Algernon Blackwood, Nancy A. Collins, M. R. James, Stephen King, H. P. Lovecraft, Laura Purcell u.v.a.: Das Buch der Geister & Spukhäuser (Buch)

Algernon Blackwood, Nancy A. Collins, M. R. James, Stephen King, H. P. Lovecraft, Laura Purcell u.v.a.
Das Buch der Geister & Spukhäuser
Festa, 2024, Hardcover, 600 Seiten, 24,99 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Der Festa Verlag ist seit seinen Anfängen, nachdem der Verleger die Schauer-Sparte aus dem Blitz-Verlag herauslöste und sich mit dieser auf eigene Füße stellte, dafür bekannt, dem Genießer Phantastischer Literatur eine breite Palette an entsprechendem Lesefutter anzubieten.

Dabei deckt der Verlag die gesamte Breite ab: von Splatter über Extrem bis zu klassischen Geschichten findet hier ein jeder seine Spielart der unheimlichen Geschichten.

Über die Jahre hat Frank Festa auch immer wieder Kollektionen und Anthologien zusammengestellt, die von seinem Fachwissen und guten Geschmack beredt Zeugnis ablegen.

Im Dezember 2024, noch rechtzeitig, damit das Buch unter so manchen Weihnachtsbaum Platz finden konnte, erschien eine neue Anthologie mit Spukhaus- und Geistergeschichten. In gewohnt gediegener Ausstattung mit illustriertem Vor- und Nachsatz, Lesebändchen und Lederoptik, hat der Herausgeber fünfzehn Beiträge gefunden, die neben Klassikern auch zeitgenössischen Autoren eine Bühne geben.


Was erwartet uns in dem Band?

Henry James erzählt uns in „Spuk in Bly Manor - Die Schlinge wird enger“ von zwei Kindern, denen gar Unheimliches widerfährt. Ihre Gouvernante kann nur hilflos mitansehen, wie frühere Betreuer die Kinder locken - auch wenn diese dazu ihren Einfluss aus dem Jenseits heraus ausüben müssen.

Rhoda Broughton belebt in „Die Wahrheit, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit“ das bekannte Motiv des Spukhauses in einem Briefwechsel zu neuen, stimmungsvollen Ehren.

Mary E. Wilkins Freeman kombiniert in „Das verlassene Gespenst“ das Motiv des Spukhauses mit dem eines Geistes, der in eben jenem Anwesen spukt - und erzählt dabei eine wahrhaft anrührende Geschichte eines kleinen, vernachlässigten Mädchens.
Für mich eines der Highlights des Bandes, gerade, weil die Verfasserin uns das Schicksal des Mädchens nicht etwa plakativ, sondern eher am Rande schildert, uns viel selbst hineininterpretieren lässt und an unser Herz und Mitgefühl appelliert.

Laura Purcell berichtet uns in „Kriechender Efeu“ von den Auswirkungen eines Gewaltverbrechens auf den Täter - und der Efeu sprießt…

Walter de la Mare erzählt in „Der Quinkunx“ die ergreifende Geschichte einer jüngst Verstorbenen, die aus dem Grab heraus versucht, ihren unwürdigen Erben davon abzuhalten, ihren verborgenen Schatz zu finden.

Großmeister Stephen King entführt uns zusammen mit einem Schreiberling in ein New Yorker Hotelzimmer, dem „Zimmer 1408“, in dem es spuken soll - wie der Skeptiker am eigenen Leib leidvoll erfahren muss…
Und erneut beweist King, dass er auch in kürzeren Texten seine Rezipienten an die Seiten zu fesseln weiß.

Mit M. R. James‘ „Der Schatz des Abtes Thomas“ folgt ein weiterer Klassiker.
Die Geschichte eines britischen Forschers, der einem verborgenen, wohlgehüteten Schatz eines deutschen Abtes nachjagt, ließ mir auch heute noch, gut 30 Jahre nachdem ich sie das erste Mal goutiert hatte, eine Gänsehaut den Rücken hinunter rieseln.

In A. M. Burrages „Smee“ geht ein weihnachtliches Versteckspiel ein wenig anders aus, als erwartet: Vor Jahren fand im Anwesen bereits einmal ein solches Versteckspiel statt, damals mit tragischem Ausgang…

Nancy A. Collins berichtet uns in dem stimmungsvollen Beitrag „Da ist jemand in der Küche“ von einem New Yorker Businessman, der ein wenig weg von der hektischen Stadt in einem kleinen, angemieteten Häuschen, Ruhe sucht; und eine Vollversorgung durch einen, die Küche nutzenden Geist bekommt - bis…

H. P. Lovecrafts Klassiker „Träume im Hexenhaus“ darf in der Kollektion nicht fehlen. Es geht, wie nicht anders zu erwarten war, um das verlassene Haus einer Hexe, um unmögliche Winkel, Wesen aus und Reisen in andere, finstere Dimensionen…

Robert Arthur stellt uns in „Glauben Sie an Gespenster?“ Nick Deene vor, einen Autor, Radiomoderator und Journalisten. Um seinen schwindenden Ruhm aufzupolieren, will er eine Nacht - ausgerechnet Freitag den 13. - live aus einem echten Spukhaus senden... Der Fluch der Carridays schlägt dann aber höchst unerwartet real zu.
Auch dies ein Beitrag, der mich, ob seiner Andeutungen und dem ungewöhnlichen Erzähler, überzeugen konnte.

Algernon Blackwoods „Angriff auf die Seele“ ist eine Geschichte, in der Dr. John Silence seine besonderen Fähigkeiten wegen konsultiert wird. Ein Humorist hat seinen Sinn für das Lustige verloren, gibt es in seinem Haus doch etwas, das schon sehr, sehr lange dort haust.

Mary Elizabeth Counselmans „Der Geist des Schrot-Turms“ entführt uns in den alten Süden. Zwar ist der Bürgerkrieg vorbei, doch die Lebensart des Südens hat sich gehalten. Dies muss auch ein Yankee feststellen, der einer jungen Südstaaten-Schönheit nachstellt; eine Wette um einen Kuss und der Geist eines im Krieg gefallenen Südstaaten-Versehrten soll seinen Übermut dämpfen…
Was soll ich sagen? Südstaaten-Pracht und Arroganz trifft auf Yankee-Überheblichkeit - das ist immer ein Garant für packende Unterhaltung.

Es ist keine Gnade, für das Übernatürliche empfindlich zu sein. In Charles Birkins „Ist da jemand?“ sieht eine ältere Dame, die das Haus neu gemietet hat, die lange zurückliegende Ermordung einer Frau mit an - bis die Täterin scheinbar an ihrer Haustür klopft.

Marghanita Laski entführt uns zu einem einsam gelegenen, baufälligen Bauwerk nahe Florenz. In „Der Turm“ betritt eine junge Engländerin den halb verfallenen Turm, macht sich an den Aufstieg, nicht ahnend, dass nicht das mühsame Erklimmen der Treppen das Problem ist, sondern der Weg hinab…


Insgesamt also ein Buch, in dem ein jeder seine Favoriten finden wird, das abwechslungsreich, mal klassisch, dann modern, vordergründig oder nachdenklich zu unterhalten weiß und mir des Öfteren einen kalten Schauer den Rücken hinunter laufend verpasst hat - exakt das also, was wir uns bei der Lektüre der unheimlichen Literatur wünschen.