Karen Sander: Der Strand - Vermisst (Hörbuch)

Karen Sander
Der Strand - Vermisst
Engelhardt & Krieger ermitteln 1
Sprecher: Oliver Siebeck
Argon, 2022, ca. 495 Minuten, ca. 20,95 EUR

Rezension von Elmar Huber

Im beschaulichen Küstenort Sellnitz verschwindet Lilli Sternberg. Ihr Großvater Walter Sternberg, der ehemalige Bürgermeister des Ortes, meldet die 19jährige als vermisst, nachdem sie eine Verabredung mit ihrer Freundin Fabienne nicht eingehalten hat. Besondere Sorge ist geboten, da Lilli gehörlos ist.

Nachdem Fabienne ein Foto von Lillis Handy erhält, das eine scheinbar sinnlose Zeichenfolge im Sand zeigt, wird die Kryptologin Mischa Krieger zu den Ermittlungen hinzugezogen. Spätestens als diese die Spuren eines Cleaner-Programms auf Lillis Computer entdeckt, das kurz vor ihrem Verschwinden eingesetzt wurde, ist klar, dass ein Verbrechen im Gange ist.

Tatsächlich geht auch eine Lösegeldforderung für Lilli ein. Trotz Polizeipräsenz wird das Geld abgeholt, doch kurz darauf ist der vermeintliche Entführer tot. Ist Lilli nun an einem unbekannten Ort gefangen? Da erhält Fabienne erneut eine kryptische Nachricht vom Handy ihrer Freundin.


Küsten-Krimis sind nach wie vor eine sichere Bank, seien es beschauliche und humorige Cozys oder solche, die einen Gang höher schalten, ernsthafter daherkommen, und damit als Thriller bezeichnet werden dürfen. In die zweite Kategorie reiht sich auch Karen Sanders (Pseudonym von Sabine Klewe) Romantrilogie „Der Strand“ ein. Durch die Anlage als Dreiteiler gibt sich das Projekt als etwas Besonderes, geboten bekommt man allerdings in allen Belangen klischeehafte, doch durchaus routiniert geschriebene Spannungsunterhaltung.

Die Klischees fangen bereits mit dem Prolog an, in dem Lillis Mutter - ebenfalls im Alter von 19 Jahren - im Zuge einer geheimen Verabredung verschwindet. Für den gegenwärtigen Fall kommt eine Spezialistin von außerhalb zu einem eingeschworenen Team, es gibt Reibereien mit dem zuständigen Ermittler, der auch sein privates Päckchen zu tragen hat, dann raufen sich beide zusammen, et cetera, et cetera.

Das Karussell der Verdächtigen dreht sich, verschiedene Personen geraten nacheinander in den Fokus der Ermittlungen, Möglichkeiten und Motive für die Tat werden aufgedeckt, bevor der Schwarze Peter reihum weiterwandert. Einige Charaktere hüten Geheimnisse, die mit Lillis Verschwinden in Zusammenhang stehen könnten. Teilweise erfährt der Leser auch mehr als die Ermittler - je nachdem, wie es der Autorin gerade zupasskommt, um die Spannung oben zu halten.

Die Anlage der Geschichte auf mehrere Teile, der komplette Aufbau des Romans, der Schauplatz, die zweckmäßigen Figuren und die Schwäche der Autorin für Cliffhanger, erinnern frappierend an die TV-Krimi-Reihe „Nordholm“ mit Heino Ferch.

Alles in allem ist diese Auftaktfolge von „Der Strand“ weder originell noch elegant und alles andere als subtil. Dafür legt der Roman ein gutes Tempo ohne Leerlauf vor und baut mittels bewährter Thriller-Versatzstücke eine nicht zu verachtende Spannung auf.

Es liegt in der Natur der Sache, dass einige Handlungsfäden offenbleiben, allen voran die Frage nach dem Schicksal von Lilli. Bleibt zu hoffen, dass die Geschichte nicht über Gebühr gestreckt wird und dass das noch blasse Nebenfiguren-Ensemble etwas mehr Fleisch auf die Knochen bekommt.

Gelesen wird das Hörbuch sehr angenehm mit leicht kratziger Note von Synchronsprecher Oliver Siebeck (Synchronstimme von unter anderem Mark Strong und Barack Obama). Mit nuancierten Anpassungen von Stimmhöhe und Sprechweise verleiht er nicht nur den einzelnen Figuren eigene Persönlichkeiten, es gelingt ihm auch, verschiedene Stimmungszustände spürbar mit seiner akustischen Darstellung zu vermitteln.