Juna Kristensen: Rachemeer (Buch)

Juna Kristensen
Rachemeer
Überarbeitete Neuauflage des Romans „Rachekarte“
dp Verlag, 2023, eBook, 5,99 EUR

Rezension von Elmar Huber

Svea Mai kommt nach der Trennung ihrer Eltern und nach einem Umzug an eine neue Schule. Dort lernt sie den undurchschaubaren Jeremias, das Geschwisterpaar Karli und Raik und die Streberin Rachida kennen. Und die Schulhof-Despotin Tanja, die eine sadistische Freude daran hat, sich Schwächere zu suchen, zu demütigen und zu verletzen.

Zunächst als Frustventil denkt sich die Clique um Jeremias das „Rachespiel“ aus: Wer eine vorher bestimmte Spielkarte aus einem Stapel zieht, erhält damit quasi die Legitimation, nach Gutdünken eine Rache-Aktion an einer Person auszuführen, die es verdient hat.

Doch das Spiel nimmt eine gefährliche Eigendynamik an. Es kommt zu unvorhergesehenen Kettenreaktionen, und über allem wacht Jeremias, der sein Umfeld mit subtiler Psychologie manipuliert. Eines Nachts läuft alles aus dem Ruder, das Rachespiel fordert ein Todesopfer und nichts ist mehr so, wie es war.
Nun, zehn Jahre später, erhält Svea einen unerwarteten Anruf, der sie erneut mit den Ereignissen aus ihrer Vergangenheit konfrontiert.


Mit „Rachemeer“ legt Juna Kristensen einen bemerkenswerten Thriller vor, der, in Anbetracht der durch Cover und Titel geweckten Erwartungen, erstaunlich düster und fatalistisch ausfällt. Statt eines Küsten-Krimis mit Wohlfühl-Faktor erwartet den Leser ein Thriller-Drama, das sehr schnell eine von Ungewissheit geprägte Spirale in den Abgrund aufbaut.

Der Prolog, in dem die Dämonen wieder erweckt werden, denen Svea entkommen wollte, folgt noch bekannten Mustern und dürfte für erfahrene Genre-Leser nichts Neues bieten. Die weitere Aufarbeitung der Ereignisse gelingt jedoch ausgesprochen effektvoll.

Juna Kristensen realisiert den Roman als Parallel-Erzählung auf zwei Zeitebenen - die Vergangenheitshandlung beginnt dabei mit Sveas erstem Tag auf der Schule und nähert sich schrittweise der verhängnisvollen „Nacht des letzten Spiels“.

Damit gelingt es der Autorin, immer wieder neue Facetten zu enthüllen, die das Gesamtbild auch in der Gegenwart ständig verändern; Charaktere werden neu beleuchtet, Motivationen hinterfragt oder bislang unbekannte Ereignisse aufgedeckt. Daraus resultiert ein gegenseitiges Misstrauen zwischen den Mitgliedern der Clique, das sich auch auf den Leser überträgt. Ereignisse wiederholen sich beinahe zwanghaft, bis es erneut zu einer Nacht der Entscheidung unter allen Beteiligten kommt.

„Rachemeer“ ist ein starker und gut konstruierter Thriller, der gekonnt mit einer durchgehenden Aura des Misstrauens und der Anspannung spielt.