Tibill der Lilling 1: Aufbruch ins Exil (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Montag, 14. März 2011 19:40

Tibill der Lilling 1
Aufbruch ins Exil
(Tibill le Lilling: Salade D'Ortiz)
Text: Ange (Anne und Gerard)
Zeichnungen: Laurent Cagniat
Farben: Yoann Guillo
Übersetzung: Resel Rebiersch
Lettering: Delia Wüllner-Schulz
Splitter, 2011, Hardcover, 48 Seiten, 13,80 EUR, ISBN 978-3-86869-218-1
Von Frank Drehmel
Lillinge sind ein friedliebendes Völkchen, das zwar wenig Kontakt zu Menschen und anderen Kreaturen sucht, sich aber nicht scheut, seine Obst-Ernten auf den Märkten der Umgebung an den Mann zu bringen.
Daher sorgt das Auftauchen des Lillings Tibill im nahegelegenen Dorf außerhalb der Obst-Saison zunächst für Verwunderung, die sich in Hilfsbereitschaft wandelt, als Tibill nach Arbeit sucht. Denn Tibill wurde von seinen Leuten verbannt, weil man ihm die Verantwortung für ein Unglück gegeben hat, das das halbe Dorf in Schutt und Asche legte; und er darf erst zurückkehren, wenn er die ganze Welt gerettet hat.
Von einem augenscheinlich freundlichen Zeitgenossen erhält der Lilling ein Empfehlungsschreiben für Sardok, den Kapitän der „Diamantbrecher“, welcher findige Matrosen suchen soll. Doch an Bord des Kahns erwartet Tibill kein Job, sondern er wird geschanghait und findet sich in Ketten im Frachtraum wieder, um einer kurzen Zukunft als Sklave in den Minen von Großstadt entgegen zu schippern. Kaum dass er und seine Mitgefangenen in der bunten, lärmenden und exotischen Stadt angekommen sind, gelingt Tibill auf dem Weg zum Sklavenmarkt die Flucht. Aus einem Versteck heraus kann er ein Gespräch zwischen Sardok und einem unheimlichen Fremden belauschen, in dem es unter anderem um den bedauerlichen Tod des Magiers Roland, eines gutmütigen Mannes, den nicht nur die Lillinge stets geschätzt haben, sowie die geplante Ermordung von dessen Bruder – Lorenz – geht.
Als die beiden den Lauscher entdecken, kann Tibill zwar erneut fliehen, landet aber kurz darauf wieder auf dem Sklavenmarkt, wo ihn der Händler mit magischen Ketten an die ebenfalls gefangene Loretta, die Tochter des Lilling-Bürgermeisters, kettet. Ein weiteres Mal gelingt den beiden Sklaven in spe eine Flucht in Ketten, die sie nicht nur einander näher bringt, sondern sie auch gemeinsam einen gefährlichen Verfolger bezwingen lässt und ihnen neue vermeintliche Freunde unter den seltsamen Wesen des Waldes beschert. Mangels Perspektiven und eingedenk der Tatsache, dass die Ketten, die sie verbinden, mit einem Fruchtbarkeitszauber belegt sein könnten, beschließen Tibill und Loretta, den Zauberer Lorenz aufzusuchen, um ihn vor dem Mordkomplott zu warnen. Unglücklicherweise – für die gesamte Welt – berücksichtigen sie nicht, dass der Schein leicht trügen kann.
Mit „Tibill der Lilling“ veröffentlicht Splitter das neueste Werk des umtriebigen französischen Autorenpaars Anne und Gérard Guéro. Routiniert inszenieren die beiden eine heitere, muntere Fantasy-Geschichte, der zwar leise, dunkle Untertöne innewohnen, die aber insgesamt durch ihre Lebendigkeit und Exotik in den Figuren sowie den Handlungsorten überzeugt, wobei die Handlung selbst weder sonderlich originell, noch ausgesprochen wendungsreich daher kommt. Dafür sind die Hauptprotagonisten durchweg sympathisch, auch wenn es ihnen noch an „Charisma“ fehlt, der Leser also nicht das Gefühl hat, der Geburt eines besonderen, eines nachhaltigen Helden beizuwohnen. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.
Im Artwork – in Zeichnungen wie Koloration – spiegelt sich die exotische, heitere Lebendigkeit des Hintergrundes trefflich wider. Die handlungstragenden, oft gnubbelnasigen Figuren und merkwürdigen Wesen der Lilling-Welt sind mit ebensoviel Liebe und Sinn für Komik in farbenprächtige Bilder gebannt wie die exotischen, detailreichen Städte und die pittoresken Landschaften. Will man etwas Negatives entdecken, so dieses, dass die einzelnen Panels stellenweise zu voll, zu wuselig wirken und dadurch einige originelle Einzelheiten unterzugehen drohen.
Fazit: Eine heitere, unterhaltsame, von sympathischen Zeitgenossen getragene Geschichte, deren farbenfrohe lebendige Visualisierung sie zu einer Empfehlung für Freunde klassischer Funnys à la „Asterix“ macht.