Tessa Devon: Die Hure des Königs (Buch)

Tessa Devon
Die Hure des Königs
Blue Panther Books, 2023, Taschenbuch, 192 Seiten, 12,90 EUR

Rezension von Irene Salzmann

Über die Autorin mit dem Pseudonym Tessa Devon erfährt man, dass sie selbständige Betriebswirtin in Berlin ist und nach den Bänden „NaturGeil“ 1 und 2 mit „Die Hure des Königs“ den ersten von mindestens zwei erotisch-historischen Romanen verfasst hat, der im Frankreich des Sonnenkönigs Ludwig XIV. (1638 bis 1715) angesiedelt ist. 1685 widerrief der absolutistische Herrscher die den Hugenotten im Edikt von Fontainebleau garantierten bürgerlichen und religiösen Rechte. Die Geschehnisse spielen wenige Jahre davor, allerdings ohne das Buch zu einer Lektion in Geschichte zu machen, denn der Schwerpunkt liegt deutlich auf den amourösen Abenteuern der Hauptfigur.

 

Catherine de Chabannes folgt ihrer unglücklichen Schwester, eine Mätresse des Königs, an den Hof von Versailles. Ihr bleibt nur wenig Zeit, Nachforschungen anzustellen, warum die schöne Marie-Angelique (eine Hommage an die dreizehn „Angélique“-Romane von Anne Golon, die mit Michelle Mercier verfilmten wurden [fünf Filme 1965 bis 1968 + zwei türkische Filme 1967/1968 mit anderen Darstellern + Neuverfilmung 2013, basierend auf einer Buchneuveröffentlichung der Bände 1 bis 4 von 2008]?) anscheinend in Ungnade gefallen und wohin sie verschwunden ist. Denn nachdem Catherine zufällig einen Giftanschlag auf Louis XIV. vereiteln konnte, unterbreitet man ihr ein Angebot, das sie nicht ausschlagen kann.

Infolgedessen schließt sie mit dem Sohn der Gräfin du Bois, der in Übersee weilt und vermutlich nie zurückkehren wird, eine sogenannte Handschuh-Ehe, die sie mit einem Stellvertreter vollzieht. Etwaige Kinder, die im Rahmen dieser Ehe zur Welt kommen, werden als legitime Erben anerkannt. Dadurch entzieht sich Catherine dem üblen Einfluss des Marquis und der Marquise de Mayac, in deren Obhut sie von ihrer Familie gegeben worden war, und erlangt sowohl durch den neuen Status als auch durch eine gewisse finanzielle Unabhängigkeit die Möglichkeit, unauffällig als Spionin für Louis tätig zu sein.

Der König hat viele Feinde, teils in seiner unmittelbaren Umgebung, teils Kräfte, die mit seiner Regierung unzufrieden sind. Eine Spur führt Catherine in ein Dorf, das verdächtigt wird, ein Treffpunkt von Hugenotten zu sein, die einen Umsturz planen. Nachdem sie, als Erzieherin der Töchter des Kirchenherrn getarnt, die Menschen näher kennenlernt, kann sie nicht glauben, dass diese wirklich eine Gefahr darstellen, und versucht herauszufinden, worum es bei den geheimen Treffen im Gemeindehaus geht.


Die obige Inhaltsangabe suggeriert mehr Handlung, als „Die Hure des Königs“ tatsächlich mitbringt, denn sie liefert lediglich den Rahmen für Catherines Liebschaften und die der Personen ihres Umfelds. In ganz Versailles sind die Adligen und ihre Bediensteten 24/7 lustvoll bereit; man trifft sich mehr oder minder heimlich in einem leeren oder dem eigenen Zimmer, in Abstellkammern, in Nischen hinter Vorhängen, in abgelegenen Hütten und so weiter, jeder mit jedem über die Stände hinweg, ein Anspruch auf (eheliche) Treue besteht nicht.

Das liest sich natürlich mit der Zeit etwas langweilig, denn letztendlich passiert immer dasselbe, und für die „meiste Abwechslung“ sorgen noch die Vergleiche zwischen Dildos und echten Lustspendern, deren Länge, Dicke, Farbe, das Durchhaltevermögen der jeweiligen Galane - und das war es eigentlich auch schon. Daher möchte man den Titel gern einem Publikum empfehlen, das Wert auf ein Mindestmaß an nachvollziehbaren, spannenden Ereignissen legt, deren Krönung die gelegentlichen erotischen Momente sind, die nicht zu derb ausfallen und auch etwas Raum für mehr als nur bed hopping lassen: Es scheint, als gälte Catherines Interesse nicht allein der, das Klischee erfüllende, übermäßigen Bestbestückung des Vertrauten der Gräfin, des Afrikaners Kasim, sondern dass auch Gefühle füreinander im Spiel sind.

Aber das könnte, genauso wie Catherines Aufgabe, weitere Beweise zu finden, wer Freund und wer Feind des Königs ist, ein Thema für die Fortsetzung der Geschichte sein. Für sie selbst ist das ein gefährliches Unterfangen, schließlich kann sie sich nicht sicher sein, wer sie aufrichtig unterstützt oder ihr Vertrauen ausnutzt.

Davon hätte man gern mehr, nur leider ist das nicht der Auftrag der Autorin, die in erster Linie erotische Szenen beschreiben soll. Sie könnte zweifellos mehr Plot einbringen, der Story täte es gut, doch auch so hebt sich der relativ in sich abgeschlossene Roman aus der Masse an Einerlei-Bums-Büchern wohltuend hervor.