Kim Paffenroth: Die Traurigkeit der Zombies – Dying to Live 2 (Buch)

Kim Paffenroth
Die Traurigkeit der Zombies
Dying to Live 2
(Dying to Live: Life Sentence)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Doris Hummel
Titelillustration von iStockphoto
Festa, 2011, Taschenbuch, 272 Seiten, 13,95 EUR, ISBN 978-3-96552-127-9

Von Carsten Kuhr

Stellen Sie sich eine Welt vor, in der die Toten nicht brav in ihren Gräbern ruhen. Statt als Dünger für die nachwachsende Flora der Friedhöfe zu dienen, erheben sich die Toten aus ihren Ruhestätten und suchen die wenigen Überlebenden heim. Dass es hier, noch dazu unter Berücksichtigung des Hungers der wandelnden Leichen nach frischem Menschenfleisch und warmen Blut, zu Gewissenskonflikten zwischen den Spezies kommt ist nachvollziehbar und kann im ersten Teil des Zweiteilers („Vom Überleben unter Untoten“, Festa) nachgelesen werden.

Zwischenzeitlich haben sich die wenigen Überlebenden in ihrem Refugium eingerichtet. Der Philosoph Milton sammelt mit seiner besonderen Gabe die Zombies friedlich wie einst der Rattenfänger von Hameln ein und schließt sie, unterstützt von Will, sicher hinter Zäunen weg. Unter Miltons Ägide haben sich die Überlebenden auf einen Verhaltenskodex geeinigt, der den wandelnden Toten zumindest einigen wenige Rechte einräumt. Als Will eines Tages bemerkt, dass ein Zombiepärchen offensichtlich Intelligenz entwickelt, beginnt ein ganz besonderes Freundschaftsverhältnis, das nach dem Erstkontakt mit einer anderen Menschenenklave auf eine schwere Probe gestellt wird …

Was vor einigen Monaten mit einem Buch begann, das sich mit Adjektiven wie wuchtig, überwältigend und eindrucksvoll zum Überraschungsbestseller entwickelte, das geht in seine zweite Runde.

Ich habe schon erwähnt, dass mir persönlich die wandelnden Toten als phantastisches Topic nicht unbedingt zu sehr am Herz liegen. Zu uniform, zu vorhersehbar, kamen mir derartige Werke bislang entgegen. Kim Paffenroth aber hat mich überrascht. Nicht, dass es insbesondere dem ersten Band an packenden Kämpfen der wenigen Überlebenden gegen die Massen der Wiederauferstandenen gemangelt hätte, sondern dass es ihm gelungen ist, bei all dem Blut, dem Existenzkampf ums Überleben, auch einige philosophische Betrachtungen miteinfließen zu lassen.

Im zweiten Band der Geschichte berichtet er uns in alternierenden Kapiteln zum einen aus der Sicht der Zombies, aber auch aus Sicht eines der Menschen, vom weiteren Schicksal der Kolonie. Dabei überrascht mich der Autor mit einer einfühlsamen, gleichwohl nicht kitschig wirkenden Liebesgeschichte zwischen zwei Zombies, die anrührend, ja in ihrer Unbeholfenheit und Intensität ergreifend wirkt. Verklausuliert geht es aber auch um Macht und deren Missbrauch, um Freiheit und Selbstbestimmung, um Instinktsteuerung und Zivilisationserrungenschaften.

Das sind hehre Begriffe, die man insbesondere bei einem Zombieroman nicht unbedingt suchen würde. Gerade weil man sie normalerweise nie mit einem Roman um wandelnde Tote in Verbindung bringen würde aber, und sich der Autor auch nicht schulmeisterlich aufspielt, wirken diese unauffällig eingestreuten Gedanken und Überlegungen umso bestechender. Dass Paffenroth noch dazu spannend zu fabulieren weiß, dass sich die Übersetzung flüssig liest und auch die Spannung nicht zu kurz kommt, machen das Buch nicht nur für Zombiefans zu einem Pageturner.