Gruselkabinett 50: Das Gespenst von Canterville. Oscar Wilde (Hörspiel)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Mittwoch, 06. April 2011 19:50

Gruselkabinett 50
Oscar Wilde & Mark Gruppe (Script)
Das Gespenst von Canterville
Sprecher: Hasso Zorn, F.G. Beckhaus, Eckart Dux, Boris Tessmann, Gudrun Landgrebe, Jan Panczak, Annina Braunmiller u. a.
Musik: Andy Matern
Cover: Firuz Askin
Titania Medien, 2011, 1 CD, ca. 73 Minuten, ca. 7,99 EUR, ISBN 978-3-7857-4470-3
Von Christel Scheja
Kaum jemand dürfte heute noch die Originalgeschichte zu „Das Gespenst von Canterville“ von Oscar Wilde kennen, denn viele – vor allem amerikanische Familienfilme – haben dafür gesorgt, dass die Geschichte bis auf ihre grundlegenden Inhalte verändert wurde. Das Hörspiel der „Gruselkabinett“-Reihe lehnt sich nun allerdings mehr an die ursprüngliche Geschichte an.
Nachdem es so aussieht, dass sie länger in England bleiben werden, beschließt die amerikanische Familie Otis, sich auch ein standesgemäßes Domizil anzuschaffen. Der englische Lord Canterville kann ihnen ein ansprechendes Objekt bietet: das viele Jahrhunderte alte Jagdschloss seiner Familie. Er macht die Amerikaner aber auch darauf aufmerksam, dass es in dem Gemäuer spukt, weil einer seiner Vorfahren zu dieser Strafe verdammt wurde. Doch das schreckt weder Hiram Otis noch seine Frau Lucrezia, denn immerhin sind sie moderne Menschen, die an so einen Unsinn nicht mehr glauben. Sie erwerben das Schloss und sind schon bald stolz darauf, es beziehen zu können. Vor allem ihre Kinder Washington, Virginia, Timmy und Jimmy fühlen sich sehr schnell auf dem Anwesen wohl. Allerdings müssen sie schon bald feststellen, dass an den Spukgeschichten um Sir Simon von Canterville alles wahr ist – doch sie lassen sich nicht davon abschrecken. Vor allem die drei Jungen wissen sehr genau, wie sie ein Gespenst ins Bockshorn jagen können.
Ein wenig schimmert durch, dass „Das Gespenst von Canterville“ eher eine Satire als eine Gruselgeschichte ist. Man merkt sehr genau, dass Oscar Wilde die Marotten und Eigenheiten der neureichen Amerikaner und alteingesessenen Lords der englischen Gesellschaft auf die Schippe nimmt. Vor allem die Mitglieder der Familie Otis sind wunderbar überzeichnet, so dass man aus dem Schmunzeln nicht herauskommt, wurde die Naivität und Dreistigkeit der Amerikaner doch auch von anderen Zeitgenossen Wildes gerne persifliert. Sehr schnell hat man Mitleid mit Sir Simon, so dass auch das anrührende Ende seine Berechtigung und seinen Sinn hat, denn es rundet diesen Teil der Geschichte verspielt und märchenhaft ab. Das Hörspiel betont sehr die satirischen Momente der Geschichte, auch die Sprecher spielen ihre Figuren wunderbar überdreht. So ist man letztendlich nicht darüber enttäuscht, dass der Gruselfaktor eher gering ist.
Wer „Das Gespenst von Canterville“ einmal richtig kennenlernen will, sollte sich ruhig das Hörspiel zulegen, auch wenn die Geschichte weniger düstere Schauerromantik als eine liebevolle Parodie auf amerikanische und britische Gepflogenheiten um die Jahrhundertwende ist.