die Zufälle dieses Mal, in der historischen Kulisse, nicht so einfach ab, wie in seinen Action-Blockbustern. Mag sein, dass die realen Figuren die Handlung zu sehr erden; ernsthaft an Geschichte Interessierte werden sich mit Grausen abwenden. Zu sehr versucht der Verfasser, uns mit den gefahrvollen Abenteuern seiner Protagonistin an die Seiten zu fesseln, zu sehr wirken Teile des Buches, als müsse jede wichtige Figur der damaligen Zeit auch ja ihren eigenen Auftritt haben.

Verstehen Sie mich hier bitte nicht falsch: Reilly ist ein begnadeter Autor, der weiß, wie er seine Leserinnen und Leser ködern kann. Lässt man das geschichtliche Wissen außen vor, erwartet uns ein packender, rasant erzählter Plot, der Spaß macht. Wir bangen mit Hanna und anderen Figuren, immer wieder überrascht uns der Plot durch unvorhersehbare Wendungen und Entwicklungen. Doch war ich nicht so gefesselt wie bei seiner zuletzt bei der bei Festa erschienenen „Jack-West“-Serie.