Julie Leong: Die Wahrsagerin kleiner Schicksale (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Montag, 14. April 2025 11:20

Julie Leong
Die Wahrsagerin kleiner Schicksale
(The Teller of Small Fortunes, 2024)
Übersetzung: Jara Dressler
Heyne, 2025, Hardcover, 400 Seiten, 18,00 EUR
Rezension von Carsten Kuhr
Tao stammt eigentlich aus Shinn, dem verfeindeten Reich Eshteras. Als ihr Vater starb, heiratete die Mutter in das andere Reich, sagte allen Traditionen und ihrer Heimat Adieu und nahm ihre kleine Tochter mit.
Dass diese aufgrund ihres Äußeren gemieden und geschnitten wird, dass Tao sich nie wirklich zugehörig gefühlt hat, führte dazu, dass sie zutiefst einsam, ja haltlos ist.
Dass sie eine magische Gabe ihr Eigen nennt, verkompliziert die Sache weiter. Wenn sie die orangenen Roben der Magiesucher sieht, nimmt sie schnell Reißaus - weiß sie doch, dass sie, einmal in die Gilde der Magier aufgenommen, machen muss, was man ihr sagt.
So unterdrückt sie ihre Gabe, sagt den Leuten für ein paar Kupfermünzen kleine Dinge voraus.
Auf ihrer Reise lernt sie nach und nach einen ehemaligen, geläuterten Dieb, einen Söldner, der seine verschwundene Tochter sucht, eine Bäckerin ohne Fortune und eine herrenlose Katze kennen - und schließt sich mit diesen zusammen. Ein jeder der Gruppe hat sein Päcklein zu tragen, ist innerlich verletzt, verzweifelt und einsam. Doch gemeinsam haben sie etwas, das sie stärker - viel stärker - macht: Sie haben Freunde, sind eine Familie.
Was ist das für ein Roman, den uns Julie Leong als ihr Debüt an die Hand gibt? Es passiert nichts wirklich Weltbewegendes, selbst die Dramatik steht nie wirklich im Vordergrund. Stattdessen erzählt die Verfasserin uns eine Geschichte, die Mut macht - eine Story, die davon berichtet, wie einsame Individuen zueinander finden, Vertrauen fassen und gemeinsam das Leben mit all seinen Fährnissen meistern. Es geht viel um Selbstfindung, um Selbstvertrauen und den Mut, sich helfen zu lassen.
Da wird nicht groß gekämpft - und doch folgen wir dem Plot fasziniert. Wir beobachten gebannt, wie die so unterschiedlichen Menschen sich einander öffnen, wie sie Vertrauen zueinander fassen und sich gegenseitig Halt und Stütze geben.
Das fasst man heute wohl unter dem Überbegriff Cozy Fantasy zusammen, wobei die archaische Welt und die Magie eher Beiwerk darstellen. Der Autorin und uns Rezipienten geht es schlicht um das Schicksal der sympathisch gezeichneten Figuren. Hier spielt das Buch in den Gefilden eines T. J. Klune, unterhält herzerwärmend und mutmachend und scheut sich nicht, auch ernste Themen anzupacken.