Sarah Brooks: Handbuch für den vorsichtigen Reisenden durch das Ödland (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Mittwoch, 24. Juli 2024 11:54

Sarah Brooks
Handbuch für den vorsichtigen Reisenden durch das Ödland
(The Cautious Traveler´s Guide to the Wastelands, 2024)
Übersetzung: Claudia Feldmann
Illustrationen: Emily Faccini
C. Bertelsmann, 2024, Hardcover, 416 Seiten, 24,00 EUR
Rezension von Gunther Barnewald
Sibirien ist 1899 schon seit einigen Jahren Ausbreitungsgebiet einer fremdartigen Landschaft, deren Herkunft keiner kennt. Flora und Fauna wuchern hier wild und bedrohlich fremdartig für den Menschen. Das ganze Gebiet ist von einer Mauer umschlossen und wird gut bewacht. Trotzdem hat die mächtige Transsibirien-Kompanie es gewagt, einen Schienenstrang durch dieses bedrohliche Gebiet zu legen. Und so fährt regelmäßig ein völlig verschlossener, plombierter Zug von Peking nach Moskau oder umgekehrt.
Doch bei der letzten Fahrt muss etwas Schlimmes geschehen sein und es gab Tote, so dass seit längerer Zeit erst einmal keine Fahrt mehr gemacht wurde. Keiner der damaligen überlebenden Reisenden scheint sich erinnern zu können oder zu wollen.
Aber 1899 ist es wieder soweit und ein weiterer Zug soll von Peking nach Moskau fahren, denn hoher Gewinn lockt.
An der Lokomotive hängen mindestens 22 gut verschlossene Wagen, die neben viel Wasser, Kohle und Proviant auch eine erste und eine dritte Klasse für Passagiere enthält (im Innenteil des Buches schön illustriert von Emily Faccini). Eine zweite Klasse hat man wohl vergessen!
Und so reist der Leser mit den Passagieren durch eine erschreckend fremde, Angst machende Landschaft, die aus Sicht verschiedener Personen geschildert wird.
Da ist zunächst die Tochter des Glasmachers, der vor Kurzem Selbstmord verübt hat, nachdem man ihm das Desaster der letzten Fahrt angelastet hatte. Angeblich habe sein Glas versagt und sei an einem Fenster geborsten. Inkognito versucht seine Tochter nun, seine Unschuld zu beweisen. Außerdem ist da eine 16jährige junge Frau, welche im Zug geboren wurde und aufwuchs und schon immer mit dem Zug reiste, da sie hier lebt. Als dritter reist ein kranker Forscher mit, der sich vorgenommen hat, unterwegs das Siegel zu brechen, heimlich auszusteigen und die seltsame Flora und Fauna einzusammeln, um eine langgehegte wissenschaftliche Hypothese zu bestätigen.
So beginnt die Reise des Zugs, die immer bedrohlicher wird, während die Lage sich für die Reisenden immer mehr zuspitzt...
Was inhaltlich stark an die Bücher James Graham Ballards (vor allem „Die Kristallwelt“) oder auch das Meisterwerk „Picknick am Wegesrand“ von Arkadi und Boris Strugatzki erinnert, ist ein Erstlingswerk einer nicht mehr ganz so jungen britischen Autorin, die dafür auch gleich einen Preis bekommen hat und welches in 15 Ländern gleichzeitig erscheint.
Zwar ist die Geschichte nicht ganz so stark erzählt, wie dies bei Ballard oder den Gebrüdern Strugatzki der Fall ist, aber trotzdem ist es eine sehr lesenswerte und vor allem phantasievolle Erzählung.
Die Charaktere gelingen der Autorin sehr gut und die Atmosphäre der fremdartigen Landschaft und ihre Bedrohlichkeit werden im Verlauf der Reise immer lebendiger. Nur bezüglich des Spannungsgehalts zeigt die Autorin leider kleinere Schwächen, denn die fremdartige Landschaft beginnt sich erst gegen Ende so richtig zu entfalten. Dies wird jedoch von den einfallsreichen Ideen und Handlungselementen locker überdeckt, so dass den phantasievollen Lesenden eine wunderbare und sehr originelle Geschichte erwartet, wie man sie heutzutage nur noch selten findet.
Auch der Plot des Romans kann sich schlussendlich sehen lassen und der Autorin gelingt ein meines Erachtens sehr ansprechendes Ende! Ein Buch, welches den Kauf absolut lohnt, wenn man auf überraschende und phantasievolle Geschichten steht.